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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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war, »früher hat Ihnen Isabel Kerstner ja beim Reiten der Pferde geholfen, nicht wahr?«
    Bei der Erwähnung des Namens senkte Kampmann den Blick auf seine Hände.
    »Ja«, sagte er, »das hat sie.«
    »Einige Ihrer Kundinnen haben mir erzählt, dass Frau Kerstner nicht besonders beliebt war«, sagte Pia nun, »stimmt das?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Kampmann steif, »aber sie war eine bessere Reiterin als die meisten anderen. Das schürt natürlich Neid.«
    »Hm«, Pia musterte den Mann, der ständig ihren Blicken auswich. »Herr Jagoda sagte mir gestern, Frau Kerstner habe allen Männern hier auf dem Hof den Kopf verdreht und eineMenge Unruhe verursacht. Sie war ja auch eine ausnehmend hübsche Person.«
    »Hat er das gesagt?«, der Reitlehrer sah sie nur kurz an. »Das kann ich nicht bestätigen.«
    »Na ja, Sie haben ja auch eine sehr attraktive Frau«, Pia blickte das Bild an, das vor ihr auf dem Tisch lag. »Obwohl ich sie, ehrlich gesagt, nicht wiedererkannt hätte. Sie hat sich sehr verändert, seitdem das Bild aufgenommen wurde. Hatte das einen Grund?«
    »Hatte was einen Grund?« Kampmann blickte irritiert auf.
    »Sie hat stark abgenommen. Und die Haare, die trägt sie doch jetzt hellblond, nicht wahr?«
    »Es gefällt ihr so eben besser«, Kampmann zuckte die Schultern. »Was spielt das überhaupt für eine Rolle?«
    »Sie haben recht. Das ist ja auch unwichtig«, Pia legte das Foto aus der Hand »Mir kam nur eben der Gedanke, dass Ihre Frau vielleicht Konkurrenz fürchtete und deshalb versuchte, attraktiver auszusehen, weil es womöglich Ihnen besser gefiel ...«
    Sie sagte das in einem beiläufigen Tonfall, aber Kampmanns Reaktion bewies, dass sie mit ihrer Vermutung nicht sehr falsch lag. Der Mann wurde erst rot, dann blass, und für eine Sekunde verließ ihn die eiserne Beherrschung, zu der er sich zwang.
    »Meine Frau hatte keinen Grund zur Eifersucht«, sagte er mit gepresster Stimme. Pia beobachtete ihn scharf. Der Reitlehrer fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen, seine Finger krampften sich um die leere Colaflasche.
    »Isabel hat also regelmäßig Pferde geritten, die Gut Waldhof gehörten«, sagte Pia, »und Sie haben sie trainiert und sind mit ihr auf Turniere gefahren. Ist das richtig?«
    »Ja«, gab Kampmann zu.
    »Aber Ihre Kunden begleiten Sie üblicherweise nicht auf Turniere, oder?«
    Pia bemerkte, dass Kampmann die Frage unangenehm war.
    »Ich fahre mit, wenn ich dafür bezahlt werde«, antwortete er. »Den meisten Kunden ist eine Turnierbetreuung zu teuer.«
    Der silberne Cayenne der Kampmanns rauschte über den Hof und hielt ein paar Meter vom Wintergarten entfernt. Frau Kampmann und die beiden halbwüchsigen Kinder stiegen aus. Die Kinder blickten neugierig herüber, aber ihre Mutter scheuchte sie ins Haus.
    »Das kann aber eine Erklärung dafür sein, weshalb viele Leute Frau Kerstner nicht gemocht haben«, sagte Pia nun. »Sie hatten vielleicht das Gefühl, dass Sie Isabel bevorzugten.«
    »Unsinn«, Kampmann schüttelte den Kopf, »Isabel hat Pferde geritten, für die ich verantwortlich bin. Wertvolle Pferde, die Geld einbringen sollen. Da musste ich mich natürlich drum kümmern.«
    Pia warf wieder einen Blick auf das Foto.
    »Sie war wirklich außergewöhnlich attraktiv«, sagte sie. »Ihre Kundinnen haben mir erzählt, dass Isabel Kerstner und Sie ein sehr enges Verhältnis hatten. War da vielleicht mehr zwischen Ihnen als nur Berufliches?«
    »Wie meinen Sie das?« Kampmann stellte sich begriffsstutzig. Seine Frau kam aus dem Haus und ging lächelnd über den Hof, nicht ohne ihrem Mann und Pia fröhlich zuzuwinken.
    »Ich meine, ob Sie eine Affäre mit ihr hatten«, Pia hatte keine Lust mehr, ihre Zeit zu vergeuden.
    »Eine Affäre?« Kampmann wiederholte das Wort in einem ungläubigen Tonfall, als ob er es noch nie zuvor gehört hätte.
    »Ob Sie mit ihr geschlafen haben«, sagte Pia. Diese so unverblümte Erwähnung eines doch recht intimen Sachverhaltes ließ Kampmann rot anlaufen. Eine Schweißperle rann ihm über die Schläfe.
    »Nein«, er sah ihr das erste Mal direkt in die Augen. Pia wusste in diesem Augenblick mit Sicherheit, dass er log. Genauso, wie er und seine Frau gestern schon gelogen hatten. »Isabel hat die Pferde von Gut Waldhof geritten, das war's.«
    »Und Sie wussten wirklich nichts von einer Abtreibung?« Pia machte sich eine Notiz und blickte wieder auf. »Ich meine, Isabel konnte danach sicherlich eine Weile nicht reiten. Das

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