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Eine Unheilvolle Liebe

Eine Unheilvolle Liebe

Titel: Eine Unheilvolle Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kami Garcia
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darauf gab, was sich die Leute in Gatlin erzählten.
    Aber Genevieves Amulett hatte nie grundlos Visionen hervorgerufen. Sie hatten Lena und mich immer auf eine bestimmte Spur gesetzt. Was hatte Abraham Ravenwood mit uns zu tun? Das Buch der Monde war der rote Faden, der beide verband. Es hatte in den früheren Visionen eine Rolle gespielt und das tat es auch diesmal. Aber das Buch gab es nicht mehr. In der Nacht von Lenas Geburtstag war es zum letzten Mal gesehen worden, auf dem Tisch in der Gruft, inmitten der Flammen. Wie so vieles war es jetzt nur noch ein Häufchen Asche.

Alles, was bleibt

17.5.
    Am nächsten Tag in der Schulcafeteria saß ich allein mit Link am Tisch, genauer gesagt mit Link und seinen vier Hamburgern mit Hackfleischsoße. Während ich meine Pizza aß, grübelte ich über das nach, was Link über Lena gesagt hatte. Er hatte recht. Sie hatte sich verändert. Es waren immer nur Kleinigkeiten, aber inzwischen waren es so viele, dass ich mich fast nicht mehr erinnern konnte, wie sie früher gewesen war. Wenn es jemanden gegeben hätte, dem ich mich hätte anvertrauen können, er hätte mir bestimmt geraten, ihr einfach ein bisschen Zeit zu geben. Das sagen die Leute immer, wenn sie keine Ahnung haben, was sie sonst sagen sollen.
    Lena wurde damit nicht fertig. Sie fand weder zu sich selbst noch zu mir zurück. Im Gegenteil, wir drifteten immer weiter voneinander weg. Immer seltener drang ich zu ihr durch, ob mit Kelting oder Küssen oder den anderen komplizierten und unkomplizierten Arten, mit denen wir uns sonst nahegekommen waren. Wenn ich jetzt ihre Hand nahm, dann war da nur Kälte.
    Und wenn mich Emily Asher von der anderen Seite der Cafeteria aus beobachtete, dann lag Mitleid in ihrem Blick. Wieder mal war ich derjenige, der den anderen leidtat. Ich war jetzt nicht mehr Ethan Wate, dessen Mutter erst letztes Jahr gestorben ist , sondern Ethan Wate, dessen Freundin verrückt geworden ist, als ihr Onkel starb. Alle an der Jackson High wussten genau, dass es Schwierigkeiten gab, und sei es auch nur, weil sie uns schon lange nicht mehr zusammen in der Schule gesehen hatten.
    Auch wenn sie Lena nicht leiden konnten, so traf auch hier zu: Die Unglücklichen weiden sich gern am Unglück anderer. Und ich war ein Ausbund an Unglück. Ich war unglücklicher als unglücklich, armseliger als ein durchweichter Hamburger, den man auf einem Essenstablett liegen gelassen hatte. Ich war ganz allein.
    Eine Woche später hörte ich mitten im Geschichtsunterricht ein merkwürdiges Geräusch; es klang wie ein Quietschen oder das Scratchen einer Schallplatte oder wie ein Blatt Papier, das reißt. Wir sprachen gerade über den Wiederaufbau, diese stinklangweilige Periode nach dem Bürgerkrieg, als die Vereinigten Staaten sich wieder zusammenrauften. In einer Schulstunde in Gatlin war dieses Kapitel der Geschichte nicht nur deprimierend, sondern auch peinlich – man wurde ständig daran erinnert, dass South Carolina damals die Sklaverei guthieß und auf der falschen Seite des Rechts gekämpft hatte. Jeder wusste Bescheid. Unsere Vorfahren hatten uns für alle Zeiten die Note sechs in »Verhalten« auf dem Zeugnis beschert, das uns die Nation ausstellte. Verletzungen, die so tief sind, hinterlassen Narben, egal wie man sie behandelt. Mr Lee schwadronierte immer weiter und unterstrich jeden Satz mit einem leidvollen Seufzer.
    Ich gab mir Mühe, nicht hinzuhören. Plötzlich stieg mir Brandgeruch in die Nase. Vielleicht ein überhitzter elektrischer Apparat oder eine Lampe. Ich sah mich im Klassenzimmer um. Der Geruch kam nicht von Mr Lee, obwohl der für gewöhnlich am schlimmsten stank. Merkwürdig war nur, dass niemand sonst den Geruch zu bemerken schien.
    Das seltsame Geräusch wurde immer lauter. Es schwoll an zu einem schrillen Krachen, Reißen, Reden, Schreien. Lena.
    L?
    Keine Antwort. Über den Lärm hinweg hörte ich, wie Lena Gedichtzeilen aufsagte. Besonders romantisch waren sie nicht gerade.
    Nicht winken, nur ertrinken …
    Ich kannte das Gedicht und es machte mir Angst. Stevie Smith mit ihrer depressiven Lyrik war nur einen Schritt entfernt von der Düsternis einer Sylvia Plath und ihrem Roman Die Glasglocke . Das war Lenas Art und Weise, die schwarze Flagge zu hissen. Link hörte in dieser Stimmung immer die Dead Kennedys und Amma bearbeitete mit ihrem Hackmesser Gemüse.
    Halte durch, L. Ich komme .
    Etwas hatte sich geändert, und bevor Lena sich womöglich wieder in sich zurückzog, schnappte ich

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