Eine unberührte Welt
glitten an seinem Gewand hinab und lösten sich auf.
»Nun?«, fragte eine Stimme aus dem Nichts. »Beeindruckt dich das?«
Adison nickte. »Ja.«
Cohanur nahm wieder Gestalt an, so übergangslos, wie man das Licht einschaltet. »Nun, mein Freund, sag mir, was du von mir willst. Warum du mich gerufen hast.«
»Ich wollte wissen, wer du bist. Warum du hier herumläufst, in diesem … merkwürdigen Aufzug. Warum du die Leute in Angst und Schrecken versetzt.«
»Ich versetze sie nicht in Angst und Schrecken. Ich erinnere sie nur an etwas, an das sie nicht erinnert werden wollen«, sagte Cohanur und entblößte wieder seine faulen, lückenhaften Zähne. »Die Wahrheit.«
»Die Wahrheit? Was für eine Wahrheit soll das sein?«
»Das willst du wissen, nicht wahr? Ich weiß, dass du das wissen willst. Die Wahrheit. Die Frage ist nur, wie sehr willst du es?« Cohanur trat heran, bis sein Körpergeruch schier unerträglich wurde. »Die Wahrheit, mein Freund aus der Vergangenheit, ist schrecklich. Was ich wissen wollte, war, ob du im Stande bist, dich ihr zu stellen. Deshalb habe ich dich beobachtet.«
Adison spürte, wie seine Kinnladen sich verkrampften. »Du redest Unsinn.«
»Stimmt. Es ist Unsinn, darüber zu reden. Was immer ich erzählen würde, es bliebe wirkungslos. Nein, mehr als das ist nötig. Es ist nötig, dass du dich mir anvertraust. Ich muss dich mit mir nehmen.« Die wässrigen Augen musterten ihn. Die faltigen Augensäcke zuckten. »Nun, was ist – willst du die Wahrheit kennenlernen?«
»Das ist doch ein Trick«, erwiderte Adison.
»Was ist ein Trick? Was ist Wahrheit?« Cohanur begann, um ihn herumzugehen. »Du siehst so aus, als könntest du die Wahrheit ertragen. Ja, du siehst so aus …«
»Und? Als Nächstes muss ich dir erlauben, mich zu berühren, schätze ich.«
Cohanur lachte. »Du glaubst ihnen immer noch …! Nein, das ist nicht nötig. Sag einfach ja, das genügt.« Er hob mahnend den Finger. »Und überlege dir, ob es dir wirklich lieber wäre, wenn ich ginge und du nie wieder von mir hörst, dein ganzes restliches Leben lang nicht. Überleg es dir gut.«
Adison sah den gnomenhaften Mann an, sein schiefes Gesicht, die lauernden Augen, deren Blick ihn anzusaugen schien. Kein Entkommen schien es zu geben, keine andere Wahl. Unmöglich, dieses Angebot abzuschlagen, das Rätsel ungelöst zu lassen für alle Zeiten. Unmöglich, nein zu sagen.
Doch da war dieser modrige Geruch, nach Verliesen, nach Zerfall, nach verrottenden Abfällen. Cohanur war der Versucher. Der Dämon. Unmöglich, ihm ein Ja zu geben.
Adison stand, starrte, wusste nicht, was tun. Der Blick. Der Gestank. Mit einem Schrei wandte er sich ab, begann zu laufen, zu rennen. Als wäre der Teufel hinter seiner unsterblichen Seele her. Früher hatte man so gesagt, in der alten Welt, in der alten Zeit, an die er sich kaum noch erinnerte. Er rannte, keuchte, und plötzlich waren ringsum wieder Bäume, tauchten Büsche und Sträucher auf, nahm der Weg Kurven, die er vorher nicht gehabt hatte. Nur weg. Zu viel gewagt. Zu viel riskiert. Er sah nicht einmal mehr zurück. Bestimmt war Cohanur verschwunden, aber vielleicht auch nicht, und er hatte Angst vor diesem Blick. Und davor, zur Salzsäule zu erstarren.
Erst als er die Nähe der Gebäude erreicht hatte, wagte er es, den Schritt zu verlangsamen. Niemand war hinter ihm her. Alles war in Ordnung. Die Sonne sank über den Hügeln im Westen herab, ihr Licht ließ die fliegenden Städte in der Ferne bernsteinfarben aufleuchten. Auf dem von funkelnden Springbrunnen eingerahmten Vorplatz stiegen ein paar Männer in ein Fluggerät, das dicht über dem Boden schwebte, eine Hand voll Frauen winkten ihnen zum Abschied. Alles war, wie es sein sollte.
Adison nahm einen der hinteren Eingänge, um niemandem zu begegnen. Das Antischwerkraftfeld trug ihn durch einen gläsernen Schacht zu seinem Wohnraum empor. Er warf seine Kleidung in den Vernichter, ließ sich in der Dusche von vibrierenden, heißen Wassernebeln reinigen und schlüpfte in neue Gewänder.
Als er an sein Bett trat, fand er auf dem Kopfkissen einen unscheinbaren kleinen Zettel. Darauf stand, in schiefen, hässlichen Buchstaben: »Mach dich bereit!«
Adison starrte die Schrift an. Sie schien auf dem Papier förmlich zu tanzen, zu vibrieren vor böser Kraft. Er knüllte den Zettel zusammen, zerpresste ihn in der Faust, sah sich um. Hier konnte er nicht bleiben.
Er rannte hinaus, die Rampe hinab, zu Eleas Räumen, hoffend,
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