Eine ungewöhnliche Behandlung (Dr. Ben und Lara, White Romance) (German Edition)
Ben. Und wenn es keine Alternativen gab, dann musste man die Zähne eben zusammen beißen. Sie band sich die Haare zusammen und nickte so überzeugend wie möglich. »Ja, einverstanden!«
Tim reichte ihr beide Hände und zog sie hoch. Ein letztes Mal ließ Lara ihren Blick schweifen.
»Lass uns noch ein Foto machen!«
Tim starrte sie überrascht an.
»Na komm! Wir haben Urlaub und Ben soll mal sehen, was er verpasst hat!« Lara winkte Tim zu sich und mit dem Selbstauslöser knipsten sie ein Bild, bei dem beide vor einer atemberaubenden Bergkulisse posierten. Dann legte Tim seinen Arm um ihre Hüfte und Lara ihren auf seine Schulter.
»Tss!« Der erste Schritt tat höllisch weh. Der Zweite auch. Und der Dritte ebenso. Lara fühlte Tims kritischen Blick auf sich und wusste, dass er jeden Augenblick abbrechen würde, sollte der Marsch unzumutbar werden. Aber wem wäre damit geholfen? So schön die Berge auch waren, sie hatte genug von der Natur und sehnte sich nach den Annehmlichkeiten der Zivilisation, allen voran Schmerztabletten, ebenso einem Suchtrupp für Ben, dicht gefolgt von Krücken.
Nach und nach gewöhnte Lara sich so gut es ging an den anhaltend stechenden Schmerz in ihrem Fuß. Sie zählte ihre Schritte immer wieder bis Zwanzig. Wenn sie die nächsten Zwanzig schaffen würde, dann doch wohl auch weitere Zwanzig. Dabei trieb sie nur eine Hoffnung an: Wenn sie ankäme, dann würde sie Ben sehen. Bestimmt relaxte er in der Sonne und würde lässig rufen: »Na kommt, ihr auch schon! Ich war Erster!« Vielleicht würde er auch gar nichts sagen, weil er noch sauer wäre. Aber das wäre egal. Sie würde Ben in einem Stück wiedersehen und er würde lächeln. Das Bild motivierte sie ungemein. Sie wollte, dass er ihr sein Lächeln schenkte und seine Augen sie anfunkelten und–
»Ahhh!« Der Schmerz schoss so stark durch ihr Bein, dass Lara für einen Augenblick Sterne sah und ihr kalter Schweiß ausbrach. Erst im nächsten Moment begriff sie, dass Tim sie alarmiert hielt. Sie hatte glatt schon wieder geträumt und war falsch aufgetreten! Mit dem gleichen Fuß!
»Komm, lass uns kurz anhalten!« Tim ließ sie bereits los.
»Ich kann noch ein bisschen«, blieb Lara stur, konnte aber kaum einen Meter alleine gehen.
»Du musst mir nichts vormachen. Schon vergessen, ich bin Arzt.«
Nein, das würde Lara garantiert nie wieder vergessen. Dennoch wollte sie weiterlaufen. »Wenn wir jetzt eine Pause einlegen, dann tut es nachher noch mehr weh, wieder anzufangen.« Lara wusste, wovon sie sprach. Jeder Meter forderte schon so alles von ihr.
Tim seufzte, spielte jedoch seine Trumpfkarte: »Ich weiß das, Lara. Ehrlich. Aber wenn Ben erfährt, dass ich dich ohne Rast durch die Prärie gescheucht habe, dann macht er mir mit Fug und Recht die Hölle heiß.« Lara schaute betroffen. »Außerdem bin ich immer noch Arzt und du keine besonders gute Schauspielerin. Ich sehe, dass du ganz dringend eine Pause brauchst. Wir kommen schon an, Lara, keine Sorge. Also?«
»Okay.« Lara musste sich wohl oder übel geschlagen geben und nickte ergeben.
An einer einigermaßen ebenen Stelle hielten sie an und ganz vorsichtig ließ sich Lara auf einen Stein sinken. Für einen Moment atmete sie tief durch und nahm das erste Mal wieder ihre Umgebung wahr. Der Wind fegte stürmisch über die Bergkämme. Irgendwo musste eine Quelle sein. Lara hörte das Wasser friedlich dahin plätschern. Ob Ben hier auch vorbeigekommen war? Wie bei Hänsel und Gretel hielt sie nach Brotkrümeln Ausschau und hoffte auf ein geheimes Zeichen. Aber da war nichts.
Wo steckte er nur? Lara fühlte sich elend. Das alles hätte sie wirklich gerne mit Ben geteilt. Er wäre bestimmt als Erster zur Quelle gegangen und hätte die Wasserflaschen neu befüllt. Dann hätte er ihr bestimmt kindisch das kalte Wasser auf den Nacken gespritzt und sie wäre lachend und kreischend davon gerannt. Nur um sich Sekunden später doppelt und dreifach zu rächen. Sie wären klatschnass gewesen und ehe Tim sie hätte tadeln können, hätten sie ihn auch nass gespritzt und sie alle hätten sich zu dritt von der Sonne trocknen und wärmen lassen müssen. Das wäre doch eine schöne Urlaubserinnerung! Und nicht dieser Mist!
Warum machten Gefühle nur alles so kompliziert? Tim war natürlich nun bei ihr. Aber das war nicht das Gleiche. Egal, ob er sie nun anziehend fand oder nicht. Seit dieser einen Nacht, in der sich Ben und Lara das erste Mal zärtlich zugeflüstert hatten, dass sie
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