Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Erden. »Du wirst es nicht glauben. Warte nur, bis du das Datum hörst!«
Die künstlich aufgebaute Spannung ging mir allmählich auf die Nerven. »Und wann ist das nun?«
»Hör gut zu.« Mindy lehnte sich vor. »Ich heirate am ... siebten Mai .«
»Am siebten Mai?«, wiederholte ich tonlos.
»Hey«, meinte Hubert, »das ist Lolas Geburtstag.«
Meine Stimmung sank. »O nein, nicht an meinem Geburtstag!« Sollte ich ausgerechnet an dem Tag dreißig werden, an dem meine jüngere Schwester heiratete? Wie erbärmlich war das denn?
»Warum nicht? Hast du da etwa schon was Besseres vor? Es ist doch perfekt. So wirst du nie meinen Hochzeitstag vergessen und immer genau wissen, wie lange ich verheiratet bin – einfach dein Alter minus dreißig!«
»Heiratest du wirklich am siebten Mai?« Ich konnte es kaum aussprechen. O bitte, lass das nur einen Scherz gewesen sein! Ich würde ihr diesen Schreck sogar verzeihen, wenn sich letztlich alles als blöder Witz auf meine Kosten entpuppen sollte.
»Ich weiß, was du denkst«, sagte Mindy. »Wie, um alles in der Welt, will ich das Ganze in nur drei Wochen geregelt bekommen? Aber ich habe an alles gedacht. Nur die Brautjungfernkleider müssen wir von der Stange kaufen.« Sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen: Was würdest du sonst vorschlagen? »Mein Kleid habe ich zum Glück ja schon ewig.« Sie zahlte es bereits seit zwei Jahren ab. »Bei allem anderen müssen wir dann entweder Abstriche machen oder extra
bezahlen. Jessica hat alle Gäste schon informiert und die meisten können trotzdem kommen. Es ist alles arrangiert.«
»Wir haben wirklich schwer geschuftet, um das hinzukriegen«, fügte Jessica hinzu. Sie legte eine Hand auf das Jahrbuch auf Huberts Schoß.
»Wie lange wisst ihr das denn schon?« Ich fragte mich, ob ich das Ganze nicht einfach absagen könnte. Ich zerbrach mir den Kopf nach einer legitimen Entschuldigung, die Hochzeit meiner Schwester zu verpassen. Das Nachbarschaftsfest? Nein danke. Notfalloperation? Unmöglich zu planen. Autounfall? Würde eine Beschädigung meines Autos erfordern. Berufung als Geschworene vor Gericht? Hätte ich gewusst, wie ich das hinbekomme, hätte ich mich sofort freiwillig gemeldet. Es wäre ideal – keine Schmerzen, keine Hotelrechnung. Tut mir leid, Mindy, ich würde deiner Hochzeit ja liebend gern beiwohnen, aber leider muss ich meiner Pflicht als Staatsbürgerin nachkommen ...
»Ach«, meinte Mindy, »das wissen wir schon seit fast zwei Wochen, aber ich wollte dir die Nachricht persönlich überbringen. Dann hat Mom dir also nichts gesagt? Sie musste mir hoch und heilig versprechen, nichts zu verraten.«
»Nein, Mom hat nichts gesagt.« Ich dachte an das letzte Telefongespräch mit meiner Mutter und wie sie immer wieder nachgefragt hatte, ob ich Mindy in letzter Zeit gesehen hätte. Ich hatte es als weiteren Versuch gewertet, uns in Freundschaft zu vereinen, aber tatsächlich hatte sie nur wegen des geänderten Termins nachhaken wollen.
Mom war eine Verräterin.
»Du siehst gar nicht glücklich aus«, kommentierte Jessica. »Nicht viele Bräute würden diesen besonderen Tag mit ihrer Schwester teilen!«
»Ich bin nur ...« Ich rang um die richtige Formulierung. »… überrascht.«
»Und jetzt kommt das Beste«, fuhr Mindy strahlend fort.
Was denn noch? Ich machte mich auf alles gefasst.
»Ich habe mit der Frau von der Konditorei gesprochen. Eine nette kleine Deutsche namens Hilda.« Das sagte sie zu Hubert, der nickte, als würde er Hilda kennen. »Und sie hat eingewilligt, uns eine extra Torte zu backen.« Sie hob beide Hände. »Ta-da! Schokoladentorte mit Schokoglasur!«
Es herrschte Stille, während sie auf eine Reaktion wartete. »Für diejenigen, die Schokolade lieber mögen?«, riet ich schließlich.
»Nein, du Dummerchen«, erwiderte Mindy. »Für deinen Geburtstag. Schoko mit Schoko – dein Lieblingskuchen. Ich dachte, wir lassen die Torte auf so einem Wagen reinfahren, wie beim Zimmerservice, mit angezündeten Kerzen. Dann verkündet Chad, dass du deinen dreißigsten Geburtstag hast, und ich stimme ›Happy Birthday‹ an.«
»Bitte, nein!« Ich merkte, dass mir das Blut in die Wangen schoss.
»Sie ist immer so schüchtern«, sagte Mindy zu Hubert. »Aber wenn sie erst einmal im Rampenlicht steht, wird sie es genießen.«
»O nein, ich werde es nicht genießen«, widersprach ich. »Tu mir das bitte nicht an.«
»Das wird toll«, beharrte Mindy, als hätte ich gar nichts
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