Eine Überwinterung im Eise
Winde schützte, und nachdem sich die Reisenden ein wenig restaurirt hatten,
wobei sie sehr ein erwärmendes Getränk vermißten, breiteten sie ihre Büffelfelle auf den Schnee, hüllten sich hinein, näherten
sich einander so dicht wie möglich und schliefen bald fest und ruhig ein. Als Johann Cornbutte und seine Gefährten am andern
Morgen erwachten, waren sie unter einer Schneeschicht von mehr als einem Fuß Höhe begraben. Glücklicherweise hatten ihre wasserdichten
Felle sie geschützt, und so hatte die winterliche Decke nur dazu beigetragen, ihnen ihre eigene Wärme zuerhalten, da diese unter solchen Umständen nicht nach Außen ausstrahlen konnte.
Johann Cornbutte gab alsbald das Zeichen zum Aufbruch, und endlich, gegen Mittag, bemerkten er und seine Gefährten zuerst
in unbestimmten Umrissen und kaum erkennbar, dann aber deutlicher und deutlicher die Küste. Am Ufer zeigten sich hohe, perpendikulär
emporragende Eisblöcke, und ihre vielgestaltigen Gipfel von verschiedenster Höhe führten die Wunder der Kristallisation in
großem Maßstabe vor Augen. Myriaden von Wasservögeln flogen auf, als die Seeleute sich näherten, und die auf dem Eise ausgestreckten
Robben zogen sich eilig zurück.
»Nun, meinte Penellan, an Pelzen und Wildpret werden wir keinen Mangel leiden!
– Es scheint fast, als wären wir nicht der erste menschliche Besuch, den diese Thiere erhalten, denn sonst würden sie nicht
so scheu und ängstlich sein!
– Bis jetzt haben nur die Grönländer diese Landstriche betreten, versetzte André Vasling.
– Ich sehe keine Spur von ihnen oder von ihrem Durchzuge, bemerkte Penellan, der einen hohen Pic erklettert hatte; weder eine
Lagerstätte, noch auch die kleinste Hütte! Aber kommen Sie doch hier herauf, Herr Kapitän, rief er dann laut; ich bemerke
von hier eine Landspitze, die uns prächtig vor dem Nordostwind schirmen wird.
– Hierher, Jungens!« sprach Johann Cornbutte; seine Begleiter folgten ihm, und bald waren Alle an Penellan's Seite. Es war,
wie Penellan gesagt hatte; eine ziemlich hohe Landspitze sprang wie ein Vorgebirge in das Land hinein und bildete, indemes sich wieder nach der Küste herumbog, eine Hecke von etwa einer Meile an Tiefe. Einige durch diese Spitze zertrümmerte
bewegliche Eisschollen schwammen in der Bucht umher und legten Zeugniß dafür ab, daß das gegen die kältesten Winde geschützte
Meer hier noch nicht ganz zugefroren war.
Der Platz war vorzüglich geeignet für eine Ueberwinterung; es blieb nur noch übrig, das Schiff dorthin zu geleiten. Bald aber
bemerkte Johann Cornbutte, daß die angrenzende Eisebene von ungeheurer Stärke war, und daß es in Folge dessen sehr schwierig
sein würde, einen Canal herzustellen, um die Brigg hierher zu bringen; man mußte sich also nach einem andern Schlupfhafen
umschauen. Aber vergebens wandte sich Johann Cornbutte mehr nach Norden; die Küste war sonst überall gerade und abschüssig,
und als man über die Spitze hinausging, fand es sich, daß sie direct den Stößen des Ostwindes ausgesetzt war. Dieser Umstand
brachte den Kapitän um so mehr in Verlegenheit, als André Vasling darauf hinwies, wie schlecht die Lage der Oertlichkeit sei,
und sich hierbei auf unumstößliche Gründe stützte. Selbst Penellan wurde es schwer, bei dieser Sachlage seinem Wahlspruch
treu zu bleiben, »daß Alles in dieser Welt zum Besten dienen müsse«.
Die Brigg hatte also nur noch die Möglichkeit, einen Ort zur Ueberwinterung auf dem südlichen Theil der Küste zu suchen; es
hieß dies so viel, als dahin zurückkehren, woher man gekommen war; aber man durfte nicht länger zögern. So schlug denn die
kleine Schaar in eiligem Marsch den Rückweg nach dem Schiffe ein, denn ihre Lebensmittel begannen schon zu Ende zu gehen.
Johann Cornbutte suchte eifrig auf der Straße nach einem Spaltoder irgend einem Fahrwasser, das da gestattete, einen Canal durch die Eisfläche zu graben; aber vergebens!
Gegen Abend langten die Seeleute an der Eismauer an, in deren Schutz sie während der vorigen Nacht gelagert hatten. Es hatte
heute nicht geschneit, und sie konnten noch den Eindruck ihrer Körper in dem Eise erkennen. So streckten sie sich von Neuem
auf ihre Büffelfelle aus und gaben sich der Ruhe hin.
Penellan schlief aus Verdruß über die verfehlte Forschungsreise ziemlich schlecht; er wälzte sich schlummerlos auf seinem
harten Lager hin und her, als plötzlich ein dumpfes Rollen an sein
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