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Eine Überwinterung im Eise

Eine Überwinterung im Eise

Titel: Eine Überwinterung im Eise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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hinaufzuklettern. Ludwig Cornbutte verließ sein Versteck hinter
     dem Eisblock, kroch auf dem Eise näher und sah, wie die Thiere mit ihren ungeheuren Tatzen das Zelt zerrissen und dann auf's
     Verdeck sprangen. Cornbutte dachte daran, einen Flintenschuß abzufeuern, um seine Gefährten auf die nahe Gefahr aufmerksam
     zu machen; aber er sagte sich, daß sie von den Bestien unfehlbar in Stücke zerrissen würden, wenn sie ohne jede Ahnung von
     dem Ueberfall unbewaffnet auf das Verdeck kämen.

Fünfzehntes Capitel.
Die Eisbären.
    Nachdem Ludwig Cornbutte fortgegangen war, verschloß Penellan vorsichtig die Thüre des Logis (dieselbe mündete unter der Treppe
     zum Verdeck),und übernahm die Sorge für den Ofen, während seine Gefährten sich wieder in ihre Betten zurückzogen, um einigermaßen warm
     zu werden.
    So war die sechste Abendstunde herangekommen, und Penellan schickte sich an, das Abendessen zu bereiten. Er hatte bereits
     Wasser siedend gemacht und war in die Kombüse hinab gegangen, um gesalzenes Fleisch, das er darin kochen wollte, zu holen,
     als er bei seiner Rückkehr zum Ofen seine Stelle von André Vasling eingenommen fand. Er saß vor dem Kessel und kochte große
     Fettstücke darin ab.
    »Ich war vor Ihnen hier, André Vasling, redete er mit raschem Wort den Obersteuermann an; warum nehmen Sie mir meinen Platz
     fort?
    – Wahrscheinlich aus demselben Grunde, als aus dem Sie ihn wieder haben wollen; ich will mir mein Abendbrod kochen, antwortete
     Vasling.
    – Lassen Sie mich jetzt an den Kessel, oder Sie werden sehen, daß unser Streit ein schlimmes Ende nimmt, rief Penellan.
    – Wir werden nichts sehen, erwiderte höhnisch André Vasling, und ich gedenke hier mein Abendessen fertig zu kochen, ob es
     Ihnen nun recht ist oder nicht.
    – Und ich sage, Sie werden Ihr Abendessen hier nicht bereiten«, rief Penellan und stürzte wüthend auf André Vasling zu, der
     sofort nach seinem langen Messer griff und mit lautem Geschrei die Norweger und Aupic zu Hilfe rief.
    Die Kerle waren in einer Minute, und zwar mit Dolchen und Pistolen bewaffnet, zur Stelle; Penellan sah jetzt, daß der Streich
     abgekartet war. André Vasling mußte es wohl als seine Aufgabe übernommen haben, ihn selbst unschädlich zu machen,denn die andern Kerle eilten nach den Betten der Kranken, Misonne, Turquiette und Pierre Nouquet. Dieser Letztere war so
     elend, daß er kaum noch eine Bewegung machen konnte, und war dem wilden Herming in die Hände gefallen, während der Zimmermann
     Misonne sich mit einem Beil gegen Aupic vertheidigte, und Turquiette erbittert mit dem Norweger Jocki rang. Gervique und Gradlin
     litten so furchtbar unter ihren Schmerzen, daß sie kaum zu bemerken schienen, was um sie her vorging.
    Pierre Nouquet bekam einen Dolchstich in die Seite, Herming hielt nun seine Aufgabe für erledigt, wandte sich zu Vasling,
     der seinen Gegner um den Leib gepackt hatte, und wollte ihm in seinem Kampfe beistehen.
    Aber gleich bei Beginn des Ringens war der Kessel auf dem Ofen umgestürzt, so daß das Fett auf die glühenden Kohlen floß und
     die Luft mit einem widerlichen Geruch verpestete. Marie erhob sich laut weinend von ihrem Lager und eilte auf Johann Cornbutte
     zu, der auf seinem Bette lag und furchtbar röchelte.
    André Vasling konnte es an Kraft mit Penellan nicht aufnehmen und merkte bald, daß er unterliegen würde; da sah er, daß Herming
     auf ihn zukam, und rief laut:
    »Zu Hilfe, Herming! zu Hilfe!
    – Zu Hilfe, Misonne!« schrie Penellan.
    Aber Misonne lag auf dem Boden und rang mit Aupic, der ihn mit einem Messer zu durchbohren suchte. Das Zimmermannsbeil war
     eine für diesen Kampf schlecht geeignete Waffe; er konnte sie nicht handhaben und mußte die Dolchstiche pariren, die der wüthende
     Aupic ihm beizubringen suchte.
    Das Blut floß in Strömen; der Kampf wurde von Minute zu Minute erbitterter. Turquiette war von dem ungewöhnlich starken Jocki
     niedergeworfen, hatte einen Dolchstich in die Schulter erhalten und suchte sich vergebens der Pistole zu bemächtigen, die
     in dem Gürtel des Norwegers steckte. Dieser preßte ihn zusammen wie in einem Schraubstock, so daß ihm jede Bewegung unmöglich
     wurde.
    Auf den Ruf André Vasling's, der von Penellan gegen die Eingangsthür gedrängt war, eilte Herming herbei; aber in demselben
     Augenblick, als er dem Untersteuermann einen Messerstich in den Rücken versetzen wollte, streckte dieser ihn mit einem kräftigen
     Fußtritt zu Boden.

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