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Eine unzüchtige Lady

Eine unzüchtige Lady

Titel: Eine unzüchtige Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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Seite des Tisches saß, war ihm dabei nie in den Sinn gekommen.
    Dennoch saß sie da. Ihre goldbraune Augenbraue hob sich leicht, als sie seine erstaunte Miene musterte. In ihren vielbesungenen, silbergrauen Augen glaubte er eine Spur Erheiterung zu entdecken. Das kleine, schäbige Gasthaus zeigte ihm, wie ernst es ihr mit ihrem Angebot war. Es schien ihm dennoch schwer vorstellbar, dass sie diejenige war, die ihm jene provokante Nachricht geschickt hatte.
    Die wunderschöne, junge Witwe des verstorbenen Lord Wynn hatte den Ruf, reserviert zu sein und sogar den willensstärksten Verehrer zu entmutigen. Er kannte sie nur flüchtig, aber ja, sie hatte recht. Sowohl Derek als auch er hatten sich ihr irgendwann einmal vorgestellt. Ihr kühles, verschlossenes Auftreten war eine Botschaft, die jeder Mann auf Eroberungszug verstand. Sie war kaum daran interessiert, in eine Affäre verstrickt zu werden. Daher hatte er bisher bloß ihre unbestreitbare Lieblichkeit bewundert und jeden Gedanken an eine tiefergehende Bekanntschaft von sich gewiesen. Im Übrigen war sie jünger als jene erfahrenen Ladys, die er normalerweise in sein Bett einlud, und noch immer im heiratsfähigen Alter. Wenn er sich recht entsann, dann war sie vor einigen Jahren mit dem Vicomte verheiratet worden, ehe dieser plötzlich starb. Danach hatte sie übermäßig lange um ihn getrauert, aber trotzdem war sie vermutlich höchstens Mitte Zwanzig, wenn nicht sogar etwas jünger.
    Definitiv im heiratsfähigen Alter. Unglaublich attraktiv - das bedurfte keiner Erwähnung -, aber jedem Mann gefährlich, der Wert auf seine Unabhängigkeit legte.
    Und das tat er. Vielleicht war Unabhängigkeit das falsche
Wort. Worauf er Wert legte, war ein kleines bisschen komplizierter.
    Nicholas spürte, wie eine Alarmglocke in ihm schrillte. Er suchte nach den richtigen, diplomatischen Worten. »Mylady, Ihr seid natürlich sehr schön, daher ist die Überraschung kaum übel zu nennen. Aber das hier scheint mir doch für Eure Situation ein wenig waghalsig zu sein.«
    Auf Dereks Gesicht las er einen Ausdruck wachsender Verwirrung. Nicholas konnte sich vorstellen, welche Gedanken seinem Freund mit ähnlicher Geschwindigkeit durch den Kopf gingen. Derek meinte: »Hm … Ich stimme dir zu. Ich habe keine Einwände, glaubt mir das, aber Ihr solltet nicht …«
    »Meine Tugend verschwenden?«, unterbrach sie ihn. Ihre langen Wimpern senkten sich sittsam. Ihre Augen hatten wirklich eine bemerkenswerte Farbe, kein blasses Blau, sondern eher ein reines Grau. Kastanienbraune Haare, üppig und glänzend, setzten sich schimmernd von ihrer blassen, makellosen Haut ab. Ihre berückende Schönheit ließ den armseligen Raum noch schmutziger und kläglicher wirken. Ihre schlanken Finger legten sich um den Stiel ihres Weinglases. »Darf ich Euch daran erinnern, Gentlemen, dass ich eine Witwe bin? Meine Tugend wurde bereits verschwendet.«
    Eine interessante Art, die eigene Ehe zu beschreiben, dachte Nicholas unwillkürlich. Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und versuchte herauszufinden, wie er sich angesichts dieser überraschenden Wendung fühlte. »Ihr seid sehr jung. Ihr werdet höchstwahrscheinlich ein zweites Mal heiraten, und ich bezweifle, dass Euer zukünftiger Ehemann es billigen würde, wenn er von Eurer Verstrickung in diesen kleinen Wettstreit erfährt.«
    »Euer Gnaden, ich habe nicht vor, je wieder zu heiraten. Das muss ich auch nicht, da ich finanziell unabhängig bin. Und selbst wenn ich mich erneut verheirate, so ginge es meinen Zukünftigen
nichts an, was ich vor seiner Zeit getan habe und mit wem.« Sie warf den beiden Männern einen hochmütigen Blick zu.
    Den Teufel wird er tun, dachte Nicholas. Aber ihm gefiel, wie sie ihr Kinn hob und die Männer herausforderte, ihr zu widersprechen. Das war eine Doppelmoral - das wusste er nur zu gut -, aber sie existierte nun mal. Männer liebten promiskuitive Frauen; doch sie heirateten sie in den seltensten Fällen.
    Sie fuhr in einem vernünftigen Tonfall fort, als würden sie nicht in einem geschmacklosen Gasthaus im Nirgendwo sitzen und über ein unerlaubtes Rendezvous reden, das allein aufgrund einer betrunkenen Wette zustande kommen würde. »Da ich Witwe bin, ist mir in gewissem Maße mehr Freiheit gestattet. Niemand würde überhaupt auf den Gedanken kommen, ich könnte etwas Derartiges tun.«
    »Ich hätte es nicht gedacht«, fügte Nicholas ironisch hinzu. Er spekulierte darüber, wie untauglich ihr verblichener Mann

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