Eine Trillion Euro
Fernsehspots. Erst in den 90ern kehrte er zurück zur Literatur und zum Schreiben, mit enormem Erfolg: Seit 1991 verging fast kein Jahr, ohne dass er nicht mindestens einen Preis für eine Kurzgeschichte oder einen Roman gewonnen hätte, 1997 waren es sogar nicht weniger als vier verschiedene Preise auf einmal. Ob Premio Aznar, Premio Alberto Magno, Premio Domingo Santos, Ignotus oder Premio Gigamesh – César Mallorquí hat sie alle, den Premio EDEBE sogar dreimal.
Sein erster Roman La vara de hierro erschien 1993, sein zweiter, El circulo dejericó, 1995, und dann ging es ungefähr im Jahrestakt weiter: Stand heute sind zwölf Romane, einige davon auch an ein jugendliches Publikum gerichtet, und der dreizehnte ist auch schon angekündigt. Außerdem schreibt er Artikel und Rezensionen über SF und Fantasy für das Gigamesh Magazin und ist auch sonst aus dem Fandom von Madrid nicht wegzudenken.
César Mallorquí ist groß und hat blaue Augen, und, wie er selber sagt, »meine Frau auch, nur dass sie außerdem sehr schön ist«. Sie haben zwei Söhne, natürlich ebenfalls groß und blauäugig. Wenn sie durch Spanien reisen, ernten sie oft Komplimente dafür, wie gut sie Spanisch sprechen, weil man sie für Deutsche hält.
Das erklärt wahrscheinlich, warum die nun folgende Geschichte so ist, wie sie ist …
Die Mauer für eine Trillion Euro
von César Mallorquí
Hans Müller war nicht im Spiele-Pavillon der Wohnkolonie Costa Dorada, als Klaus-Jürgen Stehle starb, und ebenso wenig war er dort, als die Ärzte ihn wiederbelebten. So kam es, dass er der letzte Bewohner war, der den neuen Arzt sah. Hans hatte den ganzen Morgen im Mnemonischen Stimulationssaal verbracht, um an einem warmen Juniabend Anfang des 21. Jahrhunderts Hand in Hand mit seinem Vater durch den Englischen Garten in München zu spazieren. Sein Vater – Albert Müller, vor 93 Jahren verstorben – rezitierte die Namen aller Pflanzen am Wegesrand, er kannte die genaue Bezeichnung für jede Blume, jeden Vogel und jedes Insekt. Hans, der erst sechs Jahre alt war, lauschte fasziniert der merkwürdigen lateinischen Terminologie, die in seinen Ohren klang wie eine Reihe magischer Beschwörungsformeln – Quercus Robur, Hedera Helix, Luscinia Megarhynchos … Später, am Kleinhesseloher See, trank sein Vater im nahe gelegenen Biergarten Seehaus ein Helles, während er selbst am Ufer des Flusses blieb, um den Enten und Schwänen Brotkrumen zuzuwerfen. Es war ein Moment ohne tiefere Bedeutung, ohne besondere Ereignisse, aber dennoch erinnerte Hans sich an ihn – lebte ihn – als einen der glücklichsten Augenblicke seiner 113-jährigen Existenz.
Nachdem er den Nemos- Saal verlassen und in seinem Bungalow gegessen hatte, ging Hans zur Sommerterrasse, um mit seinen engsten Freunden Kaffee zu trinken: mit Jürgen und seiner Freundin Anna, Erwin und Magda Stadler, Rainer Lang, Willi und Gertrud Fröhlich, José (Pepe) Carmona, Gudrun Hoffmann und Anker Jepssen, einem Dänen, der erst kürzlich in die Kolonie gekommen war. Obwohl er schon so lange mit ihnen zusammenlebte, war Hans jedes Mal aufs Neue überrascht vom Aussehen seiner Freunde – ebenso wie sein eigenes Spiegelbild ihn immer wieder in Erstaunen versetzte. Das Durchschnittsalter der Gruppe von Rentnern belief sich auf rund einhundertzwanzig Jahre, doch keiner von ihnen sah älter aus als sechzig.
Sobald er bei ihnen war, erzählte Gertrud ihm, was an diesem Morgen im Pavillon vorgefallen war.
»Der arme Klaus spielte gerade mit Walter Schach, als er plötzlich bleich wurde und auf den Boden fiel. Er hatte Schaum vor dem Mund und wurde von Krämpfen geschüttelt. Dann blieb er plötzlich ganz still liegen, von seinen Augen war nur noch das Weiße zu sehen. Es war grauenvoll.«
»Das nenne ich schachmatt«, scherzte Willi.
»Glücklicherweise«, fuhr Gertrud fort, während sie ihrem Mann einen wütenden Blick zuschleuderte, »war das Notfallteam sofort da, und sie konnten ihn reanimieren. Jetzt liegt er im Zentralkrankenhaus in Malaga.« Sie seufzte tief und fügte hinzu: »Klaus ist stark, ich bin sicher, er schafft es.«
›Aber wie lange noch‹, dachte Hans. Klaus war 139 Jahre alt, einer der Ältesten in der Kolonie. Seine Stunde dürfte in nicht allzu langer Zeit schlagen. Die Bartov-Behandlung konnte zwar Wunder vollbringen, aber keine Unmöglichkeiten.
»Klaus bleiben noch viele Lebensjahre«, meldete sich Pepe Carmona mit seinem exotischen, von andalusischem Akzent
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