Eine Unheilvolle Liebe
zu großes schwarzes T-Shirt. Ihre Haare waren ungekämmt, ihre Augen rot verschwollen.
»Ethan!« Kaum hatte Ryan mich gesehen, wurde aus der Thaumaturgin ein übermütiges kleines Mädchen. Sie warf sich in meine Arme, und ich fing sie auf und schwang sie im Kreis, dass ihre Beine durch die Luft flogen. »Warum kommst du nicht mit uns? Es wird so langweilig werden. Reece wird mich den ganze Sommer lang herumkommandieren und Lena bläst nur Trübsal.«
»Ich muss hierbleiben und mich um Amma und meinen Dad kümmern, Kleines.« Vorsichtig setzte ich Ryan wieder ab.
Schlecht gelaunt setzte Lena sich in ihrem zerwühlten Bett auf, schlug die Beine unter und hockte sich auf die Fersen. »Raus jetzt, bitte«, scheuchte sie Ryan aus dem Zimmer.
Ryan zog eine Schnute. »Wenn ihr beiden etwas Widerliches tut und mich braucht, ich bin unten.« Ryan hatte mir mehr als einmal das Leben gerettet, wenn Lena und ich zu weit gegangen waren und mein Herzschlag auszusetzen drohte, weil die Spannung zwischen uns beiden zu stark gewesen war.
Mit John Breed hatte Lena dieses Problem wohl nie. War es etwa sein T-Shirt, das sie anhatte?
»Was willst du hier, Ethan?« Lena hatte den Blick zur Decke gerichtet, wo auch etwas geschrieben stand. Es tat mir weh, die Worte zu lesen. Wenn du emporschaust / Siehst du den blauen Himmel der Möglichkeiten / Oder die schwarze Nacht der Unmöglichkeiten? / Siehst du mich?
»Ich möchte mit dir über gestern Abend reden.«
»Du meinst, du möchtest mir erklären, warum du mir hinterhergelaufen bist?« Ihre Stimme war barsch und das machte mich sauer.
»Ich bin dir nicht hinterhergelaufen. Ich habe dich gesucht, weil ich mir Sorgen gemacht habe. Inzwischen ist mir allerdings klar, wie lästig dir das gewesen sein muss, weil du dich ja offensichtlich lieber von John Breed abschleppen lässt.«
Mit versteinerter Miene stand Lena auf. Das weite T-Shirt reichte ihr bis über die Knie. »John und ich sind Freunde. Er hat mich nicht abgeschleppt.«
»Wirfst du dich allen deinen Freunden so an den Hals wie ihm?«
Lena kam auf mich zu, die Spitzen ihrer zerzausten Haare hoben sich leicht von ihren Schultern. Der Kerzenleuchter an der Decke begann zu schwanken. »Und versuchst du, alle deine Freundinnen zu küssen?«, fragte sie zurück.
Es gab einen grellen Blitz, Funken stoben, dann war es dunkel. Die Glühbirnen des Leuchters waren geplatzt und ein Schauer aus Glassplittern ging auf das Bett nieder. Draußen auf dem Dach hörte ich die Regentropfen trommeln.
»Wie kommst du darauf …«
»Du brauchst mich nicht anzulügen, Ethan. Ich weiß, was du und deine Bibliothekskollegin vor dem Exil gemacht habt.«
Die Stimme in meinem Kopf klang scharf und bitter. Ich habe dich gehört, denn du hattest dich aufs Kelting verlegt. »Blaue Augen und blonde Haare« – kommt dir das bekannt vor?
Sie hatte recht. Natürlich hatte sie jedes Wort gehört.
Es ist nichts passiert.
Der Leuchter krachte auf ihr Bett und verfehlte mich um Haaresbreite. Der Boden schien unter mir nachzugeben.
Ach ja? Es ist also nichts passiert? Meinst du, ich weiß es nicht? Meinst du, ich fühle es nicht?
Es war schlimmer, als Reece in die Augen zu schauen. Lena sah alles und sie brauchte nicht einmal ihre Caster-Kräfte dazu.
»Ich bin ausgerastet, als ich dich mit diesem Typen gesehen habe. Ich stand einfach neben mir.«
»Das kannst du dir selbst einreden, aber glaub mir, nichts geschieht ohne Grund. Du hättest sie beinahe geküsst, und zwar weil du sie küssen wolltest.«
Vielleicht wollte ich dich nur wütend machen, weil ich dich mit einem anderen zusammen gesehen habe.
Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst.
Ich betrachtete ihr Gesicht, die dunklen Ringe unter den Augen, ihre Traurigkeit.
Die grüne Farbe ihrer Augen, die ich so sehr geliebt hatte, war verschwunden – jetzt hatte sie die goldenen Augen eines Dunklen Casters.
Was machst du nur mit mir, Ethan?
Ich weiß es nicht.
Lena verlor einen Moment lang die Fassung, aber sie fing sich schnell wieder. »Du warst ganz versessen darauf, das rauszukriegen, stimmt’s? Jetzt kannst du ganz ohne schlechtes Gewissen mit deiner kleinen Freundin abhauen. Mit einer Sterblichen.« Das letzte Wort brachte sie kaum über die Lippen. »Ich wette, du kannst es gar nicht mehr erwarten, am See mit ihr herumzuhängen.« Lena redete sich immer mehr in Rage. An der Stelle, wo der Leuchter gehangen hatte, lösten sich Teile der Zimmerdecke ab.
Egal wie groß ihr
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