Eine ungewöhnliche Behandlung (Dr. Ben und Lara, White Romance) (German Edition)
verdient hatte. Wegen so ein bisschen Neckerei, noch dazu gegenüber seinem Bruder, war Ben echt durchgedreht! Sie konnte es immer noch nicht glauben. Berater Ben, der für jede Krise eine Lösung hatte, der schon so ziemlich jedes Malheur erfolgreich durchgestanden hatte, der ihr noch die Leviten gelesen hatte, wenn sie nicht auf sich aufpasste. Und nun hielt er sich selbst nicht an seine eigenen Prinzipien!
Lara gestand es sich nur ungern ein, aber sie hatte ziemlich große Angst um Ben. Sie wollte nicht wissen, was einem da draußen alleine so alles passieren konnte. Abgründe, Felsspalten, ein falscher Schritt, ein Sturz, wilde Tiere, die Nacht in ihrer ganzen, dunklen Grausamkeit. Ihr Kopfkino verselbstständigte sich im Schutz der Dunkelheit. Ihr schauderte, doch sie konnte die Gedanken nicht abwenden.
Müde und mit wieder stärkeren Schmerzen drehte sich Lara hin und her und hoffte auf den nächsten Tag. Fröstelnd zog sie sich den Schlafsack enger. Aber die Kälte, die sie zittern ließ, kam wahrscheinlich gar nicht mehr von der Nacht, sondern von ihrem besorgten Herzen. Sie hoffte inständig, dass Ben jeden Augenblick ins Zelt gekrabbelt käme, lächelnd und gut gelaunt und so herrlich warm und dann würde er so etwas Absurdes sagen, wie: »Guten Morgen, Prinzessin, ich war Brötchen holen!«
5 - Gerettet
»Er ist nicht da.« Fassungslos schweifte Laras Blick beim ersten Morgenlicht über das Camp. Von Ben fehlte noch immer jede Spur. Soweit ihr Auge reichte nur Felsen, Steine, Berge! Wehe, ihm war da draußen etwas passiert!
»Geht es dir gut?« Tim reichte ihr Kaffee. Obwohl die Sonne erst aufging, hatte auch er nicht lange schlafen können und war früh auf den Beinen.
Müde blinzelte Lara in die Sonne. »Ich dachte wirklich, wenn ich die Augen öffne, dann ist dieser Alptraum vorbei.« Ben wäre wieder bei ihr und ihr Bein würde nicht so weh tun. Man sollte die Hoffnung schließlich nie aufgeben.
»Du siehst müde aus.«
»Ich bin müde.« Lara hatte noch nie eine ganze Nacht lang wach gelegen. Wie langsam doch die Zeit vergangen war! Sie hatte auf jedes Geräusch gehört und bei jedem Knacken für einen Augenblick geglaubt, dass Ben käme. Sie hatte in der Dunkelheit auf der Lauer gelegen und gehofft. Mehr nicht. Doch da Bens vertraute Gestalt nicht aufgetaucht war, mussten wohl Tiere für die Geräusche verantwortlich gewesen sein. Oder der Wind. Und diese Vorstellung hatte ihr noch weniger gefallen. Dankbar nahm sie den warmen Kaffee in beide Hände.
»Und dir ist kalt?« Tim rieb über ihre Schultern.
Lara nickte, zog sich nun auch Bens Pullover über und inhalierte seinen vertrauten Geruch, der sie plötzlich umgab. Wie die Nacht zuvor war auch diese recht frisch gewesen. Aber wenn sie schon fror, wie dann erst Ben! Sommerlich leicht bekleidet war er davon gestürmt. Sein Pullover war noch hier und wärmte nun sie statt ihn. Wieder stiegen ihr Tränen in die Augen.
»Wir sollten aufbrechen, Lara.«
»Aber wenn er zurück kommt!«
Tim begann die notwendigsten Sachen zusammenzupacken. »Je schneller du behandelt werden kannst, desto besser. Ben würde es nicht anders wollen.« Tim verstaute das Zelt »Schau mal, er hat gestern diesen Weg dort genommen!« Tim zeigte auf einen Pfad, der leicht bergab führte. »Das ist unsere Route.«
»Du meinst, er ist einfach alleine weiter gewandert?«
»Genau davon gehe ich aus. Mein Bruder mag ein Sturkopf sein. Aber er ist nicht dumm und hegt Todessehnsüchte.«
»Sicher?«
»Oh ja, ganz sicher.« Tim lachte so offen und optimistisch, dass Lara Mut schöpfte. Dann fiel ihr auf, dass Tim nicht alle Sachen einpackte.
»Was ist damit?« Sie zeigte auf Kochtöpfe und anderen Kram.
»Das lassen wir hier!«
»Aber–« Tim warf ihr einen warnenden Blick zu und Lara ließ es gut sein. Stimmt, es war die richtige Entscheidung. Zu zweit konnten sie unmöglich alles tragen. Und es waren nur Dinge. Die konnte man bei Gelegenheit ersetzen.
»Ich sag dir, wie wir es machen. Ich nehme den großen Rucksack, du den kleinen.« Er zeigte auf das Dreißig-Liter-Modell, das nicht voll bepackt war. »Ich stütze dich an der Seite und wir laufen zusammen. Langsam aber sicher. Meinst du, du schaffst das?«
Lara schloss kurz die Augen und ging in sich. Ehrlich gesagt, wenn sie an ihr Bein dachte und daran, wie furchtbar weh es tat, dann war sie sich nicht sicher, überhaupt fünf Meter voran zu hinken. Aber sie konnte hier nicht ewig bleiben. Sie wollte zu
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