Eine verlaessliche Frau
zu trinken. Das ist anscheinend alles, was er überhaupt zu sich nimmt.«
»Dann werden wir dorthin gehen.«
Mr. Malloy und Mr. Fisk warteten, als gäbe es noch etwas zu sagen. Es gab nicht ein einziges Staubkorn im Zimmer. Es war ein schönes Zimmer, nicht das beste, aber schön. Es war die Art von Zimmer, in dem sie vielleicht Kaffee oder Tee angeboten, sich fürs Abendessen oder das Theater umgezogen, vielleicht einen Kanarienvogel gehalten hätte, wenn sie dort gewohnt hätte, aber sie wohnte dort nicht, und kein Vogel sang.
Mr. Fisk und Mr. Malloy warteten.
»Morgen Abend gehen wir dorthin.«
11. KAPITEL
⢠⢠â¢
E s gab Hyazinthen, die nur kurz blühten und einen schweren pfeffrigen Duft verströmten. Jonquillen. Glockenblumen. Nelken. Es gab Lauch, die französische Zwiebel mit ihrer unglaublich schweren violetten Blüte, und Flieder, dessen Duft in der Luft schwebte, und Veilchen, die jungen Mädchen von ihren Verehrern als Gebinde überreicht wurden. Und die Zierkräuter, Rosmarin und Salbei.
Es gab Tulpen, die einst die Menschen mit ihrer Schönheit in den Wahnsinn getrieben hatten. So zart, so selten und so kurzlebig. Sie las über den Sultan in Istanbul, der mehr als hunderttausend Tulpen gezüchtet hatte, die als Geschenk aus den wilden Steppen des Ostens zu ihm gelangt waren. In jedem Frühjahr feierte er ein abendliches Fest, um sie zur Schau zu stellen. Tulpen, las sie â das heiÃt, solche, die duften â, geben ihren Duft nur am Abend und in der Nacht ab. Man befestigte Kerzen auf Schildkrötenpanzern, und die Schildkröten krochen zwischen den Blumen umher, während die Hofleute in ihren juwelenbesetzten Gewändern im Park flanierten und angesichts all der Schönheit und des unglaublich zarten Dufts, dieses hauchfeinen Dufts aus dem Osten, nur flüstern konnten. Catherine konnte ihren Schmuck, ihre Diademe und ihre Kleidung aus feinster Seide vor sich sehen, konnte das entzückte Gemurmel und den leisen Singsang ihrer Stimmen hören, während sie sich inmitten der vom flackernden Licht erhellten Schönheit treiben lieÃen und kühle, frisch gepresste Obstsäfte tranken.
Es dauert sieben Jahre, bis aus einem Samenkorn eine Tulpenzwiebel wird. Sie fragte sich, ob die Schildkröten, die die Kerzen trugen, dadurch verletzt wurden.
Es gab Hortensien, die man in Italien in gewaltigen Terrakottatöpfen züchtete, Hortensien, die je nach Beschaffenheit der Blumenerde ihre Farbe wechselten. Ein saurer Boden brachte preuÃischblaue Blüten hervor. In basischer Erde blühten sie rosa, in einem Rosa, das den absurden Farbextremen eines Sonnenuntergangs entsprach.
Jeder kann lernen. Jeder kann lesen und lernen. Das Schwierige ist, dann auch etwas zu tun, tatsächlich zu handeln â Französisch zu sprechen, nach Afrika zu gehen, einen Feind zu vergiften oder einen Garten anzupflanzen. Catherine verbrachte ihre Zeit damit zu lernen, auf Mr. Malloy und Mr. Fisk zu warten, ihr Wissen zu vertiefen und ihren Plan zu vervollkommnen, obwohl sie kaum noch wusste, was genau ihr Plan war. Ein Sohn. Der Sohn. Offenkundig der Sohn einer Dirne und eines Klavierlehrers. Und Truitt, sie war sich sicher, wusste das, wusste es von Anfang an. Was für ein ungewöhnlicher Wunsch Truitts, ihn nach Hause zu holen und ihn zum Erben all dessen zu machen, was Truitt besaÃ. So viel. Was, wenn er wirklich kam? Ja, ihr blaues Fläschchen mit seiner subtilen, geheimen Medizin war tief in ihrem Gepäck vergraben, leuchtete in ihren Gedanken mit seinem intensiven, klaren Kobaltblau. Aber eine solche Tat unter den Augen eines anderen zu begehen, eines Sohnes, wäre ein zu groÃes Risiko. Sie konnte nicht alles erben, wenn da noch ein Sohn beteiligt war. Allmählich begann sie zu denken, dass sie mit so kleinem Aufwand gar nichts erben würde. Es würde schwieriger sein. Es würde ihr nicht so leicht in den Schoà fallen. Catherine war noch nie in ihrem Leben verwirrt gewesen. Jetzt saà sie da und wartete darauf, dass ihr der Plan wieder klar vor Augen stand, deutlich und verheiÃungsvoll.
Sie trug einen steifen schwarzen Rock und eine kurze schwarze Jacke. Sie trug einen Hut mit einem Schleier. Obwohl es keinen Grund gab, unerkannt herumzulaufen, wollte sie einen Schutzschirm zwischen sich und dem Mann haben, auf den sie so geduldig gewartet hatte. Sie verspürte eine tiefe und komplexe
Weitere Kostenlose Bücher