Eine ungezaehmte Lady
Mann sein Leben auf diese Weise opfert, hat er Respekt verdient.«
»Das ist gut.« Lady presste den zusammengefalteten Unterrock auf Rafes Wunde und spürte, wie der Stoff sich mit Blut vollsaugte. »Wo warst du? Bob musste oben bleiben und nach den Gesetzlosen Ausschau halten. Er konnte nicht schießen, weil hier unten alles drunter und drüber ging.«
Burt senkte den Kopf und sah ein wenig beschämt drein. »Heck hat sich an mich herangeschlichen und mich k.o. geschlagen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich wieder zu mir kam. Ich habe mir eine riesige Beule eingehandelt. Tut mir wirklich leid.«
»Heck ist aber nicht entwischt. B u rt hat ihn dann doch noch geschnappt«, erklärte Bob.
Lady lächelte die beiden an und zog Rafes Hemd nach oben, um sich die Wunde genauer anzuschauen. Der Anblick von so viel Blut und zerfetztem Fleisch gefiel ihr nicht. »Er braucht einen Arzt.«
»In dieser Gegend werden wir keinen finden.« Bob schüttelte bestürzt den Kopf.
»Fort Smith«, meinte Burt. »Ein Ritt von zwei oder drei Tagen. Wird Fast John das schaffen?«
»Er muss es schaffen.« Sie legte Rafe die Hand auf die Stirn, um seine Temperatur zu fühlen, obwohl sie wusste, dass eine Infektion nicht so schnell einsetzte. »Kommt ihr mit uns?« Sie sah zu den beiden Brüdern nach oben. Bei dem Gedanken, Rafe allein an einen Ort bringen zu müssen, wo ihm geholfen werden konnte, wurde ihr mulmig zumute.
Burt blinzelte erstaunt. »Wir würden dich doch nicht allein mit einem verletzten Mann losziehen lassen. Zwischen hier und Fort Smith liegt raues Land.«
»Das weiß ich zu schätzen.« Sie war glücklich, dass es so viele Menschen gab, die ihr halfen. Beinahe wie Familienmitglieder. Sie verband Rafes Wunden und sah erleichtert, dass der Blutstrom ein wenig nachgelassen hatte.
»Wir sollten aufbrechen«, meinte Burt.
»Wir reiten langsam«, fügte Bob hinzu.
Die Brüder holten rasch ihre Pferde heran. Sie hoben Rafe auf Justices Rücken, und Lady stieg hinter ihm auf, um ihn festzuhalten.
»Eine Sache würde mich noch interessieren«, sagte Burt. »Was habt du und Fast John getan, um Zip dermaßen auf die Palme zu bringen?«
Lady sah ihn überrascht an. Dann erinnerte sie sich daran, dass die Brüder von draußen zugesehen hatten. »Könnt ihr zwei ein Geheimnis für euch behalten?«
Burt grinste, verpasste Bob einen Schlag gegen die Schulter und stieg auf sein Pferd.
»Es ist eine lange Geschichte.«
»Vor uns liegt ein weiter Weg«, meinte Bob und schwang sich in den Sattel.
Lady überprüfte noch einmal Rafes Verbände und stellte erleichtert fest, dass kein Blut durchsickerte. Sie warf sich eine Decke über die Schultern und zog sie über seinen Körper, um ihn warm zu halten. Dann legte sie eine Hand beschützend auf seine Brust und fühlte den langsamen Schlag seines Herzens. Ihres Herzens. Ihres Lieblings.
42
Rafe hatte Glück, noch am Leben zu sein. Und das war ihm bewusst. Er wachte bei Morgengrauen auf und fand sich in Sharlots Armen. Er hatte es geschafft, auf seinem Pferd zu bleiben, bis sie Fort Smith erreichten. Sharlot und die Hayes-Brüder hatten ihn zuerst zu einem Arzt bringen wollen, aber er hatte darauf bestanden, zu Marshal Boles zu gehen. Er wollte unbedingt vorher die vier toten Banditen abliefern, die auf von Burt und Bob geführten Pferden quer über den Sätteln hingen.
Wie sich herausstellte, hatte Boles Lampkin bereits in Verdacht gehabt. Es hatte schon seit einiger Zeit Ungereimtheiten gegeben. Zip Rankin und seine Bande hatten jahrelang eine breite, gefährliche Schneise durch das Indian Territory geschlagen. Boles hatte Rafe dafür gelobt, dass er alle vier Männer der Gerechtigkeit zugeführt hatte, und ihn wieder als Deputy Marshal eingesetzt.
Danach flogen die Tage in einem Nebel aus Ärzten, Stichen, Bädern, Salben, Essen und Trinken an ihm vorüber. Sharlots Gesicht tauchte verschwommen immer wieder auf, aber an mehr konnte er sich nicht erinnern. Das kam erst nach drei Tagen.
An diesem Morgen war er mit einem klaren Kopf aufgewacht, allerdings fühlte er sich körperlich noch geschwächt. Er zog sich seine neuen Kleider an, einen einreihigen grauen Anzug mit einem weißen Baumwollhemd. Sharlot hatte das für ihn ausgesucht und alles mit dem Geld bezahlt, das sie für ihren Auftritt bekommen hatte. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass er jemals so fein angezogen war, und er fühlte sich nicht ganz wohl dabei. Schon bald würde er wieder sein eigenes Geld in
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