Eine Unheilvolle Liebe
dass ich auf dem Kissen lag.
Gleißende Helligkeit. Das Licht überwältigte mich. Oder war es Dunkelheit?
Meine Augen taten weh, als hätte ich zu lange in die Sonne geblickt, und überall tanzten dunkle Punkte. Alles, was ich sehen konnte, war ein Umriss, der sich vor dem Licht abhob. Ich hatte keine Angst. Ich kannte diese Silhouette ganz genau, die schmale Taille, die feingliedrigen Finger. Jede schwarze Locke, die in der Caster-Brise wehte.
Lena streckte die Hände nach mir aus. Reglos sah ich zu, wie ihre Arme aus der Dunkelheit in das Licht eintauchten, in dem ich stand, wie der helle Schein weiterwanderte bis zu ihren Schultern und dann über Taille und Brust.
Ethan.
Ihr Gesicht lag noch im Schatten, aber jetzt berührten mich ihre Finger, sie glitten über meine Schulter, meinen Nacken, mein Gesicht. Ich führte ihre Hand an meine Wange, sie brannte auf meiner Haut, nicht heiß, sondern kalt.
Ich bin hier, L.
Ich habe dich geliebt, Ethan. Aber jetzt muss ich gehen.
Ich weiß.
Langsam öffnete sie die Augen und ich sah den goldenen Schimmer. Die Augen des Fluchs. Die Augen eines Dunklen Casters.
Ich habe dich auch geliebt, L.
Ich beugte mich zu ihr und schloss ganz sanft ihre Lider. Die Kühle ihrer Hand auf meinem Gesicht war verschwunden. Ich blickte weg und zwang mich aufzuwachen.
Während ich die Treppe hinunterging, machte ich mich auf Ammas Zorn gefasst. Mein Vater war zum Stop&Steal gefahren, um sich eine Zeitung zu kaufen, und wir beide waren allein zu Hause. Wir drei, wenn man Lucille mitzählte, die auf das Trockenfutter in ihrem Napf starrte, etwas, das ihr zuvor wohl noch niemals untergekommen war. Ich glaube, Amma war sogar auf die Katze wütend.
Amma stand am Herd und zog gerade einen Kuchen aus dem Backrohr. Der Tisch war gedeckt, aber von Frühstück war trotzdem keine Spur zu sehen. Kein Speck, keine Eier, nicht einmal eine Scheibe Toast. Es war noch schlimmer als befürchtet. Das letzte Mal, als sie am Morgen gebacken hatte, statt das Frühstück zu machen, war am Tag nach Lenas Geburtstag gewesen, und davor an dem Tag, nachdem meine Mutter gestorben war. Damals hatte Amma den Teig geknetet wie ein Preisboxer. In ihrer Wut hatte sie so viele Kuchen gebacken, dass davon die Baptisten und die Methodisten zusammen hätten satt werden können. Meine einzige Hoffnung war, dass sie sich heute beim Kneten ein bisschen abreagiert hatte.
»Es tut mir leid, Amma. Ich weiß wirklich nicht, was dieses Ding von uns wollte.«
Sie hatte mir den Rücken zugewandt und knallte die Tür des Ofens zu. »Natürlich weißt du das nicht. Du weißt eine ganze Menge nicht, aber das hält dich nicht davon ab, deine Nase in Dinge zu stecken, die dich nichts angehen. Ist es nicht so?« Sie griff nach der Knetschüssel und bearbeitete den Inhalt mit der Einäugigen Drohung, mit der sie erst am Tag zuvor Ridley das Fürchten gelehrt hatte.
»Ich bin nur da runtergegangen, weil ich Lena suchen wollte. Sie ist mit Ridley zusammen, und ich glaube, sie steckt in Schwierigkeiten.«
Amma wirbelte herum. »Du glaubst, sie steckt in Schwierigkeiten? Hast du überhaupt eine Ahnung, was euch da unten aufgelauert hat? Dieses Ding , wie du es nennst, war im Begriff, dich von dieser Welt in die nächste zu befördern.« Sie rührte wie wild in der Schüssel.
»Liv sagte, es sei ein Vex gewesen. Er wird von etwas sehr Mächtigem herbeigerufen.«
»Von jemandem, der Dunkel ist. Von jemandem, der etwas dagegen hat, dass du und deine Freunde in diesen Gängen herumstreunen.«
»Wer sollte ein Interesse daran haben, dass wir uns von den Tunneln fernhalten? Sarafine und Hunting etwa? Aber warum?«
Amma knallte die Schüssel auf die Anrichte. »Warum? Warum willst du immer so viele Sachen wissen, die dich nichts angehen? Ich schätze, daran bin ich schuld. Kaum dass du über die Tischkante schauen konntest, hab ich mir schon den Mund fusselig geredet, um deine Fragen zu beantworten.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber das, was jetzt passiert, ist kein Spiel. Dabei gibt es keinen Gewinner.«
Na toll. Noch mehr Rätsel. »Amma, wovon redest du?«
Sie zeigte mit dem Finger auf mich, so wie sie es schon in der vergangenen Nacht gemacht hatte. »Du hast da unten nichts verloren, hörst du? Für Lena sind die Zeiten schwierig, und das tut mir wirklich schrecklich leid, aber sie muss selbst damit klarkommen. Du kannst ihr nicht helfen. Also halte dich von den Tunneln fern, da unten gibt es weitaus Schlimmeres als Vexe, das
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