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Eine ungezaehmte Lady

Titel: Eine ungezaehmte Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Archer
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einem Steckbrief. Er wagte es kaum, über die Konsequenzen nachzudenken, und früher oder später würde er sich ihnen stellen müssen. Aber noch nicht jetzt.
    Schließlich legte er den Katalog zur Seite, der jetzt einige Seiten weniger enthielt, nahm die Lampe und schob die Tür auf. Mondschein erhellte die Umgebung. In dem Teich nebenan quakten Frösche eifrig, um Weibchen anzulocken. Glühwürmchen schwirrten umher und jagten sich gegenseitig. Der Duft von Wildblumen erfüllte die Luft. Die Nacht schien wie für Liebende gemacht zu sein.
    Obwohl er und Lady im Leben nicht auf der gleichen Seite standen, durfte er trotzdem ihre Eigenschaften bewundern. Nicht, dass er ihr trauen würde. Das wäre so, als würde er die Warnung einer Klapperschlange missachten. Trotzdem wäre ein Mann in seiner Position ein Narr, wenn er sich nicht dort Hilfe suchen würde, wo er sie finden konnte. Er hatte ihr die Handschellen abgenommen, sie aber neben dem Haftbefehl in seiner Satteltasche verstaut.
    Ein Abend wie dieser erinnerte ihn an sein Zuhause und an Crystabelle. Er war jetzt neunundzwanzig, und er erinnerte sich noch gut an die Angst und den Hunger während des Bürgerkriegs, aber ebenso an die Wärme und die Sicherheit eines Feuers in den Winternächten in einer behaglichen Blockhütte in den Kentucky Mountains. Als sein Vater in den Krieg zog, nahm Rafe die Rolle des Mannes im Haus ein und kümmerte sich um die kleine Familie. Er war noch ein Halbwüchsiger mit dünnen Armen und Beinen, aber er jagte, fischte, hackte Holz und tat alles, um die Familie am Leben zu erhalten. Sie überlebten, aber, wie so viele der guten Männer in dieser Zeit, kam auch sein Vater nie zurück.
    Seine Mutter fühlte sich einsam und verlassen und bestand darauf, zuerst ihrer Schwester nach Arkansas zu folgen und dann nach Texas zu ziehen. Dann starben seine Mutter und seine Tante an Windpocken, und er blieb allein mit Crysta­belle zurück. Sie war drei Jahre jünger als er. Ihm war bewusst, dass sie mehr brauchte, als er ihr bieten konnte, also brachte er sie in dem Internat Bonham Female Academy in Texas unter, nachdem er sich das nötige Geld dafür erarbeitet hatte. Sie machte ihren Abschluss und arbeitete anschließend einige Jahre als Lehrerin dort, bis sie schließlich beschloss, ihn zu besuchen und eine Woche mit ihm in Fort Smith zu verbringen.
    Doch dort kam sie nie an. Sie wurde auf dem Weg von Gesetzlosen entführt und verschwand in der Wildnis des Indian Territory. Alle seine Bemühungen, etwas über ihren Aufenthaltsort oder die Männer, die sie entführt hatten, herauszufinden, waren im Sand verlaufen. Er hatte geplant, Marshal Phillips in Paris zu fragen, ob es Neuigkeiten gäbe, aber das hatte sich nun auch zerschlagen. Ein weiterer Grund, Lampkin zu verfluchen.
    Nur das Pferd ließ ihn hoffen, dass Crystabelle noch am Leben war. Entweder hatte sie Justice nach Fort Smith bringen lassen, um ihn zu informieren, dass sie noch am Leben war, oder die Banditen, die sie gefangen hielten, wollten ihn mit dem Wallach herausfordern. Er musste die Wahrheit herausfinden. Sie war das einzige Familienmitglied, das ihm geblieben war. Er liebte sie. Und er fühlte sich auch schuldig. Hätte sie sich nicht auf den Weg zu ihm gemacht, wäre sie jetzt noch in Bonham und in Sicherheit.
    Vielleicht stellte sich dieser verrückte Steckbrief noch als ­Segen heraus und half ihm dabei, Crystabelle zu finden. Lady kannte einige Gesetzlose und ihre Verstecke. Wenn Crysta­belle von Desperados als Geisel gefangen gehalten wurde, hatte Lady vielleicht die Möglichkeit, ihn zu seiner Schwester zu führen. Allerdings war Lady nicht gut auf ihn zu sprechen, seit er sie verhaftete hatte. Aber er war dafür bekannt, Frauen bezirzen zu können. Und falls das nicht funktionierte, würden ihm vielleicht Drohungen oder die Aussicht auf eine Belohnung weiterhelfen.
    Er folgte Ladys lockender Stimme, und schlich sich leise an sie heran, in der Hoffnung, dass sie ihn nicht bemerken würde, während sie sang.
    Irgendein Stromer kam daher
    Stahl mein Schätzchen und verschwand mit ihr
    Jetzt habe ich kein Schätzchen mehr.
    Nein, ich habe kein Schätzchen mehr.
    Rafe schnaubte verächtlich, als er diese Worte hörte. Lady musste sich darum wohl keine Gedanken machen.
    Er hörte, wie der Hahn eines Colts gespannt wurde und sah, wie Lady mit einer Hand ihren Sechsschüsser hob und die andere über ihre nackten Brüste legte. Es war jedoch noch genug Haut zu sehen, um

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