Eine ungezaehmte Lady
Sie konnte nur hoffen, Epona würde nicht zulassen, dass er für immer lahmen würde.
Der Zorn darüber, wie schlecht er behandelt worden war, hielt sich die Waage mit dem Glücksgefühl, das sie empfand, weil sie ihn wiedergefunden hatte. Sie richtete ihren Colt auf Pecos Pete, während Copper vor ihr stehen blieb, seinen Kopf senkte, ihr sanft gegen die Brust stieß und ihr dann sein Kinn auf die Schulter legte.
»Was um aller Welt machst du mit meinem Pferd?«, schrie Pete. Er sprang aus dem Sattel und griff nach unten zu seinem Pistolengürtel.
»Lass das lieber bleiben«, warnte Lady und trat einen Schritt zurück.
Copper bäumte sich auf, schlug dem Banditen den Sechsschüsser aus der Hand und traf ihn mit dem anderen Vorderhuf im Gesicht. Pecos Pete fiel auf den Rücken und blieb bewegungslos liegen. Aus den Wunden an seinem Gesicht tropfte Blut. Copper blähte die Nüster, beschnüffelte den Banditen und sah dann Lady an, um sich weitere Anweisungen zu holen.
»Braver Junge!« Lady hob die Pistole des Gesetzlosen auf und schob sie in ihren Pistolengürtel.
»Alles in Ordnung?« Rafe lief auf sie zu. Er warf einen Blick auf Pecos Pete und sah sie dann an. »Jetzt weiß ich, warum dir so viel daran lag, dieses Pferd zurückzubekommen.«
Sie grinste, obwohl Tränen ihr die Sicht verschleierten. »Er ist der Beste.«
Copper wieherte leise und schüttelte den Kopf.
Lady kicherte. »Er wird noch überheblich, wenn du weiter so über ihn sprichst.« Sie ging zu dem Banditen hinüber und verpasste ihm einen Tritt. »Wach auf!«
Pecos Pete schaute nach oben auf das Pferd, dessen Huf ihm jederzeit den Brustkorb eindrücken konnte, und schloss rasch seine Augen wieder.
Sie trat ihn noch einmal. »Du wirst uns einiges erzählen müssen. Wir können es dir einfach machen oder es auf die harte Tour durchziehen. Und falls du Copper geritten hast, während er hinkte, dann wirst du auch bald lahm sein.«
Pecos Pete stöhnte, ohne die Augen zu öffnen.
»Lady, kannst du beweisen, dass das dein Pferd ist?«, fragte Rafe mit einem Blick auf den Fuchs.
»Genau. Beweis es«, zischte Pecos Pete.
»Am unteren Rand des linken Ohrs befindet sich ein kleiner Schnitt in Form eines Dreiecks. Dad hat es nicht zugelassen, dass seine Pferde mit einem Eisen gebrandmarkt wurden.«
»Das beweist noch gar nichts.« Pecos Pete hustete. »Nimm dieses wertlose Vieh weg. Du kannst den Gaul behalten.«
»Copper, lass Fast John dein Ohr anschauen.« Lady strich zärtlich über die Blesse auf dem langen Gesicht des Hengstes.
»Hier ist es.« Rafe berührte die Markierung. »Pecos Pete, du wirst dich wegen Pferdediebstahls verantworten müssen. Und wegen Zerstörung von Eigentum und Kidnapping.«
»Du bist wohl sehr von dir eingenommen, was?«, höhnte Pecos Pete.
»Egal, was er von dir hält«, warf Lady ein. »Dein schlimmster Alptraum bin ich.« Ihre Stimme klang eiskalt.
38
Rafe hatte Lady noch nie so kalt und unbarmherzig erlebt. Er konnte es ihr nicht übel nehmen. Sie hatte zwar ihr Pferd zurück, aber das Tier war in keinem guten Zustand. Er hatte seine Schwester gefunden, aber sie war nicht sicher in Bonham. Er hatte den Anschlag der Lynchmeute überlebt, aber sein Gesicht war auf einem Steckbrief abgedruckt. Und das alles hatten sie Zip Rankin und seiner Bande zu verdanken, die unbekümmert mit dem Leben anderer Menschen spielten.
Zip, Pecos Pete und Heck Humby verdienten es, zu dem Richter gebracht zu werden, der keinen langen Prozess mit ihnen machen würde, aber Rafe konnte sie erst verhaften, wenn er sein Abzeichen wieder anheften konnte. Und dazu musste er sich Lampkin schnappen. Das schien keine einfache Aufgabe zu sein, aber er würde nicht aufgeben. Sein Leben stand auf dem Spiel.
Und dann war da Coppers gekerbtes Ohr. Es stand in Verbindung mit zwei ungelösten grausigen Mordfällen. Pferdezüchter waren erschossen worden. Man hatte ihre Farm niedergebrannt und ihre Pferde gestohlen. Es hatte keine Möglichkeit gegeben, der bereits kalten Spur nachzugehen. Aber Zip Rankins Name war in Verbindung damit aufgetaucht. Alle Deputy Marshals waren darauf hingewiesen worden, auf diese ungewöhnlichen Markierungen im Ohr anstatt auf die Brandzeichen zu achten, aber niemand hatte damit gerechnet, dass sie eines dieser Pferde jemals finden würden. Zumindest nicht im Indian Territory. Und nun hatte Rafe eines entdeckt.
Zu viele Verbindungen, Zufälle und Spuren, die aufeinander zuliefen wie die Fäden im Zentrum eines
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