Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
perfekt. Das Essen ist fast fertig. Ich hoffe, du hast Hunger mitgebracht.«
Ups. »Oh, nein Hubert, das tut mir leid. Ich bin schon zum Essen verabredet.«
Er runzelte die Stirn. »Seit wann? Als ich dich heute Morgen fragte, hattest du nichts weiter vor. Du hast sogar gesagt, wir könnten heute Abend einen Film ausleihen.«
»Ich weiß, aber Ryan kam heute im Büro vorbei und hat mich eingeladen.«
»Ryan?«
»Der Typ, den ich durch Piper kennengelernt habe.«
»Das ist aber äußerst kurzfristig für eine Verabredung, findest du nicht? Ich bin überrascht, dass du dich darauf eingelassen hast.« Er klang missmutig.
»Er ist erst heute von einer Geschäftsreise zurückgekommen.« Ich wusste zwar nicht genau, ob das stimmte, aber es klang gut. »Ich dachte mir, du hast bestimmt nichts dagegen. Ich wusste ja nicht, dass du kochen wolltest. Wenn du die Sachen bis morgen Abend aufhebst, können wir ja dann zusammen essen. Oder wenn du jemanden einladen möchtest, wäre das auch okay.«
»Ich weiß, dass ich jemanden einladen kann, aber ich wollte mit dir essen.« Er hob die Arme wie ein Chirurg, der sich gerade die Hände desinfiziert hatte.
»Tja, das tut mir leid. Aber ich bin nicht da.«
Er schlug die Topfhandschuhe zusammen, als wäre ihm gerade eine Idee gekommen. »Wie lange wirst du denn ungefähr weg sein? Denn für später hätte ich auch noch eine Idee!«
»Ich weiß es noch nicht. Es kann spät werden.« Ich hoffte , es würde spät werden. »Lass uns heute lieber nichts mehr planen.«
»Also gut.« Er seufzte. »Dann muss ich mir etwas anderes überlegen. Jetzt weiß ich nicht mehr, was ich machen soll.«
»Wir können ja ein andermal einen Film ausleihen.« Ich sah auf die Uhr – die Dusche wartete sowie eine Verabredung mit meiner Pinzette. Bevor ich überhaupt daran denken konnte, mich aus dem Haus zu wagen, musste ich den Wildwuchs meiner Brauen zurückstutzen.
»Es geht nicht um den Film«, sagte Hubert. »Was ich eigentlich gehofft hatte, war ...« Hinter ihm ging die Ofen-Zeitschaltung los: piep, piep, piep, piep ...
»Geh lieber nachsehen«, meinte ich. »Und ich muss mich jetzt schnell fertig machen. Wir unternehmen morgen etwas zusammen, okay?«
»Okay.«
Er sah aus wie ein Kind, das man an der Bushaltestelle vergessen hatte. Irgendwie war das kurios. Vor einer Woche noch hatte ich meinen alten Freund seit Monaten nicht mehr gesehen und jetzt, wo sich endlich mal ein Mann für mich interessierte, erwartete Hubert, dass ich jede freie Minute mit ihm verbrachte. Nun, er würde warten müssen.
Während ich mich zurechtmachte, fiel mir ein, dass ich demnächst mal wieder neue Kosmetika bestellen könnte. Und wenn ich den Computer dann schon mal angestellt und die Kreditkarte parat hätte, könnte ich auch ein Paar neue Schuhe kaufen. Piper hatte metallic-bronzefarbene Sandaletten, die einfach fantastisch aussahen. Sie passten zu allem und waren richtig süß. Ich musste unbedingt fragen, woher sie die hatte. Auch ein Ausflug ins Einkaufszentrum wäre keine schlechte Idee, überlegte ich weiter. Ich kaufte meine Kleidungsstücke gern einzeln – ein neues Top hier, eine Jeans da –, aber Piper predigte mir seit Jahren, ich müsse komplette Outfits kaufen, mit Accessoires und allem Drum und Dran. Das hörte sich nach viel Geld und Mühe an, doch mittlerweile leuchteten mir die Vorteile ein.
Aber selbst mit meiner unvollständigen Garderobe konnte ich etwas Passendes für den Abend zusammenstellen. Ich hatte mir außerdem angewöhnt, beim Föhnen die Rundbürste
einzusetzen, so dass mein Haar glatt und voll wirkte. Mit etwas Anstrengung und Make-up sah ich schließlich einigermaßen vorzeigbar aus. Es würden sich keine Köpfe nach mir umdrehen, aber wenn ich lächelte, war ich annehmbar attraktiv. Ich übte mein Mienenspiel vor dem Badezimmerspiegel und war entsetzt, als mir auffiel, dass mein »Interessiertes Zuhörer«-Gesicht tatsächlich wie kritisches Stirnrunzeln aussah, mit einer hässlichen senkrechten Falte zwischen den Augen. Ich würde daran denken müssen, anders zu gucken. Mit neutralem Gesichtsausdruck wirkte ich leicht debil. Mein Halblächeln mit leicht geneigtem Kopf war in Ordnung, aber es würde seltsam wirken, wenn ich es zu oft einsetzte.
Als ich nach unten kam, war ich überrascht, Ryan und Hubert ins Gespräch vertieft im Wohnzimmer vorzufinden. Ich hatte die Türklingel nicht gehört und es war noch nicht halb sieben – ich hatte genau auf die Zeit
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