Eine unbeliebte Frau
über Funk bei der Zentrale Hilfe an.
»Flüchtiger ist auf einem Pferd in Richtung Hofheim unterwegs«, gab er durch, »von der Gemarkung Kelkheim in südwestliche Richtung.«
Nach ein paar hundert Metern musste Pia feststellen, dass es geradeaus nicht weiterging. Kampmann war quer über einen Acker geritten und drohte, in der Ferne zu verschwinden.
»Fahren Sie rechts«, sagte Bodenstein. »Er muss den Golfplatzvon Hof Hausen umgehen. Ich wette, er will versuchen, uns im Wald abzuhängen.«
Pia legte den Rückwärtsgang ein, stieß zurück und bog nach rechts ab. Sie gab Gas und raste mit achtzig über den Betonweg, der wiederum nach ein paar hundert Metern scharf abknickte. Beinahe wäre der BMW in einen Acker geschlittert. Zwar mussten sie einen Umweg fahren, aber auf dem flachen Feld konnten sie den Flüchtenden im Auge behalten. Kampmann überquerte auf selbstmörderische Weise die B519, ohne sich vorher zu vergewissern, ob ein Auto kam, und galoppierte auf der anderen Straßenseite mit unvermindertem Tempo weiter.
»Flüchtiger weiter in Richtung Hofheim unterwegs«, gab Bodenstein an die Zentrale durch, »dreht jetzt ab in Richtung ehemalige B519, Höhe Hof Hausen vor der Sonne.«
»Sie kennen sich gut aus«, bemerkte Pia.
»Tja«, sagte Bodenstein grimmig und beobachtete, wie Kampmann die Asphaltstraße zum Tierheim verließ und sein Pferd über die Apfelbaumwiesen jagte, »das Gelände rings um Kelkheim kenne ich wie meine Hosentasche. Pech für Kampmann.«
»Nein, Pech für uns, Chef«, erwiderte Pia. »Mit dem Auto komme ich hier nicht weiter.«
»Wir fahren über Hofheim«, bestimmte Bodenstein. »Ich kann mir schon denken, wo Kampmann entlangreiten wird.«
Sie fuhren nach Hofheim, bogen kurz hinter dem Ortseingang nach rechts ab und folgten der ehemaligen Bundesstraße wieder in die entgegengesetzte Richtung. Pia musste scharf auf die Bremse treten, als nur wenige Meter vor ihnen plötzlich das Pferd mit Kampmann im Sattel über die Straße schoss. Im Rückspiegel sah sie schon das Blaulicht eines Streifenwagens.
»So ein Vollidiot!« Pia war vor Schreck blass geworden.
»Hier gleich links!«, rief Bodenstein, und Pia gehorchte reflexartig. Das Auto schleuderte dank ESP nicht, und auf der schnurgeraden Straße, die zum Ausflugslokal »Viehweide« führte, konnte Pia die knapp 300 PS von Bodensteins 7er ausspielen. Kampmann ritt weiter ein scharfes Tempo, aber das Pferd war bereits mit weißem Schaum bedeckt. Sehr lange würde es nicht mehr durchhalten, und dann hatten sie ihn! Bodenstein und Pia sahen, wie Kampmann das Pferd anhielt und sich unentschlossen umblickte. Bodenstein erkannte, weshalb Kampmann zögerte. Der Weg in den Wald wurde ihm von einem mannshohen Maschendrahtzaun versperrt. Er öffnete die Tür und stieg aus, und der Streifenwagen kam hinter ihm zum Stehen.
»Kampmann!«, schrie Bodenstein. »Seien Sie doch vernünftig! Steigen Sie von dem Pferd ab! Sie machen doch alles nur noch schlimmer!«
Der Reitlehrer warf ihm einen wilden Blick zu, dann riss er das Pferd herum und galoppierte direkt auf die Polizeibeamten zu. Bodenstein war klar, was er vorhatte. Es waren nur noch knapp dreihundert Meter bis zum Wald. Kampmann wollte ein kurzes Stück die Straße entlangreiten, um den Zaun zu umgehen, der seine Flucht behinderte.
»Wir schießen auf den Gaul!«, rief einer der Streifenpolizisten aufgeregt und zückte seine Dienstwaffe.
»Nein!«, brüllte Bodenstein. Kampmann kam schnell näher, auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck wilder Entschlossenheit. Sein Pferd war vollkommen erschöpft, dem Zusammenbruch nahe. Wahrscheinlich hatte es in seinem ganzen Leben noch niemals eine solche Strecke in einem so mörderischen Tempo zurücklegen müssen. Kampmann zwang das Pferd in vollem Galopp auf die Straße. Bodenstein, der dem Pferd eigentlich in die Zügel greifen wollte, bekam angesichts der sechshundert Kilo, die auf ihn zudonnerten, Zweifel an seinem Wagemutund rettete sich in letzter Sekunde mit einem Satz in den Straßengraben. Funken stoben unter den Hufeisen des Pferdes, als es die Asphaltstraße hochgaloppierte.
»Hinterher!«, schrie Bodenstein und sprang wieder ins Auto. Am Ausflugslokal am Waldrand herrschte nachmittäglicher Hochbetrieb. Der Parkplatz war voll. Kampmann hielt in unverminderter Geschwindigkeit auf die geschlossene rotweiße Schranke am Ende der Straße zu. Die Menschen spritzten erschrocken auseinander, als das Pferd kurz entschlossen vor der Schranke
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