Eine Vampirin auf Abwegen: Argeneau Vampir 1
blieb. Es war der perfekte Ort für einen mantellosen Mann und eine Vampirin, die sich überlegen mussten, was sie als Nächstes tun sollten.
Ja, das Eaton Center und die unterirdische Einkaufsstadt waren wirklich ein idealer Ort für Vampire. Genau das machte es zu einem Problem für die Flüchtlinge. Denn Lissianna hatte unter den Ihren nicht wenige Bekannte, die hier arbeiteten, weil sie das auch tagsüber tun konnten gleichgültig, ob die Sonne schien oder nicht.
Aber es schien immer noch das Beste zu sein, ein sicherer Hafen, bis sie eine Lösung gefunden hatten. Nachdem sie lange darüber beratschlagt hatten, hatten Lissianna und Greg den ganzen Morgen damit verbracht, sich Geschäfte anzusehen, bis Greg besorgt bemerkt hatte, dass Lissianna erschöpft aussah. Fünf Minuten später hatte er sie zu den Tischen und Stühlen eines Fastfood-Restaurants gelenkt und sie gedrängt, sich hinzusetzen, aber Lissianna hatte einen Abstecher in die Damentoilette unternommen, um sich dort ein wenig Wasser zur Erfrischung ins Gesicht zu spritzen.
Die Wasserbehandlung hatte allerdings nichts gegen ihre Müdigkeit ausrichten können. Lissianna war zu erschöpft. Es war Nachmittag, und sie hatte den ganzen Tag nicht geschlafen. Nach mehreren Tagen von nur vier oder fünf Stunden Schlaf war es wirklich zu viel, jetzt auch noch stundenlang durchs Eaton Center zu laufen und zu versuchen, die Zeit totzuschlagen. Und sie hatte seit dem Morgen des Vortags nichts mehr gegessen. Thomas hatte sie zwar mit drei Beuteln Blut gefüttert, aber jetzt war alles wieder von ihrem Organismus verbraucht, und sie fing an, unter dem Mangel zu leiden. Sie brauchte Blut und Schlaf und wusste, dass sie beides wahrscheinlich noch eine ganze Weile nicht bekommen konnte.
Lissianna war nicht die Einzige, die ohne Nahrung auskommen musste. Greg hatte an diesem Tag auch noch nichts gegessen. Ein Pfiff lenkte ihre Aufmerksamkeit nun zu den Tischen, und sie war erleichtert, Greg zu sehen.
„Ich dachte schon, ich hätte dich verloren”, gab Lissianna zu, als sie sich ihm gegenüber hinsetzte, dann unterbrach sie sieh und starrte ein Tablett mit Essen an, das zwischen ihnen stand. „Woher hast du das? Ich dachte, du hättest kein Geld dabei.”
„Habe ich auch nicht, aber mein Büro ist nicht weit von hier entfernt, und ich bin Stammkunde in dem kleinen Deli dort drüben.” Er zeigte auf ein kleines Geschäft, dann fuhr er fort. „Die Besitzer sind ein nettes altes Paar. Wirklich nett. Und weil sie mich kennen, haben sie mir das Essen auf Kredit überlassen. Sie schicken die Rechnung an mein Büro. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen wenigstens den Lieferantenaufschlag dazurechnen. Es sind wirklich anständige Leute.”
„Oh.” Lissianna sah zu, wie er Suppe, ein Sandwich und ein Getränk vor sie hinstellte.
„Iss”, befahl er, als er das Tablett mit seiner eigenen Suppe, dem Sandwich und dem Getränk wieder zu sich hinzog.
„Ich esse nicht”, sagte sie ausdruckslos.
„Lissianna. Ich kann dir kein Blut verschaffen, aber zu essen wird dir helfen, Blut aufzubauen. Es könnte gut für dich sein.”
Sie verzog unwillig das Gesicht, nahm aber den Löffel, denn er ihr hinhielt, und tauchte ihn in die Flüssigkeit, um zu kosten. Da sie an Vater Josephs Suppe denken musste, war sie sehr vorsichtig, aber sie wurde angenehm überrascht. Es schmeckte gut.
„Was ist das?”, fragte sie.
„Blumenkohl-Käsecremesuppe.” Greg zog eine Braue hoch.
„Was dachtest du denn?”
„Es schmeckt gut”, gab sie zu. „Ich glaube nicht, dass ich so etwas schon jemals zuvor gegessen habe.” Er lächelte, konzentrierte sich aber dann auf seine eigene Mahlzeit. Nach ein paar Löffeln Suppe versuchte Lissianna das Sandwich und fand es ebenfalls schmackhaft. „Rauchfleisch aus Montreal mit Senf auf Roggenbrot”, erklärte Greg, bevor sie fragen konnte, was auf dem Sandwich war.
„Es schmeckt ebenfalls gut”, gab sie zu, und dann aßen sie beide schweigend weiter. Lissianna war lange vor ihm fertig. Nach Jahren flüssiger Diät hatte sie einfach nicht viel Platz im Magen.
Sie konnte kaum die Hälfte ihrer Suppe essen und weniger als ein halbes Sandwich. Was sie nicht aß, erledigte Greg für sie. Aber überraschenderweise fühlte sie sich mit vollem Magen ein wenig besser. Jedenfalls war sie wacher, als sie die Reste von dem Tablett in eine Mülltonne taten und es dann auf den Tablettstapel stellten. Sie wanderten noch eine Weile in der unterirdischen
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