Eine unzüchtige Lady
sogar bekannt vorkommt. Wir können allerdings nicht eng miteinander befreundet sein, sonst hätte ich Eure Stimme sicher erkannt. Für solche Dinge habe ich ein Ohr.« Sein Lächeln war so engelsgleich wie das des Dukes teuflisch verlockend war.
Während Nicholas Manning eine beinahe gefährliche Intensität ausstrahlte, war der Earl eher von bequemer, unbekümmerter Anmut.
So verschieden, und doch bot jeder von ihnen ihr an, in seinen Armen das vermutete Paradies zu finden.
Als Nächstes kam der komplizierte Teil dieses Treffens.Caroline konnte es ihnen nicht verdenken, dass die beiden Männer wissen wollten, wer sie war - und einen Blick wollten sie sicher auch auf sie werfen, ehe sie zustimmten. Aber andererseits würde sie den Schleier nicht lüften, ehe die Männer ihr nicht versicherten, Stillschweigen zu bewahren.Wenn sie sich nicht entgegenkommend zeigten, würde sie auf der Stelle gehen. Sogar die Kuriere, die sie beauftragt hatte, ihre Nachrichten hin und her zu tragen, hatte sie einem komplizierten Prozess unterzogen, um sicher zu sein, dass es keine direkte Verbindung zwischen ihr und den Boten gab.
Hier ging es darum, sie zu retten, und nicht, ihr Leben zu zerstören.
Sie mochten den Ruf haben, nach dem Liebesspiel rasch wieder zu verschwinden und sich ihren Weg durch die Betten der Schönheiten zu schlafen, doch nie hatte Caroline ein Wort davon gehört, dass die beiden Männer keine Ehre im Leib hatten. Sie war also bereit, ihnen zu glauben, wenn sie ihr Wort gaben. Aufgrund seines Reichtums musste Rothay sicher große finanzielle Besitztümer verwalten, und auch Manderville war ein vermögender Mann mit ähnlich großer Verantwortung. Sie hatten beide einen Sitz im House of Lords inne und waren politisch aktiv, wenn es stimmte, was in den Zeitungen stand. Es war geradezu komisch zu beobachten, wie all die durchtriebenen Mütter versuchten, sie auf ihre heiratsfähigen Töchter aufmerksam zu machen. Aber beide mieden angeblich unverheiratete junge Ladys, als hätten diese eine ansteckende Krankheit.
Kurz gesagt: Auf ihre Weise waren sie ehrenhaft. Sie hoffte es zumindest, schließlich würde sie ihren Ruf aufgrund dieser Vermutung riskieren. Der Schleier war ihreVersicherung für den Fall, dass die Männer - aus welchem Grund auch immer - ablehnten.
Mit fester Stimme sagte Caroline: »Ehe wir überhaupt über diese ungewöhnliche Situation diskutieren, brauche ich Euren feierlichen Schwur, dass mein Name nie mit dieser Sache in Verbindung gebracht wird. Selbst wenn wir heute Abend keine Einigung erzielen sollten. Ich will nicht, dass irgendwer erfährt, dass ich dieses Arrangement überhaupt in Erwägung gezogen habe.« Ohne darüber nachzudenken fügte sie leise hinzu: »›Mit jedem Wort stirbt ein guter Ruf.‹«
»Alexander Pope, glaube ich«, sagte der Duke. Er wirkte amüsiert und betrachtete sie mit gehobenen Brauen. »Ich bin jetzt zu neugierig, um abzulehnen. Ich werde niemandem Eure Identität enthüllen.«
»Ich gebe Euch auch mein Wort.« Derek Drake nickte zustimmend. Seine Augen verengten sich nur leicht, als er ihr verschleiertes Gesicht betrachtete. »Euer Geheimnis ist bei uns sicher.«
»Also gut.« Caroline setzte ihren Hut und den Schleier ab, legte beides beiseite, strich mit leicht zitternden Fingern über ihr Haar. Sie war diejenige, die amüsiert war, als sie den Schock in den Mienen der beiden Herren bemerkte. Im Raum herrschte Totenstille.
Die Überraschung der beiden Männer war kaum verwunderlich. Ihr Ruf war der einer eisigen, förmlichen und unnahbaren Lady und nicht der einer Frau, die Treffen in verrufenen Tavernen arrangierte.
Wie oft kommt es wohl vor, dass beiden die Worte fehlen?, fragte sie sich.
Vermutlich sehr selten.
»Lady Wynn.« Es war Rothay, der als Erster die Sprache wiederfand. Aber noch immer starrte er sie an, sein Weinglas baumelte vergessen zwischen seinen langen Fingern. »Ich muss gestehen, ich bin überrascht.«
Sie spürte, wie ein kleines, nervöses Lächeln ihre Lippen umspielte. »Im guten Sinne, Euer Gnaden? Oder eher auf unerfreuliche Weise?«
Kapitel 4
Nun, das war tatsächlich eine unerwartete Wendung.
Er hätte so manches Gesicht hinter dem Schleier vermutet, doch das von Caroline Wynn gehörte nicht dazu. Nicholas hatte
sich lange den Kopf zerbrochen, welche Lady aus seinem Bekanntenkreis vielleicht in Erwägung ziehen könnte, an ihrer kleinen, skandalösen Konkurrenz teilzunehmen. Aber die Frau, die auf der anderen
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