Eine verboten schoene Frau
scharfsinnig ist wie du, sollte das doch offensichtlich sein.“
Sein Blick wurde hart. „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“
„Warum bist du wirklich nach London gekommen, Marcus? Sag’s mir.“
„Daraus hab ich nie ein Geheimnis gemacht. Ich wollte dich zum Verkauf der Cullen-Sammlung überreden. Alles andere hatte ich schon versucht, also habe ich den persönlichen Kontakt gesucht. Ich verstehe das nicht. Ich dachte, du wärst zufrieden mit deiner Entscheidung. Willst du den Verkauf rückgängig machen?“
„Würde dir das etwas ausmachen?“
„Natürlich. Aber wenn du es so willst, dann würden wir es so machen. Ich will nur, dass du glücklich bist.“
Er streckte die Hände nach ihr aus, aber Avery trat einen Schritt zurück. „Nein. Nein, fass mich nicht an.“
Marcus schreckte zurück, als hätte sie ihn geschlagen. „Was ist hier los, Avery? Was ist passiert?“
Es wäre so leicht gewesen, ihm nachzugeben, zu sagen, dass sie einfach launisch war, und ihr Körper drängte sie dazu, verlangte danach, sich an ihn zu pressen – aber ihr Verstand und ihr Herz rieten zur Vorsicht. „Erinnerst du dich noch, als ich in London bei dieser Ausstellungseröffnung war und früh nach Hause gekommen bin?“
„Natürlich. Du warst aufgebracht.“
„Hast du dich jemals gefragt, warum?“
Er seufzte ungeduldig. „Selbstverständlich habe ich das. Aber ich habe gedacht, wenn du wolltest, dass ich es weiß, würdest du es mir erzählen.“
Plötzlich wünschte Avery sich, sie hätte genau das getan. Vielleicht hätte er dann die Wahrheit gesagt und sie müsste sie jetzt nicht von ihm erzwingen. „Ich bin da einem gemeinsamen Bekannten über den Weg gelaufen. Peter Cameron.“
Marcus runzelte die Stirn. „Kein Bekannter von mir.“
„Für jemanden, der nicht mal dein Bekannter ist, hat er eine Menge über dich gewusst. Sachen, die er mir unbedingt mitteilen musste.“
„Ist das so? Und was für Sachen?“ Marcus schob die Hände in die Taschen und wippte auf den Füßen vor und zurück.
„Wie du aufgewachsen bist. Wer deine Eltern waren.“
„Also hat er dir erzählt, dass meine Mutter ein Junkie war und im Gefängnis gestorben ist, und mein Vater ein Dealer, der für all das verantwortlich war?“ Sein Gesicht blieb ausdruckslos, aber den Schmerz in seinen Augen konnte er nicht verbergen. „Ich war noch ein Baby, als all das passiert ist. Meine Vergangenheit definiert nicht, wer ich heute bin.“
„Das weiß ich! Und all das hat für mich auch keine Rolle gespielt. Eigentlich hat er dir damit sogar einen Gefallen getan. Er hat mir geholfen zu verstehen, warum du so ehrgeizig bist, warum du immer der Beste sein willst, und warum dir Erfolg so viel bedeutet.“
„Warum verlässt du mich dann, wenn ich so ein Musterknabe bin?“
„Weil er mich heute noch mal treffen wollte.“
„Und du bist hingegangen? Warum?“
„Das Warum ist nicht wichtig.“
„Zum Teufel mit nicht wichtig. Sag’s mir, Avery. Warum hast du dich mit ihm getroffen, wenn er doch vermutlich nur noch mehr Unsinn über mich erzählen wollte?“
Sie schluckte gegen den Kloß in ihrem Hals an. „Er hatte mir etwas zu sagen. Etwas, was du mir gleich hättest erzählen sollen. Vielleicht hätte das einen Unterschied gemacht.“
„Was?“ Marcus sah ehrlich verwirrt aus. „Was hätte ich dir sagen sollen? Bekomme ich eine Chance, mich zu verteidigen? Eine Chance, dir die Wahrheit zu sagen? Denn ich bezweifle, dass du die von einem Typen wie Peter Cameron gehört hast.“
„Dann sag du mir die Wahrheit. Sag mir, wer du bist – und geh dabei, oh, sagen wir mal, drei Generationen zurück.“ Sie sah ihm an, wie er die Wahrheit erkannte.
„Lovely Woman.“
„Du bestreitest also nicht, was Peter Cameron gesagt hat?“
„Natürlich nicht. Ich kann es nicht leugnen.“
Sie hatte geglaubt, sie könnte sich nicht noch verletzter fühlen, als sie es bereits war. Doch da hatte sie sich geirrt. Sie lachte bitter auf. „Obwohl du das gern tun würdest, oder? Weißt du was? Wenn du von Anfang an ehrlich gewesen wärst, hätte ich dir das Gemälde vielleicht sogar verkauft. Aus den richtigen Gründen. Aber jetzt?“ Sie schüttelte den Kopf. „Das kannst du vergessen. Du wirst dieses Bild nie wiedersehen. Du hast mich die ganze Zeit angelogen. Hast du mir jemals die Wahrheit gesagt, Marcus? Bist du irgendwann mal zu hundert Prozent ehrlich gewesen?“
Das Schweigen zwischen ihnen zog sich unangenehm in die
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