Eine unzüchtige Lady
aber Caroline schien zugleich zu erröten. »Rothay, Ihr müsst verstehen , dass ich nicht zwingend eine Eurer Eroberungen bin, nur weil Ihr ein erfahrener Liebhaber und in jeder Hinsicht attraktiv seid und mit Eurem Charme eine Schlange aus dem Korb locken könntet.«
»Seid Ihr nicht?« Er grinste.
Warum hatte er überhaupt gezögert?
»Nun«, sagte sie mit dieser pragmatischen, sittsamen und für Lady Wynn so typischen Stimme - obwohl die Vorfreude in ihren Augen aufblitzte und ihre Worte Lügen strafte -, »ich bin davon nicht überzeugt.«
Niemand wusste wie sie, ihn vor eine Herausforderung zu stellen. Niemand. Mit nur einem Brief hatte sie es geschafft, sein Leben auf den Kopf zu stellen. Man brauchte sich nur ansehen, was sie gerade mit ihm machte. Sie saß noch immer auf der anderen Seite des Raums. Trotzdem konnte er bereits spüren,
wie seine Erektion wuchs, allein angesichts des Versprechens, ihr nahe sein zu dürfen.
Das war nicht bloß Verlangen. Das hatte er oft genug kennengelernt. Viele, viele Male. Es war Wasser auf die Mühlen der Klatschsüchtigen gewesen; es hatte ihn davon abgehalten, über Helena nachzudenken; es war die Vergangenheit.
Das hier war anders. Es war von dem Moment an anders gewesen, als er sie an jenem warmen Nachmittag auf der Terrasse in Essex küsste und das erste Mal von ihrer zögernden, aber eifrigen Leidenschaft kosten durfte.
Oder vielleicht war es so seit dem Moment, als sie ihren Hut absetzte und den Schleier zurückschlug. Damals, in der kleinen, schäbigen Schenke …
Zur Hölle, was zählte es schon, wann es passiert war? Es war nun mal passiert.
Einfach so.
Er sah atemberaubend aus.
Sicher, etwas zerzaust wirkte er, indisponiert und irritiert. Trotzdem war da ein Funkeln in seinen schönen, dunklen Augen, an das sie sich lebhaft erinnerte.
Verlangen.
Der skandalöse, herrliche Duke of Rothay wollte sie.
War es zu viel verlangt, wenn sie hoffte, dass nicht allein sein Verlangen ihn hierhergeführt hatte?
Wenn sie von der Beule ausging, die sich in seiner Hose abzeichnete, war das schwer vorstellbar. Er öffnete sein Jackett. Aber hatte Lord Manderville nicht darauf hingewiesen, wenn der teuflische Duke eine Frau brauchte, um seine Bedürfnisse zu befriedigen, würde er nicht jeden Weg auf sich nehmen, um sie zu finden?
Aber er war hergekommen.
Das Risiko, das sie einging, war es wert gewesen.
Er näherte sich ihr. Caroline nahm einen krampfhaften Schluck vom Sherry, ohne den Blick von ihm zu lassen. Er war so groß, so männlich und kräftig, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Er wirkte aber auch so bedrohlich wie beim letzten Mal, als sich ihre Blicke quer durch den Ballsaal trafen.
Bis auf die Tatsache, dass er vor ihrem Stuhl stehen blieb und die Hand nach ihr ausstreckte, statt etwas Anmaßenderes zu tun. Sie in seine Arme zu reißen, zum Beispiel.
Nur das. Eine ausgestreckte Hand.
Es war symbolisch für das, was sie sich von ihm erhoffte. Nicht bloß flüchtige Leidenschaft, sondern eine bedeutungsvollere Vereinigung. Nicholas war aus London hergekommen, um sie davor zu bewahren, ihr Angebot als Richterin auszuführen. Und Lord Manderville war verschwunden. Er ließ sie wie verabredet allein. Soweit lief alles wunderbar.
Das langsame Pochen ihres Herzen hallte in ihrem Handgelenk und ihrem Hals wider.
Caroline nahm seine dargebotene Hand. Ihre Finger kreuzten sich mit seinen, und sie gestattete ihm, sie sanft auf die Füße zu ziehen. »Wie ich schon sagte, ich habe gehofft …«
Sie verstummte, zögerte. Sie war nicht sicher, wie viel sie von sich aus sagen durfte.
Auf Nicholas’ Gesicht zeichnete sich ein leises Lächeln ab. Eine dunkle Haarlocke hing über sein Auge. Seine Reithose und die Stiefel waren mit Straßenstaub überzogen. Er nahm ihr das Sherryglas aus der Hand und stellte es beiseite. »Was habt Ihr gehofft?«
Was schadete es letztlich, wenn sie ihm jetzt die Wahrheit sagte? Nun, vielleicht ging sie damit ein Risiko ein. Aber Nicholas hatte einen weiten Weg auf sich genommen, um einzugreifen, und obwohl Derek ihr versprochen hatte, dass genau das
passieren würde, überraschte und erregte sie die Vorstellung. »Ich habe gehofft, Ihr würdet kommen.«
Eine schwarze Braue hob sich. »Ich habe gehofft, ich würde es nicht tun«, murmelte er leise, ehe sich sein Mund auf ihren presste.
Es war kein zärtlicher Kuss. Es war ein intensiver, verlangender Kuss, zugleich aber irgendwie nachgebend. Caroline schmiegte sich an
Weitere Kostenlose Bücher