Eine unheilvolle Begegnung
dass Morgans Atmung kräftiger und gleichmäßiger zu werden schien. Ganz deutlich fühlte sie jetzt den Lufthauch an ihrer Wange. Mit ihrem Knie stieß sie gegen sein Bein, doch er rührte sich nicht. Sie könnte natürlich versuchen, ihn kräftiger zu treten, aber das brachte sie nicht über sich, da er sowieso schon verletzt war. Wer wusste schon, wie schwer die Kopfverletzung wirklich war, die er davongetragen hatte? Schließlich ging sie dazu über, ihm durch den Knebel hindurch ins Ohr zu schreien. Sie brachte zwar keine richtigen Wörter hinaus, aber ihre Lautstärke wurde durch das Tuch nicht wesentlich eingeschränkt.
Diese Methode schien zu wirken, denn nach einigen Minuten Dauerbeschallung bewegte sich Morgan schließlich unruhig. Er versuchte, von ihr wegzukommen, doch sie verhinderte das, indem sie sich halb über ihn rollte. Mit ihrer Wange strich sie über seine, versuchte, ihn durch den Hautkontakt ganz wach zu bekommen. Morgan wiederum versuchte, sie von sich wegzuschieben, doch das ließ sie nicht zu. Schließlich hörte sie an seinem scharfen Einatmen, dass er wieder bei Bewusstsein war.
»Verdammt!« Seine Stimme klang schmerzerfüllt. Wahrscheinlich hatte er höllische Kopfschmerzen. Sie fühlte, wie er sich bewegte, um sich tastete. »Sam?«
»Mhmhm.«
Morgan setzte sich so ruckartig auf, dass sie von ihm herunterrollte und schmerzhaft mit ihrem Kopf auf dem Boden aufschlug. Gleich darauf lag auch Morgan schwer atmend wieder neben ihr. Sie wartete, bis er sich wieder etwas beruhigt hatte, dann stupste sie mit ihrem Fuß erneut an sein Schienbein.
»Sag doch was, Sam!«
»Mhmhm.«
Suchend glitten seine Finger über ihren Körper bis zu ihrem Gesicht. Als er den Knebel entdeckte, stutzte er und fluchte dann unterdrückt. Etwas ungeschickt nahmen seine Finger den festen Knoten in Angriff, der sich an ihrem Hinterkopf befand. Nach einigen Minuten, in denen nur sein keuchender Atem zu hören war, hatte er ihn endlich gelöst und zog den Knebel vorsichtig aus ihrem Mund. Der feuchte Stoff war an ihrer trockenen Schleimhaut festgeklebt und riss ihre empfindliche Haut auf, als er entfernt wurde. Sam stieß einen Schmerzenslaut aus und versuchte zu schlucken. Gott, ihr Mund und Hals fühlten sich an, als hätte sie seit Stunden in der Wüste gelegen. Was würde sie jetzt für einen Schluck Wasser geben! Morgan schien ihre Gedanken nachvollziehen zu können, denn er beugte sich über sie und berührte mit seiner feuchten Zunge vorsichtig ihre Lippen. Sam öffnete dankbar ihren Mund.
Schließlich hatte sie wieder genug Feuchtigkeit im Mund, um vernünftig sprechen zu können. »Gott sei Dank bist du endlich wach! Wie geht es deinem Kopf?«
»Ging schon mal besser. Was ist passiert? Wo sind wir?«
»Unsere Verfolger sind uns irgendwie doch auf die Spur gekommen. Die Terrassentür stand zum Lüften offen, und sie sind einfach in die Wohnung hineinspaziert. Ich habe versucht, mich zu wehren, aber sie waren zu stark. Und warnen konnte ich dich auch nicht. Nachdem du die Tür geöffnet hattest, bekamst du mit einem Stück Rohr einen Schlag auf den Kopf.« Sie schluckte. »Du hast ziemlich stark geblutet. Ich wollte dir helfen, aber sie haben uns aus der Wohnung geschafft und in einen Van verladen. Dort sind wir jetzt.«
»Auf dem Weg nach Grand Junction.« Das war keine Frage.
»Ich vermute es. Jedenfalls haben sie ihren Boss erwähnt. Morgan, wie haben sie uns überhaupt gefunden? Ich dachte, niemand kennt deinen Namen und weiß, wo du wohnst?«
Morgan lehnte seine Stirn an ihre. »Es tut mir so leid, ich habe mich anscheinend geirrt. Irgendwie müssen sie in Grand Junction auf meinen richtigen Namen gestoßen sein. Ich weiß nicht wie, denn ich habe ihn nie erwähnt, und er steht auch nicht in den Papieren, die ich dort lassen musste. Ich dachte, wir wären in Denver sicher. Ich hätte es besser wissen müssen.« Sam hörte die Wut in seiner Stimme.
»Es bringt uns nichts, wenn du dir Vorwürfe machst. Wir sollten lieber überlegen, wie wir hier lebend wieder herauskommen.«
»Du hast recht. Irgendwelche Ideen?«
»Könntest du erst meine Fesseln lösen? Ich fühle meine Arme nicht mehr.«
»Ich bringe die Schweine um! Haben sie dir sonst etwas getan?«
»Nein, nur ein paar blaue Flecken, nicht weiter schlimm. Findest du den Knoten?«
Sam fühlte ein Rucken an ihren Armen. »Ja, aber der ist ziemlich fest. Hoffentlich bekomme ich ihn auf.«
Minutenlang zupfte Morgan an dem Seil herum, bis
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