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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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aus einer anderen Perspektive. Offenbar befand sich die Kamera üblicherweise in dem Schrank, in den Jagoda so misstrauisch hineingespäht hatte. Auf der zweiten DVD wurde erneut der horizontale Fleiß der jungen Frau dokumentiert, und das mit verschiedenen Männern, die Bodenstein und seine Mitarbeiter nicht kannten. Doch beim vierten Mann auf der zweiten DVD änderte sich das. In dem großen Besprechungsraum herrschte fassungsloses Schweigen.
    »O mein Gott«, Pia fand als erste die Sprache wieder. »Das darf doch wohl nicht wahr sein.«
    »Das gibt's doch nicht«, sagte Bodenstein. Sie wechselten einen Blick. Plötzlich änderte sich alles. Der Fall bekam eine neue, größere Dimension.
     
    »Sie wollen was?« Kriminaldirektor Dr. Heinrich Nierhoff setzte seine Lesebrille ab und musterte Bodenstein verständnislos.
    »Ich bin mir sicher, dass der Freitod von Hardenbach und der Mord an Isabel Kerstner zusammenhängen«, sagte Bodenstein. »Hardenbach wurde mit einem Sexvideo erpresst.«
    »Hören Sie auf!« Kriminaldirektor Nierhoff erhob sich von seinem Schreibtischstuhl und schüttelte heftig den Kopf. »Sie kannten den Mann doch besser als ich, Bodenstein! Hardenbach war ein Muster an Integrität! Ich kann mir beim bestenWillen nicht vorstellen, dass er seine Karriere und seine politischen Ambitionen mit einer ... einer Bettgeschichte aufs Spiel gesetzt hätte!«
    Bodenstein beobachtete seinen Chef, der nervös durch sein Büro wanderte. Es war für ihn keine Überraschung, dass Nierhoff einen Durchsuchungsbeschluss für Hardenbachs Büro und Privathaus rundheraus ablehnte. Der Kriminaldirektor mochte negative Publicity überhaupt nicht. Hardenbach war nach seinem Freitod von der Presse zu einem Heiligen hochstilisiert worden; unangenehme Wahrheiten würden nur Probleme nach sich ziehen.
    »Herr Dr. Nierhoff«, setzte Bodenstein zu einem erneuten Vorstoß an, »Hardenbach war in irgendeine dubiose Sache verwickelt. Wir haben erfahren, dass das Dezernat für Wirtschaftskriminalität gegen einen Mann namens Hans Peter Jagoda und sein börsennotiertes Unternehmen ermittelt hat. Wir wissen auch, dass diese Ermittlungen vor ein paar Wochen aus Mangel an Beweisen eingestellt wurden. Und der Staatsanwalt, der dies angeordnet hat, war Hardenbach. Alles, was ich brauche, sind Beweise dafür, dass er seine Finger im Spiel hatte und .«
    »Das sind doch alles nur vage Vermutungen!«, unterbrach Nierhoff ihn scharf. »Stellen Sie sich vor, was passiert, wenn Sie und Ihre Leute den Namen Hardenbachs post mortem verunglimpfen und sich Ihre Verdächtigungen im Nachhinein als falsch erweisen! Wie stehen wir denn dann da? Der Mann kann sich gegen Ihre Vorwürfe nicht mehr wehren.«
    »Weil er es vorzog, sich vorher eine Ladung Schrot in den Mund zu schießen«, erwiderte Bodenstein ruhig. »Hardenbach hat sich umgebracht, weil er wusste, dass seine Karriere beendet sein würde, wenn herauskommt, dass er Ermittlungen behindert hat. Strafvereitelung im Amt, Behinderung der Justiz, Bestechlichkeit im Amt .«
    Kriminaldirektor Nierhoff stieß einen abgrundtiefen Seufzer aus.
    »Denken Sie doch nur an seine Familie«, wandte er ein. »Solche Vorwürfe beschädigen das Ansehen ihres Ehemanns und Vaters.«
    »Ja«, gab Bodenstein zu, »und zwar in beträchtlichem Ausmaß. Das tut mir auch leid, aber ich kann nichts daran ändern. Ich brauche Beweise, dass Hardenbach erpresst wurde, denn ich will Jagoda diese Erpressung nachweisen. Die Frau, die mit Hardenbach im Bett war, wurde ermordet, und es ist meine Aufgabe, diesen Mord aufzuklären.«
    Kriminaldirektor Nierhoff drehte und wand sich vor Unbehagen. Er setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch und beäugte die DVD, die Bodenstein ihm hingelegt hatte, so misstrauisch, als ob sie sich jeden Moment in eine Kakerlake verwandeln könnte.
    »Hardenbach war nicht nur ein Parteifreund und langjähriger Weggefährte des Ministerpräsidenten und des Innenministers, sie waren auch privat gute Freunde«, sagte er dann und malte sich sein persönliches Horrorszenario in düsteren Farben aus. »Wenn an Ihren Vermutungen nichts dran ist, Bodenstein, dann wird mich die Presse mit Genuss zerfleischen. Der Ministerpräsident und der Innenminister werden mir vorwerfen, ich hätte den Namen Hardenbachs im Nachhinein beschmutzt, um mich selbst zu profilieren. Ich bin ein toter Mann, wenn ich Ihnen jetzt die Erlaubnis gebe, einen Schuss ins Blaue zu wagen.«
    Genau daher wehte der

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