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Eine unbeliebte Frau

Titel: Eine unbeliebte Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Gesichtsausdruck war leer. Als Bodenstein nach ein paar Minuten die Vernehmung für beendet erklärte, erhob er sich stumm und ließ sich ohne erkennbare Gemütsregung von dem Vollzugsbeamten, der ihn hergebracht hatte, die Handschellen anlegen.
     
    Pia saß an ihrem Schreibtisch und tippte den Bericht über die Vernehmung Jagodas in den Computer. Der Mann hatte auf jeden Fall ein starkes Motiv. Isabel hatte womöglich versucht, mit dem Film Geld von ihm zu erpressen, Geld, das er nicht hatte. Er musste befürchten, dass Isabel den Film seiner Frau zuspielen würde – und dann war es aus für ihn und für seine Zukunftspläne mit der JagoPharm. Aber warum dann der Aufwand mit dem Pentobarbital und dem vorgetäuschten Selbstmord? Pia hielt inne und starrte auf den Bildschirm. Da war noch etwas anderes, etwas, was bisher überhauptnoch nicht erwähnt worden war, aber sie konnte nicht den Finger auf den Punkt legen. Die Puzzlestücke, die auf den ersten Blick zusammenzupassen schienen, passten nicht wirklich. Um das ganze Bild zu erkennen, fehlten einfach noch zu viele Teile.
    »Frau Kirchhoff«, sagte Bodenstein plötzlich neben ihr, und sie fuhr zusammen, »träumen Sie?«
    »Valentin Helfrich«, sagte sie. »Was ist mit ihm?«
    »Er hat auch die Möglichkeit, an Pentobarbital zu kommen. Ich muss noch einmal mit ihm sprechen.«
    »Gut«, Bodenstein nickte. »Ich versuche, beim BKA mehr über diesen Maurice Brault zu erfahren.«
    Das Telefon in Bodensteins benachbartem Büro klingelte, und er ging hinüber. Pia tippte rasch den Bericht zu Ende. Der Gedanke, dass Valentin Helfrich etwas mit der Ermordung seiner Schwester zu tun haben könnte, ließ sie nicht los.
     
    Pia hatte sich das Radarfoto vom 27. August eingesteckt. Ein Stau auf der A66 vor der Abfahrt nach Bad Soden hatte sie aufgehalten, und sie musste feststellen, dass sie zehn Minuten zu spät war. Die Glastür der Löwen-Apotheke war abgeschlossen.
    »Na, klasse«, murmelte Pia. »Von eins bis drei Mittagspause.«
    Unentschlossen stand sie auf dem Bürgersteig vor der Apotheke und überlegte noch, ob sie warten oder wieder wegfahren sollte, als ein goldenes Mercedes-Cabriolet aus der Einfahrt hinter der Apotheke herauskam. Am Steuer saß eine Frau, auf dem Beifahrersitz Valentin Helfrich. Pia lief winkend zu dem Auto hinüber. Die Fahrerin ließ irritiert die Scheibe hinunter und sah sie misstrauisch an.
    »Hallo, Herr Helfrich«, sagte Pia.
    »Ach, die Dame von der Kripo«, erwiderte der Apotheker. »Wollten Sie zu mir?«
    »Ja, allerdings«, Pia nickte. »Können wir uns irgendwo kurz unterhalten? Ich habe noch ein paar Fragen an Sie.«
    Die Frau setzte wieder rückwärts in die Einfahrt. Pia folgte dem Auto in den Hof, in dem sich der Lieferanteneingang der Apotheke und der Eingang der Leopoldspassage befanden.
    »Schönes Auto«, bemerkte Pia, als Valentin Helfrich und die Frau, die er ihr als seine Ehefrau Dorothee vorstellte, ausgestiegen waren.
    »Was kann ich für Sie tun?«, fragte der Apotheker, ohne auf die Bemerkung einzugehen. Pia zog das Radarfoto aus der Tasche und reichte es ihm.
    »Sind Sie das?«, fragte sie.
    »Ja«, sagte er und gab das Foto an seine Frau weiter, »meine Frau sitzt am Steuer.«
    Dorothee Helfrich war eine große, knochige Frau ohne jede Ausstrahlung. Sie war höchstens Anfang vierzig, aber in ihr Gesicht hatten sich scharfe Linien der Verbitterung eingegraben.
    »Wissen Sie, wann und wo das Foto gemacht wurde?«
    »Das steht doch sicher drauf«, Dorothee Helfrich machte das erste Mal den Mund auf.
    »Ja, das tut es allerdings«, erwiderte Pia, »und zwar am 27. August um kurz nach zweiundzwanzig Uhr an der Ortsausfahrt Königstein, Richtung Kelkheim. Ungefähr anderthalb Stunden zuvor starb laut Obduktionsbericht Ihre Schwägerin Isabel.«
    Sie ließ die Bedeutung ihrer Worte auf das Ehepaar Helfrich wirken.
    »Das Auto gehört nicht Ihnen, nicht wahr?«
    »Es gehörte meinem Vater«, sagte Valentin Helfrich.
    »Das weiß ich«, sagte Pia, »aber Ihr Vater ist seit vier Jahren tot. Weshalb ließen Sie es nicht längst ummelden?«
    »Es stand bis vor kurzem noch in der Garage des Hauses meiner Eltern in Gießen«, Helfrich zuckte die Schultern. »Ich habe es erst vor ein paar Wochen geholt, als ich das Haus verkauft habe.«
    »Sie waren mit diesem Auto nicht nur gegen zweiundzwanzig Uhr in Königstein, sondern auch am Nachmittag des 27. August auf dem Parkplatz von McDonald's in Schwalbach.«
    »Ja, das stimmt«, gab

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