Eine verlaessliche Frau
den Schweià von der Stirn, zog ihm das Nachthemd aus, wenn ihm zu heià wurde. Sie bat Larsen, den Arzt zu holen, der in der übernächsten Stadt vom Schnee eingeschlossen war. Larsen, der gesehen hatte, wie Catherine seine Wunde genäht hatte, meinte, dass sie im Grunde so gut wie jeder Arzt war, den er auftreiben könnte, und der Schnee lag jeden Tag ohnehin nur noch höher. Es war nutzlos, es auch nur zu versuchen.
Sie gab ihm heiÃen Tee. Sie wickelte seine Beine fest in schwere Wolldecken ein und saà die ganze Nacht bei ihm. Mrs. Larsen und sie hoben seinen nackten Körper aus der Badewanne.
In der Nacht stand sie auf und beugte sich über Truitt, als er im Fieber zitternd dalag. Sie legte sich neben ihn und hielt ihn fest, bis sich die Wärme ihres Körpers auch auf seinen übertrug und der Schüttelfrost vorüber war. Ihre Brustwarzen versteiften sich und strahlten ihre Hitze in Truitts fröstelnden Rücken ab.
Das war, überlegte sie, die erotische Ausstrahlung menschlicher Zärtlichkeit. Der Trost der Güte. Sie hatte das ganz vergessen.
Ihre Hände strichen über seinen Körper, wie so viele Hände über ihren Körper gestrichen waren, und er fühlte nicht mehr davon, als sie es getan hatte. Als sein Frösteln vorüber war und er wieder friedlich schlief, saà sie bis zum Morgengrauen in einem Sessel und verspürte zitternd, schweigend ins Dunkel starrend, eine Kälte, von der sie dachte, dass sie nie wieder vergehen würde.
Sie war vierunddreiÃig Jahre alt. Sie hatte eine Seele, und sie hütete sie wie das Lid das Auge, das nur soviel Licht durchlässt, dass man im Dunkeln nicht stolpert.
In der vierten Nacht ging das Fieber zurück, und es hörte auf zu schneien Er würde überleben. Sie hatte ihm das Leben gerettet.
Catherine stand stundenlang an ihrem Fenster im Dunkeln, und das blaue Fläschchen stand vor ihr auf dem Fensterbrett. Der Schnee bedeckte alles und schimmerte im Mondlicht. Wie die Art von Feenreich, von dem kleine Mädchen träumen.
Der Schnee war ewig und unendlich. Er bedeckte den Hof, lag auf dem Scheunendach, erstreckte sich bis zum glatten, runden Tümpel am Fuà des am weitesten entfernten Ackers. Keine FuÃspur, nicht eine einzige Spur oder Hervorhebung war in der ganzen Landschaft zu sehen, nur die silbrige und undurchdringliche Schneedecke. Perfektion.
Du siehst, dachte Catherine, früher oder später gibt es überall die Möglichkeit eines Neuanfangs. Es ist nicht nur möglich. Es geschieht auch.
Sie blieb die ganze Nacht stehen, wunderbar warm, wunderbar entspannt in ihrem schlichten Kleid, und wartete darauf, am Morgen mit Ralph Truitt zu sprechen.
7. KAPITEL
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A ls die Sonne aufging, erstrahlte der Schnee in einem Kup ferton wie ein neues Dach, verblasste dann zu Rosa und wurde plötzlich zu einem strahlenden WeiÃ. Die Scheune und die Gebäude waren von einem blendenden Licht umflossen, und Catherine musste ihre Augen mit der Hand schützen.
Sie zog sich sorgfältig an und ging in dem stillen Haus nach unten. Sie setzte sich ans Spinett und begann, ein Chopin-Prelude zu spielen, nicht eines von den schwierigeren, und sehr leise, so als wollte sie niemanden aufwecken. Sie konnte schon spüren, dass er hinter ihr in der Tür stand, bevor er dann zu sprechen begann, aber seine Stimme erschreckte sie trotzdem.
»Das war die Lieblingsmusik meiner Frau. Sie hat das Stück wieder und wieder gespielt.« Er sah geschwächt und gebeugt aus, so als müsste er am Stock gehen.
»Das tut mir leid. Ich höre sofort auf.«
»Nein, nein. Ich möchte es hören. Bitte.«
Sie spielte fehlerlos, spielte, wie sie hoffte, melodiös und schlicht, hoffte, dass es weniger kraftvoll, dafür aber umso geübter wirkte, und dann erhob sie sich und setzte sich Ralph gegenüber an den Kamin. Er war schockierend blass und wirkte melancholisch, vielleicht, weil die Trauer um seine Frau von der Musik wieder aufgerührt worden war.
»Mein Vater glaubte, die Musik sei die Stimme Gottes.« Catherine sprach leise, so wie sie vielleicht einen verängstigten Hund beruhigt hätte. »Er war Missionar. Wir sind durch die Welt gereist, Afrika, Indien, China, wohin auch immer man ihn berief, um das Wort Gottes zu verbreiten. Er ist in China gestorben und hat mich und meine Schwester allein zurückgelassen.
Er benutzte
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