Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
da bist«, sagte sie, während ich das Wasser anstellte. »Ich wollte ihn nicht allein lassen und Mike hat schon dreimal angerufen. Brandon zahnt gerade und schreit aus Leibeskräften, seit ich weg bin.«
»Piper, was ist mit Hubert passiert?« Wie ein Chirurg hielt ich beide Arme unter laufendes Wasser.
Sie sah mich verständnislos an. »Hat Brother Jasper dir nichts erzählt?«
»Nicht viel.«
Piper sah auf die Uhr. »Da gibt es nicht viel zu erzählen.
Anscheinend ist Hubert zur Michael’s Gallery gegangen, weil er wusste, dass Kelly dort für morgen ihre Ausstellung vorbereitet. Er geht rein und siehe da! Kelly steht vor ihm, eng umschlungen mit einem anderen Kerl, jemandem, den er kennt. Wie sich herausstellt, haben sie hinter seinem Rücken schon monatelang rumgemacht, ohne dass er es gemerkt hat.« Hinter uns klingelte ein Handy – die Titelmelodie von Goldfinger . Wir drehten uns um. Die Musik kam aus Pipers Handtasche, die auf meinem Küchentisch stand.
»Geh nicht ran«, sagte ich.
»Ich muss.« Piper zog das Handy aus einem der vorderen Fächer und klappte es auf. »Ja?« Sie formte mit den Lippen das Wort »Mike« – als ob mir das nicht klar gewesen wäre! »Lola ist gerade zurückgekommen und in ein paar Minuten fahre ich los. Okay. Ich dich auch. Bis gleich.«
Ich trocknete meine Arme mit einem Geschirrtuch ab. »Nachdem Hubert also aus der Galerie kam, hat er sich betrunken?«
Sie steckte das Handy zurück in die Handtasche. »Er ist ins Carousel gegangen.«
Ah, die Bar mit dem passenden Namen – früher eine unserer Lieblingskneipen.
»Und dann«, fuhr sie fort, »traf er einen anderen Typen, den er kannte, einen Bekannten von Kelly, und wie sich herausstellte, wusste jeder aus dem Kreis Bescheid, dass Kelly ihn betrog. Dieser Typ fing sogar selbst davon an, kannst du dir das vorstellen? Ich meine, also ehrlich, warum sollte jemand so was tun?« Sie schüttelte den Kopf. »Wirklich blöd. Ich glaube, da begann Hubert Schnaps zu bestellen. Als Kellys Bekannter sah, dass er sich auf der Toilette übergeben musste, schnappte
er sich Huberts Handy und rief mich über die Kurzwahltaste an. Übrigens solltest du wirklich dein Handy eingeschaltet lassen. Du warst auf der Eins, aber nicht zu erreichen.«
»Okay.« Ich würde es mir merken.
»Als ich ankam, konnte er sich kaum noch aufrecht halten. Er presste die Hände auf den Magen und jammerte, er habe Schmerzen. Wäre Brother Jasper nicht gekommen, hätte ich ihn nie vom Auto ins Haus schaffen können.«
»Meinst du, es wird jetzt gehen? Oder sollen wir einen Arzt rufen oder so etwas?«
»Ich glaube, er wird morgen einen höllischen Kater haben. Ansonsten wird er es überleben. Körperlich zumindest. Gefühlsmäßig ist das eine andere Sache. Im Auto war er ganz fertig und fragte dauernd, wie Kelly ihm so was antun konnte. Ich habe versucht, mit ihm zu reden, aber das war ziemlich sinnlos. Als wir hier waren, tauchte noch deine andere Nachbarin auf, und wir hievten ihn auf die Couch. Wir haben Kaffee gekocht, aber er wollte keinen.«
»Tut mir leid, dass du Myra ertragen musstest.« Ich senkte die Stimme für den Fall, dass sie uns vom Wohnzimmer aus hören konnte. »Sie ist wirklich ein bisschen verrückt.«
Piper hob erstaunt die Augenbrauen. »Oh, nein, sie war eine große Hilfe. Zuerst einmal kennt sie sich hier im Haus wunderbar aus. Und dann sind wir ins Gespräch gekommen und sie ist wirklich eine interessante Frau. Ich habe ihr von Brandon erzählt und sie erzählte mir von ihrer kleinen Tochter, die gestorben ist. Das ist ja so traurig. Und einige Jahre später sind dann auch noch ihr Mann und kurz darauf ihre Eltern verstorben – schrecklich! Das ist wirklich tragisch. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man mit so etwas zurechtkommt.
Wie lebt man da weiter?«
Vielleicht, indem man stundenlang im Garten arbeitet und mit Gartenzwergen redet? Auf einmal bekam ich ein schlechtes Gewissen. Ich hatte sie sofort in eine Schublade gesteckt, aber nie darüber nachgedacht, warum Myra so war, wie sie eben war.
»Ich muss los«, sagte Piper und schob ihre Tasche in die Ellenbeuge. »Ruf mich morgen an und sag Bescheid, wie es ihm geht.«
»Das werde ich.«
»Sag ihm, falls er sich dann besser fühlt, gehe ich morgen in die Galerie und richte einen Flammenwerfer auf Kellys Skulpturen.«
»Damit fühlt er sich vielleicht nicht besser, aber ich würde es gerne sehen!« Ich stellte mir vor, wie die blöden Papierskulpturen in
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