Eine Unheilvolle Liebe
Daneben befand sich ein Kamin, das Feuer darin sah seltsam aus, statt orangeroter Flammen schwelte es gleißend weiß.
»Olivia ist hier, weil sie den Sommer über meine wissenschaftliche Mitarbeiterin ist. Jetzt habe ich eine Frage an euch.«
»Moment mal, das war keine Antwort«, protestierte ich energisch. »Das wusste ich schon längst.« Wenn’s drauf ankam, konnte ich genauso dickköpfig sein wie Marian.
Mein Blick fiel auf einen kunstvoll ziselierten Kronleuchter an der hohen, gewölbten Decke. Er war aus poliertem weißen Horn gefertigt oder waren es Knochen? In den schmiedeeisernen Kerzenhaltern steckten spitz zulaufende Kerzen, die den Raum in ein sanftes, flackerndes Licht tauchten. Einige Ecken waren hell erleuchtet, andere blieben dunkel und geheimnisvoll. Die wuchtigen Pfosten des großen Himmelbetts aus Ebenholz lagen im Halbdunkel. Irgendwo hatte ich so ein Bett schon einmal gesehen. Alles kam mir heute wie ein wahnwitziges Déjà-vu vor und das machte mich rasend.
Marian lehnte sich gelassen an einen Stuhl. »Ethan, wie hast du diesen Ort gefunden?«
Was sollte ich darauf antworten, wo doch Liv und nicht Lena neben mir stand? Ich hatte gedacht, Lena gehört, sie gespürt zu haben. Stattdessen hatte mich meine Intuition zu Liv geführt. Ich verstand mich selbst nicht mehr.
Verwirrt sah ich mich um. Schwarze Holzregale erstreckten sich vom Fußboden bis zur Decke, vollgestopft mit Büchern und Sammelstücken. Ganz offensichtlich waren sie von jemandem zusammengetragen worden, der öfter kreuz und quer durch die Welt gereist war, als ich im Stop&Steal einkaufte. Auf einem der Regale waren alte Flaschen und Violen aufgereiht wie in einer altmodischen Apotheke, gleich daneben standen Bücher. Der Anblick erinnerte mich an Ammas Zimmer, nur dass hier keine gelesenen Zeitungen gestapelt waren und auch keine Einmachgläser mit Friedhofserde. Aber eines der Bücher fiel besonders auf: Licht und Dunkel. Der Ursprung der Magie.
Ich erkannte es sofort wieder, und jetzt wusste ich auch, an wen mich das Bett und die vielen Bücher und die tadellose Ordnung erinnerten. Das alles konnte nur einem Menschen gehören und der war nicht einmal ein Mensch.
»Das war Macons Zimmer, oder?«
»Möglich.«
Link ließ einen merkwürdigen Zeremoniendolch fallen, mit dem er herumgespielt hatte. Scheppernd fiel das kostbare Stück auf den Boden. Verlegen hob Link den Dolch auf und legte ihn zurück an seinen Platz. Tot oder nicht tot, Macon Ravenwood jagte ihm noch immer gehörigen Respekt ein.
»Ich nehme an, ein unterirdischer Caster-Tunnel verbindet diesen Raum direkt mit Macons Schlafzimmer in Ravenwood.« Der Raum war ein beinahe genaues Abbild seines Schlafzimmers in Ravenwood Manor, nur die schweren Vorhänge fehlten, die im Haus das Sonnenlicht fernhielten.
»Kann sein«, sagte Marian.
»Nach meiner Vision im Archiv hast du das Buch hierhergebracht, um zu verhindern, dass ich es noch einmal in die Hand nehme.«
Marians Antwort kam zögernd, sie schien jedes Wort genau abzuwägen. »Angenommen, du hast recht und dies hier ist tatsächlich Macons Privatzimmer, der Ort, an dem er sich sammelte und in sich ging, dann erklärt das noch immer nicht, wie du uns heute Abend gefunden hast.«
Ich versetzte dem schweren indischen Teppich einen Tritt. Er war schwarz-weiß und hatte ein kompliziertes Muster. Ich wollte nicht erklären müssen, wie ich hergefunden hatte, weil ich es selbst immer noch nicht ganz verstand. Wenn ich es in Worte fasste, dann würde alles noch verwirrender werden. Wie konnte mein Gefühl mich zu jemand anderem als zu Lena führen?
Aber solange ich Marian die Antwort schuldig blieb, würde sie mich hier festhalten. Also rückte ich mit der halben Wahrheit heraus. »Ich war auf der Suche nach Lena. Sie ist hier unten, zusammen mit Ridley und ihrem Freund John, und ich fürchte, sie steckt in Schwierigkeiten. Lena hat etwas gemacht … heute, auf dem Jahrmarkt …«
»Kurz gesagt, Ridley hat sich wie Ridley benommen. Aber Lena hat sich auch wie Ridley benommen. Vielleicht haben die Lollipops Überstunden gemacht.« Link wickelte ein Slim-Jim-Würstchen aus, eine Notration, die er immer bei sich hatte, deshalb bemerkte er meinen warnenden Blick nicht. Ich hatte nicht die Absicht gehabt, Marian oder Liv irgendwelche Einzelheiten zu erzählen.
»Wir waren zwischen den Bücherregalen, da hörte ich plötzlich ein Mädchen lachen. Es klang, ich weiß auch nicht, irgendwie fröhlich. Ich bin ihm
Weitere Kostenlose Bücher