Eine unbeliebte Frau
auch sonst nicht viel mehr gehört als die Kleider, die Sie tragen. Sie haben vorgesorgt, weil Sie genau wussten, dass die Jago-Pharm baden geht.«
Jagoda wurde leichenblass, seine Augenlider flatterten. Für einen Moment befürchtete Bodenstein, er würde ohnmächtig.
»Setzen Sie meinen Mandanten nicht so unter Druck«, begann der Anwalt, aber Bodenstein schnitt ihm das Wort ab.
»Sie sollten Ihrem Mandanten raten, endlich den Mund aufzumachen«, schnauzte er, »denn sonst werden auch Sie nichts mehr von ihm haben.«
»Wie meinen Sie das?«, fuhr Dr. Peters auf, die Brille rutschte aus dem Haaransatz auf die Nase.
»Herr Jagoda wird Ihr Honorar wohl kaum noch bezahlen können«, Bodenstein lächelte glatt, »und das wäre sicher ein herber Verlust für Sie, nicht wahr?«
Dr. Peters setzte sich mit einem Ruck auf und öffnete den Mund schon zu einer Entgegnung, aber da meldete sich Jagoda zu Wort.
»Ich hatte gar nicht vor, jemanden mit Videos zu erpressen«, sagte er mit tonloser Stimme und gesenktem Kopf. »Es war Isabels Idee.«
Der ölige Dr. Peters nahm die Brille ab und verzog das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen.
»Es war Frau Kerstners Idee, sich beim Geschlechtsverkehr filmen zu lassen?« Bodensteins Stimme wurde scharf. »Sie denken doch wohl nicht, dass wir Ihnen das abnehmen?«
»Nein, ich meine . ich .«, Jagoda suchte nach den richtigen Worten, »ich bin in einer verzweifelten Situation. Seit dem Zusammenbruch des Neuen Marktes ist es mir immer wieder gelungen, meine Firma zu retten, aber plötzlich spielten alle verrückt! Anzeigen von Aktionären, die Staatsanwaltschaft, Drohungen . dabei hatte ich auf einmal die Chance, die ganze Firma auf wirklich solide Füße zu stellen. Alles, was ich brauchte, war noch etwas Zeit.«
»Herr Jagoda!«, bemühte sich Dr. Peters ein letztes verzweifeltes Mal um Schadensbegrenzung. »Sie müssen hier nichts sagen!«
Jagoda hörte nicht.
»Ich war nur Millimeter von meinem Ziel entfernt«, sagte er tonlos. »Ich hatte alles versucht, gebettelt und geredet, aber keiner wollte hören. Keiner traute mir zu, dass ich es tatsächlich schaffen könnte. Und dann kam Isabel auf diese Idee mit den Filmen.«
»Das glaube ich Ihnen nicht«, Bodenstein schüttelte den Kopf.
»Sie redete immer nur von Geld«, fuhr Jagoda fort, ohne auf den Einwand zu achten. »Sie sparte für ein neues Leben ohne Abhängigkeiten. Mal wollte sie eine Tauchschule in Australien eröffnen, dann einen Reitstall in der Toskana oder eine Pension am Strand in Mexiko. Auf jeden Fall hatte sie dauernd Ideen. Eines Tages erzählte sie von dem Angebot, in einer Pornoproduktion mitzuwirken. Sie erwog diesen Gedanken ein paar Tage lang ernsthaft, dann sagte sie, man habe ihr viel zu wenig Geld geboten. Aber das brachte mich auf die Idee mit den Filmen.«
»Warum haben Sie die Wohnung, die amtlich versiegelt war, aufbrechen und ausräumen lassen?«, fragte Pia, ohne die Grimassen, die Jagodas Anwalt schnitt, zu beachten.
»Weil ich nicht wollte, dass .«, begann Jagoda, besann sich aber anders und verstummte.
»Weil Sie nicht wollten, dass der Film mit Ihnen und Frau Kerstner gefunden würde? War das der Grund?«
»Ja«, Jagoda nickte gequält. »Meine Frau ... ich wollte vermeiden, dass sie davon erfährt. Es . es hätte sie tief verletzt.«
»Sie ließen sich also zu einer Straftat hinreißen, um die Gefühle Ihrer Frau, die Sie auf einem Tonband selbst als fette Henne‹ bezeichnet haben, nicht zu verletzen?« Bodenstein zog die Augenbrauen hoch. »Soll ich Ihnen mal sagen, wie ich das sehe? Unterbrechen Sie mich, wenn ich unrecht habe.Ich denke, es geht in keiner Weise um Gefühle. Sie brauchten von Ihrer Frau dringend Geld, um die Zeit, bis dieses Medikament auf den Markt kommt, zu überbrücken. Sie konnten es sich nicht leisten, sie zu verärgern.«
Für einen Moment herrschte völlige Stille in dem Raum. Nur gedämpft drang das Klingeln eines Telefons durch die geschlossene Tür.
»Herr Jagoda«, beharrte Bodenstein. »War das Geld Ihrer Frau der wahre Grund für die Wohnungsdurchsuchung?«
Jagoda vergrub sein Gesicht in den Händen und schüttelte den Kopf.
»Und kann es nicht auch sein, dass Sie Isabel beseitigen ließen, weil sie Ihnen im Hinblick auf Ihre Geschäfte viel zu gefährlich geworden war?«
Mit Jagodas Aussagebereitschaft war es vorbei. Er antwortete auf keine Frage mehr, ja, er reagierte nicht einmal mehr, sondern saß nur zusammengesackt da. Sein
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