Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
Vom Netzwerk:
Drogen, Sex und Gewalt delirierend, der nie endet und nie enden darf, weil die Welt zu schrecklich geworden ist, als dass man sie anders ertragen könnte. Wir begleiten einen Mann, der nicht das ist, was er zu sein scheint – einen Mann mit einem irrwitzigen Ziel …
     
Wer bezahlt den Fährmann?
    von Thanassis Vembos
    »Kommunikation ist ein buntes Spielzeug und die Liebe ein Hund aus der Hölle. Collage auf saurem Regen und Handys …«
    Memoiren von S. M. Kolonie der Unsterblichen, Mai 2413.
    Montag.
    Regen. Sauer, bitter, ätzend. Und Hitze. Treibhauseffekt. An der Wand ein Plasmafernseher mit Anschluss für Gehirnstecker – für die Abonnenten der Kabelübertragung. Nur für Reiche. Andernfalls kann man nur passiv Tausende von interaktiven Satellitenkanälen auf dem in mehrere quadratische Flächen aufgeteilten Monitor anschauen.
    Rechts das Fenster, das selten aufgeht. Hinter der schmutzigen Scheibe ebenso schmutzige dunkle Massen. Baufällige Wohnblöcke, die irgendwann einmal einstürzen werden. Unbewohnt. Der Himmel – grau in grau. Links das Terminal für den Internetzugang. Bilder, Gestalten, Gefühle, alles für einen Euro pro Sekunde. Daneben ein Johnny-Walker-Karton voller CDs. Programme, die die Bytes zerschneiden und wieder zusammenfügen und sie zu Material für einen weiteren Artikel aufbereiten. Weiter drüben leere Getränkeflaschen, Gläser und zerknüllte Packungen von Fertiggerichten.
    Dienstagabend.
    In meinem kaputten Sessel versunken, gab ich via Delta-Aktivierer Denkbefehle zum Zappen. Ich hatte auch den Synchro-Helm von Sony auf, der Fernsehwerbespots auf die Netzhaut projiziert. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts: hungrig nach Daten, auf der Jagd nach Informationen, aber ohne genügend Verbindungskanäle. Ohne zufrieden stellenden Zugang zum Ozean des Internet. Menschen, die nur Augen, Ohren und Haut haben. Vielleicht auch irgendeinen verchromten Stecker im Nacken. Eine armselige Schleuse, die uns vom Ozean trennt.
    Ich betrachtete meinen rechten Arm. Er sah aus wie echt. Die Prothese-Spezialisten hatten gute Arbeit geleistet. Sogar die goldenen Härchen auf dem Unterarm waren da. Die metallischen Nerven und die optischen Fasern für die Weiterleitung von neuronalen Informationen gaben hin und wieder ein leises Knistern von sich.
    Ich zündete mir noch eine Golden Joint an. Der Aschenbecher auf der Sessellehne quoll über. Mehrere Kippen lagen auf dem Boden. Sie hatten Abdrücke im Staub hinterlassen. Wie die Fußstapfen von Neil Armstrong. Einmal, als der Strom ausgefallen war, war ich, zugedröhnt mit Bonk, den ganzen Tag lang dagesessen und hatte diese Abdrücke angestarrt. Sie erinnerten mich an den Traum vom Weltraum, der schon seit Jahrzehnten verblasst war. Der Mensch auf dem Mond. Es hörte sich wie ein Traum an. Es war ein Traum.
    Golden Joint. Mit reinem Ganja aus den Nährlösungs-Kulturen von Ägina. Schweineteuer, aber das Geld wert. Chemisch herbeigeführte Rauschzustände zum Sonderpreis.
    Draußen donnerte es. Der saure Regen löste den Smog auf und verwandelte ihn in kleine graue toxische Tropfen, die lautlos auf die Scheibe fielen und dort graue Rinnsale bildeten.
    Mit langsamen Bewegungen stand ich auf. Der Plasma-Fernseher war nur ganz selten ausgeschaltet. Er war mein Fenster zur Außenwelt, zum Strom der Gestalten, der Daten und Informationen, die in der Atmosphäre umherschwirren. Über den Fernsehbildschirm flimmern jetzt Spots über die neuesten Biocomputer mit hundert Ultrabytes. Kommunikation mit Millionen von Nutzern auf dem ganzen Planeten. Austausch von Daten, Bildern, Informationen zu einem erschwinglichen Preis.
    Ich sah aus dem Fenster. Ein Videojunkie schwenkte beim Vorwärtsgehen geschickt seine orangefarbene Radarstange, um Hindernissen auszuweichen. Er trug einen scheibenlosen Helm, in dessen Inneren winzig kleine Monitore unablässig Filme, Werbung, Nachrichten, Pornos und Sportmeldungen zeigten. Ein Videojunkie nahm seinen Helm praktisch nie ab. Der Mann vor meinem Fenster wich geschickt einem automatischen Taxi aus, das auf der Suche nach Fahrgästen war. Das Taxi bremste an einer Ecke, um einer buckligen Alten auszuweichen, die zwei riesige Tüten hinter sich herschleifte, und setzte seinen Blinker, da es offenbar einen Fahrgast lokalisiert hatte.
    In meinem Zimmer roch es nach Zigaretten, abgestandener Luft und Moder. Ich nahm ein Bier aus dem Kühlschrank – kalt, stark, hell. Ich trank mehrere Schlucke. Punkt ein Uhr. Ich musste den

Weitere Kostenlose Bücher