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Eine unberührte Welt

Eine unberührte Welt

Titel: Eine unberührte Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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ist das, was Sie hier auf dem Bildschirm sehen, Herr Verteidigungsminister. Peking, wie es eine Fliege sieht. Das, was wir gerade überfliegen, müsste der T’ien-T’an-Park sein, dieses Gebäude da unten die Gebetshalle für gute Ernten … Stammt natürlich noch aus der Zeit vor der Revolution. Dort vorne sieht man schon das große Mao-Standbild, wir sind also tatsächlich im Ch’ung-Wen- Distrikt … Achten Sie auf das niedrige gelbe Gebäude schräg dahinter, ungefähr in Bildmitte, das ist der Sitz des chinesischen Ministerpräsidenten. Wir halten direkt darauf zu.
    Wie bitte? Ja, selbstverständlich, wir können die Fliege steuern. Sonst würden wir wahrscheinlich im nächsten Misthaufen landen, nicht wahr, ha ha? Dirigieren ist das bessere Wort, ja. Kleine elektrische Impulse, die die Flugrichtung beeinflussen. Es funktioniert ziemlich gut – jedenfalls haben die Jungs eine Menge erstklassiger Aufnahmen aus Damenumkleideräumen … Oh, Verzeihung, Frau Außenminister.
    Wie auch immer, diese Fliege ist vor einigen Tagen von einem ferngelenkten Miniatur-U-Boot an der nordchinesischen Küste ausgesetzt worden und hat sich in langen Flugetappen Richtung Peking bewegt. Die Funksignale sind natürlich verschlüsselt und werden per Satellit … Die Energie? Ja, Sie haben recht. Das ginge nicht, wenn wir der Fliege auch noch eine Batterie hätten aufbürden müssen; damit wäre sie auch nicht weit gekommen. Nein, die elektrischen Anschlüsse im Körper der Fliege beziehen ihre Energie direkt aus den Zellen, über einen elektrochemischen Prozess, den ich, ehrlich gesagt, nicht verstanden habe. Der Professor kann Ihnen das nachher sicher besser erklären als ich. Nein, billiger ist es auf keinen Fall. Die Umrüstung dieser Fliege hat ungefähr fünfzehn Millionen US-Dollar gekostet. Wobei man berücksichtigen muss, dass sich dieser Betrag reduzieren wird, sobald wir über das Prototyp-Stadium hinaus sind. Ich sage das, weil der Herr Staatssekretär hier einen Moment blass wurde … Nichts für ungut, Jim!
    So – das müsste das Fenster zum Büro des Ministerpräsidenten sein. Wir lassen die Fliege auf der Fensterscheibe landen, sodass wir hineinschauen können. Hervorragend. Punktlandung. Die Fliege dreht sich einmal auf der Stelle, damit unsere Jungs in der Steuerung sich in Ruhe umschauen können. Ich schätze mal, sie werden die Lüftungsklappe dort oben nehmen … Richtig. Sicherheitshalber bleibt die Fliege am Boden, beziehungsweise an der Scheibe, weil … fünfzehn Millionen Dollar, dafür kann man eine Menge Cadillacs kaufen, nicht wahr?
    Ah! Fliegengitter! Das ist jetzt natürlich ein Hindernis. Aber ich schätze, jeder von Ihnen kennt das – man glaubt, man hat das ganze Haus abgedichtet, und trotzdem kommen die Biester irgendwie rein. Ja, und was soll ich sagen: Seit wir mit der Fliege durch die Gegend schwirren, wissen wir auch, warum. Wie die das machen. Sehen Sie, hier hat das Fliegengitter im Fenster des chinesischen Ministerpräsidenten eine Lücke. Die haben nicht wir gefunden, die hat die Fliege selber gefunden. Die Burschen aus der Steuerzentrale haben ihr nur das dringende Bedürfnis eingegeben, in den Raum dahinter zu gelangen, und siehe da, unsere Fliege findet einen Weg. Und drin sind wir!
    Das ist der besondere Vorteil dieses Verfahrens – dass das Tier lebt. Es ist kein Roboter, kein ferngesteuertes Flugobjekt – es ist ein Lebewesen, das wir lediglich dorthin lenken, wo wir es haben wollen. Alles andere macht es selber. Es fliegt, es versorgt sich mit Nahrung – um all das müssen wir uns nicht kümmern.
    So, Ladys und Gentlemen, das ist jetzt der Anflug auf den Schreibtisch. Nein, nein, das ist keine Aufzeichnung, das ist alles live. Natürlich laufen Recorder mit, außerdem sitzen Agenten mit hervorragenden Kenntnissen des Chinesischen im Nebenraum … Wie bitte? Ja, ich glaube, Sie haben recht – die zweite Person ist der Verteidigungsminister! Gut möglich, dass die Papiere auf dem Tisch geheime militärische Unterlagen sind. Sehen Sie nun, wie wunderbar das ist? Eine unscheinbare, absolut unverdächtige Fliege ist unser Auge und unser Ohr. Bitte sehen Sie mir meine Begeisterung nach. Ein harmloses Insekt, nicht der Rede wert, krabbelt am Rand des Tisches, an dem diese beiden Männer sitzen, und sie kommen nicht im Traum auf die Idee, dass sie belauscht und beobachtet werden. Eine kleine Schmeißfliege, die ein besserer Agent ist, als James Bond es je …
    Oh!
    Das ist jetzt

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