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Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
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ließ er sich neben ihr nieder und spielte die Szene ihres Wiedersehens von Anfang an erneut durch.
    Geduldig erklärte er und wiederholte dabei seine Sätze so oft wie notwendig. Mit wachsender Überraschung lauschte sie diesem Unbekannten, der so schön von ihr zu sprechen wusste und der sie auf so unerklärliche Weise beunruhigte.
    Gelassen nahm sie die Nachricht vom endgültigen Verlust ihrer Erinnerungen auf.
    »Es wäre keine wirkliche Lösung gewesen, weißt du. Ich wäre mit einem Schlag drei Jahre zurückversetzt worden, und du hättest mich verloren. Jetzt aber können wir zusammen leben, und jeden Morgen neu beginnen, ohne uns Sorgen um alles andere zu machen.«
    »Daran habe ich auch gedacht, aber das wird nicht gehen. Ich kann deinem Lebensrhythmus nicht folgen. Du hast keine Vergangenheit mehr und fast ebenso wenig Zukunft. Du lebst gefangen auf einer eng begrenzten Insel, die niemals jemand betritt. Ich hingegen befinde mich in der Strömung, ich erinnere mich an gestern, ich denke an morgen, ich schmiede Pläne und entferne mich immer weiter von dir. Wir können nicht zusammen alt werden, weil du vergessen hast, was alt werden bedeutet. Und ich habe nicht die Kraft, es dich jeden Morgen aufs Neue zu lehren.«
    Sie schwieg und schmiegte sich an ihn.
    »Ich habe eine Entscheidung getroffen«, flüsterte er. »Ich werde ebenfalls einen Teil meiner Erinnerungen verkaufen und dann zu dir zurückkehren …«
    Ohne ihr Zeit zum Protest zu lassen, griff er nach dem Buch, das sie in ihre Handtasche gesteckt hatte, und öffnete es. Auf dem Deckblatt, auf jedem leeren Blatt und über jedem Kapitelanfang verabredete er sich mit ihr. Er bedeckte das Lesezeichen mit unsinnigen Sätzen und schrieb Versprechen an die Ränder. Sie half ihm, die Worte zu finden, die sie am tiefsten berührten, und schrieb sich auf diese Weise selbst den idealen Liebesbrief. Als sie den letzten freien Raum mit Sätzen gefüllt hatten, neigte er sein Gesicht dem ihren entgegen und flüsterte:
    »Und jetzt sieh mich an. Sieh mich genau an. Lass meine Züge sich in deinen Geist eingraben. Auch wenn du sie wieder vergisst, vielleicht bleibt ja eine Spur zurück, die dich an mich erinnert.«
    Die Pinie breitete ihre schützenden Arme über ihnen aus, und sie blieben bis zum Abend eng aneinander geschmiegt dort sitzen wie zwei durch das Meer ihrer Tränen vom Rest der Welt getrennte Schiffbrüchige.
    Sehr früh am nächsten Morgen begab er sich zu den Gedächtnishändlern und wartete, bis die Büros geöffnet wurden. Er hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, ihnen seine Geschichte zu verkaufen, und leistete sich sogar den Luxus, mit ihnen zu feilschen. Seine verzweifelte Hitzigkeit überraschte ihn selbst. Vor der Unterschrift las er den Vertrag mehrmals durch, war aber nicht imstande, auch nur das geringste Wort zu behalten.
    Eineinhalb Stunden später verließ er das Gebäude. Sein betäubter Geist untersuchte vorsichtig den Rand des Kraters, wo einst seine Erinnerung gewesen war. Wie nach einer Zahnarztsitzung, wenn die Zunge über die Stelle fährt, wo der entfernte Zahn gesessen hat, und sich davon überzeugt, dass er wirklich nicht mehr da ist, so strichen seine Gedanken ohne Unterlass über den Abgrund seiner verschwundenen Erinnerungen. Bewegungslos verharrte er auf dem Bürgersteig, weil er nicht wusste, wohin er sich wenden sollte. Die Vorübergehenden warfen ihm mitleidige Blicke zu, doch niemand erbot sich, ihm zu helfen.
    Er ging einige Schritte, dann setzte er sich auf eine Steintreppe und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Langsam überkam ihn das Gefühl eines unwiederbringlichen Verlustes. Er kämpfte um eine angenehmere Empfindung, hatte aber wenig Erfolg. Sein verwirrtes Gehirn zwang sich, nach Informationen zu suchen, die es ihm ermöglichen könnten, seine Situation einzuschätzen, aber alle wichtigen Details schienen auf merkwürdige Weise verschwunden zu sein. Er betrachtete sein Problem von allen Seiten, ohne eine Lösung zu finden. Vielleicht würde sein Kopf später klarer werden …
    Aus seiner Tasche ragte ein Umschlag. Er öffnete ihn und fand einen Scheck über einen sehr hohen Betrag, dessen Unterschrift der Narbe auf seiner Schläfe glich. Er steckte den Scheck in seine Brieftasche und machte sich auf den Weg durch die engen Gassen der Stadt. Mechanisch schlug er den Weg zu den Gärten der Medici ein. Fügsame Alleen geleiteten ihn zu der Bank, und die Bäume schüttelten ihre nackten Zweige, um seine

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