Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine Trillion Euro

Titel: Eine Trillion Euro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eschbach Andreas
Vom Netzwerk:
einigen Monaten stieg die Temperatur weltweit um mehrere Grad an. Die Wissenschaftler sagten, dies sei unmöglich, aber es passierte trotzdem. Das Polareis begann zu schmelzen. Holland, Bangladesch, Ägypten, die Malediven, Florida versanken in den Fluten. Die Startrampen von Cap Canaveral ragten wie surrealistische Galgen aus den Schlammmassen heraus. Millionen Menschen kamen in den Kriegen um, die unmittelbar danach ausbrachen. Auch die Ozonschicht verschwand. In Washington zündeten fanatische Islamisten einen gestohlenen russischen Atomsprengkopf. Die Antwort der Amerikaner war ein Atompilz, der über Teheran aufstieg. Bettelarme Menschenmassen aus Nordafrika und Zentralasien fielen scharenweise in Westeuropa ein und brachten in Vergessenheit geratene Epidemien mit. Tuberkulose, Pest, Malaria, Cholera und Typhus wüteten in den endlosen Slums, die sich rings um die befestigten Stadtzentren von Paris, London, Berlin, Rom, Madrid und Athen ausbreiteten. Es gab nur noch sehr wenige Zentren der Zivilisation auf dem Festland. Ein räumlich begrenzter Atomkrieg brach zwischen der Ukraine und Kasachstan aus, das sich mit Tadschikistan und Iran verbündete. Alma-Ata und Kiew waren bereits radioaktiv verseuchte Ruinenstädte. Radikale Palästinenser verwüsteten Israel mit mutierten Arboviren, die nur Juden töteten.
    Der durchgeknallte Kapitän eines russischen Atom-U-Bootes feuerte all seine Raketen auf den Mittleren Osten ab. Der Sand Arabiens leuchtete nachts vor Radioaktivität, und Tausende von Ölquellen brennen auch heute noch, nach so vielen Jahren. Amerika machte seine Grenzen dicht und schoss jedes Flugzeug ab, das näher als tausend Kilometer an seine Küsten herankam.
    China hatte die amerikanische Weltall-Infrastruktur gekauft und beherrschte den Weltraum.
    Ich wohnte in einem dünn besiedelten Getto Athens mit Maghrebinern, Albanern, Einwanderern aus Skopje und türkischen Flüchtlingen. Griechen gab es dort nur sehr wenige. In dem baufälligen Wohnblock, in dem ich lebte, war ich allein. Erst im vorletzten Jahr war eine Gruppe Hausbesetzer eingedrungen, Bulgaren, radioaktiv verseuchte Flüchtlinge aus Koslodoui. Ich hatte sie alle umgebracht. Jetzt verfaulten ihre Leichen im Erdgeschoss und vereitelten so jeden weiteren Versuch einer Besetzung. Abends phosphoreszierten die Skelette in der Dunkelheit. Der Wohnblock gehörte mir.
    Im Zentrum von Athen pulsierte noch das Leben, vor allem an den seltenen Tagen, an denen sich die kranke Sonne blicken ließ. Es lag auf dem Fußweg zwanzig Minuten entfernt.
    Es war ein schöner Tag. So schön, dass man keine Maske brauchte. Ich steckte die Walther PPK ein. Ein slowakischer Hacker hatte sie mir vor Jahren für zwei Disketten mit Viren verkauft.
    Auf der Straße liefen bettelarme Afrikaner, Filipinos und Araber in schmutzigen Jellabahs herum. Ich sah eine Gruppe Griechen. Man erkannte sie an ihren Fustanellen. In einer Ecke hatte ein Technofreak seinen Stand aufgebaut und verkaufte vietnamesische Modems für den Zugang ins nationale Informationsnetz. Ziemlich sicher irgendein Schwachsinn. Einige Jugendliche wühlten in Eimern mit malaysischen Mikrochips. Weiter unten veranstaltete eine Gruppe eine Feier zur Frühjahrstagundnachtgleiche und führte Dankestänze für Dionysos auf. Danach würde es eine Orgie geben. In der Mitte des Kreises brannten Computer und Monitore. Jedes Mal, wenn sie zerbarsten, flogen die Splitter herum. Viele waren schon verletzt worden, aber anscheinend machte ihnen das keine Angst.
    Ein Freund von mir, der vor einigen Monaten bis an die griechisch-makedonische Grenze oberhalb von Larissa gekommen war, hatte mir gesagt, dass es an den Grenzen viele Zentren von Gläubigen gebe, die in Klostergemeinschaften lebten und rituellen Kannibalismus und magische Kthoulos-Anrufungen praktizierten. Die Verehrung der Großen Alten war die Religion mit den meisten Anhängern in Griechenland. Ihre Geistlichen machten ihren Abschluss in der Priesterschule von Neo Arkam, irgendwo an der Küste des Ionischen Meers, in der Nähe von Lechena.
    In der Nähe des Stadtzentrums war inzwischen einiges los. Eine Gruppe blonder Kinder spielte in einem ausgebrannten Auto. Die meisten von ihnen waren verkrüppelt. Vermutlich Flüchtlingskinder aus der Ukraine.
    Es gab viele Stände von Technofreaks und Händlern, die Kits für Mikrobenmutationen verkauften. Es gab auch kleine Kabinen mit automatischen Geräten für AIDS-Tests. Ein auffälliges Schild erregte meine

Weitere Kostenlose Bücher