Eine unbeliebte Frau
dagegen.
»Sie können nichts beweisen«, er verschränkte die Arme vor der Brust und machte sich nicht die Mühe zu leugnen.
»Freiheitsberaubung und schwere Körperverletzung sind keine Kavaliersdelikte.«
Die beiden Männer sahen sich an.
»Ich dachte gerade, dass ich Sie eigentlich doch ganz sympathisch finde«, Rittendorf stieß sich von seinem Auto ab und lächelte dünn, »aber ich habe mich wohl geirrt. Sie können nicht aus Ihrer Haut.«
»Es gibt Gesetze, die jeder achten muss. Wenn alle Menschen so handeln würden, wie Sie es getan haben, hätten wir die pure Anarchie.«
Rittendorf zog die Augenbrauen hoch.
»Beweisen Sie mir, dass ich es war, und ich werde dafür geradestehen.«
Bodenstein fuhr noch einmal zurück nach Gut Waldhof, während Pia im Hofheimer Krankenhaus bei Kampmann ausharrte, um zu verhindern, dass der Mann ein zweites Mal die Flucht ergriff. Er fand den Parkplatz beinahe leer und das Haus der Kampmanns mit weit geöffneter Haustür. Neben dem Geländewagen mit dem angehängten Pferdehänger stand ein silberner Golf. Ohne sich mit Klingeln oder Rufen aufzuhalten, betrat Bodenstein das Haus und überraschte Frau Kampmann im Büro. Ungeschminkt, das Haar zu einem schlichten Pferdeschwanz gebunden und mit einem grauen Pullover bekleidet, war die Frau des Reitlehrers kaum wiederzuerkennen. Sie saß am Computer, als Bodenstein mit einem Räuspern auf sich aufmerksam machte. Die Frau fuhr wie von der Tarantel gestochen herum und starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.
»Herrgott, haben Sie mich erschreckt!«, stieß sie hervor und drückte rasch eine Taste, um das Programm, mit dem sie arbeitete, zu verlassen. Bodenstein hatte jedoch schon gesehen, dass sie mit Online-Banking beschäftigt gewesen war.
»Ich wusste nicht, dass Sie zu Hause sind«, erwiderte Bodenstein. Frau Kampmann stand auf und lehnte sich gegenden Schreibtisch, die Arme vor der Brust verschränkt. Ihr Blick glitt über Bodensteins verschmutzte und blutverschmierte Kleidung.
»Interessiert es Sie, wo sich Ihr Mann gerade aufhält?«, fragte er.
»Haben Sie ihn erwischt?« Ihre Besorgnis hielt sich sehr in Grenzen. Susanne Kampmann schien keinen großen Anteil mehr am Schicksal ihres Mannes zu nehmen, dafür wirkte sie nervös. Ihre übertriebene Fröhlichkeit war verschwunden, und das erste Mal, seitdem Bodenstein sie kannte, wirkte die Frau wie ein echter Mensch.
»Ja«, erwiderte Bodenstein, »das haben wir. Er hat sich verletzt und ist jetzt in Hofheim im Krankenhaus.«
Es war nicht zu erkennen, ob diese Nachricht Frau Kampmann erschütterte oder nicht, denn ihr Gesicht war vollkommen ausdruckslos, unbewegt wie das einer Marmorfigur, nur ihre Augen huschten hin und her. Bodenstein bemerkte, dass ihre Hand verbunden war.
»Haben Sie sich auch verletzt?«, fragte er.
»Ich habe mich geschnitten«, Frau Kampmann zog den Ärmel ihres Pullovers über den Verband.
»Der Zustand Ihres Mannes scheint Sie nicht besonders zu berühren«, bemerkte Bodenstein. »Habe ich Sie übrigens bei einer wichtigen Arbeit unterbrochen?«
»Ich mache die Abrechnung für die Leute, die gestern hier ausgezogen sind«, log Frau Kampmann, ohne rot zu werden.
»Während Ihr Mann von der Polizei gejagt wird, weil er des Mordes verdächtigt wird, setzen Sie sich in aller Seelenruhe ins Büro und machen Abrechnungen?«, fragte Bodenstein ungläubig. Sein Blick wanderte zu dem hoffnungslos überladenen Schreibtisch, dort erblickte er unter einem Haufen von Papieren einen Stapel Bargeld. Plötzlich dämmerte ihm, was die Frau wirklich tat. Sie hatte ganz sicher keine Abrechnungengemacht. Offenbar hatte sie nicht damit gerechnet, dass so bald die Polizei wieder auftauchen würde.
»Das kann ich ja nicht wissen«, entgegnete Frau Kampmann schnippisch. »Als ich nach Hause kam, stand die Tür sperrangelweit auf, und im Hof lagen Umzugskisten. Von meinem Mann keine Spur.«
Sie verzog abfällig das Gesicht, und die Verachtung in ihrem Blick war abgrundtief.
»Er könnte jetzt Ihre Hilfe gebrauchen«, sagte Bodenstein.
»Ich habe ihm oft genug geholfen«, antwortete die Frau des Reitlehrers. »Jetzt kann er sich selber aus der Misere befreien, in die er sich manövriert hat. Es ist mir egal.«
Mit einem Mal wusste Bodenstein, dass Frau Kampmann ihren Mann hasste, weil er die perfekte Fassade der harmonischen Familie, die für sie so lebenswichtig gewesen war, durch sein Techtelmechtel mit Isabel zerstört hatte.
»Vielleicht
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