Eine unbeliebte Frau
erzählen Sie mir jetzt einmal, was sich am Samstag vor vierzehn Tagen wirklich abgespielt hat«, sagte er, und zu seiner Verblüffung kam Frau Kampmann ohne Umschweife zur Sache.
»Mein Mann hat Isabel umgebracht«, sagte sie, »weil sie nichts mehr von ihm wissen wollte.«
»Woher wissen Sie das?«, fragte Bodenstein. »Hat Ihr Mann Ihnen das erzählt?«
»Spielt das eine Rolle? Sie sollten froh sein, dass Sie den Mord aufgeklärt haben«, Frau Kampmann schob sich mit einer fahrigen Bewegung das Haar, aus dem am Ansatz die Blondierung ein paar Zentimeter herausgewachsen war, hinter das Ohr. Ohne Schminke wirkte ihr Gesicht grob und gewöhnlich.
»Ich denke schon, dass es eine Rolle spielt«, erwiderte Bodenstein.
»Mein Mann hat mich für blöd gehalten«, ihre Stimme wurde bitter. »Er hat geglaubt, ich würde nicht mitbekommen, wie scharf er auf dieses blonde Flittchen war. Er hat mir gesagt, er hätte das ganze Geld bei Aktiengeschäften verloren, dabei wollte er ein Haus in Irland kaufen. Da wollte er mit ihr hin.«
Sie lachte kurz und gehässig.
»Aber dann hat sie ihn abserviert, eiskalt. Weil sie nämlich keine Lust hatte, mit einem Langweiler wie ihm im verregneten Irland herumzusitzen«, sie zuckte die Schultern. »Es war für Roberts Eitelkeit ein schwerer Schlag, als er erkennen musste, dass er für sie nichts anderes als ein Zeitvertreib gewesen ist. Und dann drohte sie ihm noch damit, seine Geschäftchen hier im Stall auffliegen zu lassen. Als er kapierte, dass er keine Chance mehr bei ihr hatte, begann er sie zu hassen.«
»So sehr, dass er sie tötete?« Bodenstein blieb misstrauisch, trotz Kampmanns Verhaftung.
»Gekränkte Eitelkeit«, Frau Kampmann schnaubte verächtlich. »Und genauso gekränkt war die Jagoda. Die konnte Isabel nie leiden. Es war ganz aus, als sie erfuhr, dass Isabel auch ihren Mann in ihr Bett gezerrt hat.«
»Sie wusste gar nichts davon«, sagte Bodenstein, aber da lachte Frau Kampmann ihn regelrecht aus.
»Natürlich hat sie es gewusst. Mein Mann und sie haben Mordpläne geschmiedet. Sie haben ihr aufgelauert.«
»Ihr Mann hat Isabel zusammen mit Marianne Jagoda getötet?« Bodenstein richtete sich auf.
»So ist es«, Frau Kampmann nickte. »Sie haben sie von diesem Turm gestoßen.«
Bodenstein blickte die Frau nachdenklich an. Frau Kampmann wusste nicht, wie Isabel Kerstner wirklich gestorben war.
»Sie haben mir gesagt, dass Sie Ihren Mann schlafend aufder Couch angetroffen haben, als Sie nach Hause gekommen sind. Wie viel Uhr war es?«
»Halb zwei, ungefähr«, Frau Kampmann hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Und wann haben Sie davon erfahren, dass Ihr Mann und Frau Jagoda Frau Kerstner getötet haben?«
»Genau weiß ich's nicht. Letzte Woche irgendwann.«
»Von wem?« Bodenstein verlagerte vorsichtig sein Gewicht.
Jeder Muskel und jeder Knochen in seinem Körper schmerzte höllisch.
»Ich hab's erfahren. Fertig. Aus.«
»Ich würde gerne Ihr Alibi überprüfen. Können Sie mir die Telefonnummer und die Adresse Ihrer Eltern geben?«
»Aber selbstverständlich«, Frau Kampmann lächelte frostig. Sie drehte sich um, ergriff einen Kugelschreiber und kritzelte etwas auf einen Zettel. Bodensteins Handy summte. Auf dem Hof bellte ein Hund, das Bellen verwandelte sich dann aber in ein freundschaftliches Jaulen. Frau Kampmann blickte aus dem Fenster, und Bodenstein nahm das Gespräch entgegen. Es war Pia. Er wandte sich ab.
»Ich kann jetzt nicht«, sagte er leise, »ich rufe gleich zurück.«
Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr. Als er aufblickte, stand Pferdepfleger Karol wie aus dem Boden gewachsen mit ausdruckslosem Gesicht vor ihm. In der Hand hielt er einen Baseballschläger. Bodenstein wich zurück, das Herz schlug ihm bis in den Hals.
»Gib dein Handy!« Karol streckte die Hand aus. Bodenstein erkannte, dass er keine Möglichkeit zur Flucht hatte. Karol war ein Riese von einem Kerl, dazu durchtrainiert bis in die Fingerspitzen, während ihm selbst jeder Millimeter seines Körpers höllisch weh tat.
»Machen Sie keinen Unsinn«, beschwor er Frau Kampmann, aber die lächelte nur kalt. Karol griff unter Bodensteins Sakko, zog seine Dienstwaffe aus dem Schulterhalfter und reichte sie Frau Kampmann. Dann stieß er ihn auf einen der Bürostühle, zwang ihm die Arme auf den Rücken und fesselte ihm mit Paketklebeband die Handgelenke und die Füße.
»Sie machen einen gewaltigen Fehler, Frau Kampmann«, rief
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