Eine verlockende Braut: Roman (German Edition)
Schlucht durchkämmt, Mylord. Es gibt keine Spur von Ihrer Braut. Oder von Ihrem Neffen.«
Der Earl winkte seine Worte beiseite. »Um meinen Neffen mache ich mir keine Sorgen. Ich hätte wissen müssen, dass der unselige Narr noch nicht einmal so viel Vernunft besitzt, um sich in Deckung zu begeben, als das Schießen begann. Wenn Sinclairs Männer ihn gefangen genommen oder ihm eine Kugel verpasst haben, dann ist das nicht mehr, als er verdient. Es ist das Mädchen, das ich brauche. Ich muss das Mädchen haben!«
Dockett schüttelte seine zotteligen Haare und zerdrückte mit den Händen seinen Hut. »Ich sage es Ihnen ja, Sir. Ich habe sie fallen sehen. Ich bin ein guter Schütze. Es ist ausgeschlossen, dass ich sie aus dieser Entfernung verfehlt habe, und es ist auch ausgeschlossen, dass sie überlebt hat.«
»Dann gib auch nicht auf, bis sie gefunden ist. Ich will, dass du mit den Männern unverzüglich wieder zurückreitest und weitersuchst.« Der Earl packte den wesentlich größeren Mann bei den Aufschlägen seines billigen Wollrockes und schüttelte ihn. Mit Schaum vor dem Mund rief er: »Wenn ich die Rotröcke auf Jamie Sinclairs Haupt niederbringen und mich seiner und seiner ganzen Sippe ein für alle Mal entledigen will, brauche ich einen Leichnam!«
»Mylord, sind Sie das da am Brunnen?«
Der Earl erschauerte, als Mrs Marlowes Stimme an sein Ohr drang. Mrs Marlowe und ihre verbliebenen Töchter hatten den größten Teil der letzten Woche weinend und sich laut in ihre Taschentücher schnäuzend verbracht, dass man hätte meinen können, eine Schar schwindsüchtiger Gänse habe sich in die Burg verirrt.
Er hatte mit Absicht diese abgelegene Ecke des Gartens für sein Treffen mit Dockett gewählt, weil er hoffte, so der allgegenwärtigen Familie Marlowe aus dem Weg zu gehen. Aber es hatte ganz den Anschein, als gäbe es keine Ecke in der ganzen Burg, die vor ihrer lästigen Gegenwart sicher war. Er konnte den Tag kaum erwarten, an dem sie den Leichnam ihrer Tochter in Empfang nehmen und abreisen konnten, um nie wieder einen Fuß in sein Haus zu setzen.
Seit sie erfahren hatten, dass Sinclair sie hintergangen hatte – Emma erschossen, Ian gefangen genommen und sich mit dem Lösegeld auf und davon gemacht hatte –, waren sie durch die Burg geflattert wie eine aufgescheuchte Schar Hühnergeier. Sie konnten nicht wissen, dass es Hepburns eigener Wildhüter gewesen war, der auf Emma geschossen hatte, und dass sowohl der Wagen als auch das Gold darauf unter Heuballen in seinen Ställen verborgen worden war.
Während die Tage verstrichen, ohne dass eine Spur von Emmas Leichnam gefunden wurde, hatte er begonnen, sie behutsam zu ermutigen, nach England zurückzukehren, und versprochen, sie zu benachrichtigen, sobald er etwas erfuhr. Aber sie hatten sich standhaft geweigert abzureisen und stattdessen darauf beharrt, dass sie unmöglich ihre Tochter im Stich lassen könnten, solange noch Hoffnung bestand, sie könnte noch am Leben sein.
Als der Earl sich umdrehte und die gesamte Familie gemeinsam auf sich zukommen sah, musste er sich beherrschen, sich nicht einfach hinter Docketts massigen Schultern zu verstecken und ihm aufzutragen, sie alle zu erschießen.
Mr Marlowe führte die kleine Parade an, seine Frau an seiner Seite. Die Töchter folgten dahinter, trugen Sonnenschirme, um ihre bereits sommersprossige Haut vor den Gefahren der Nachmittagssonne zu schützen. Wobei die vom Weinen geröteten Nasen und die verquollenen Augen sie auf jeden Fall nicht hübscher machten.
Der Earl kam ihnen auf dem gepflasterten Weg entgegen, ein – wie er hoffte – sympathisches Lächeln auf den Lippen. »Bitte verzeihen Sie mir, dass ich so ein nachlässiger Gastgeber bin. Ich gönne mir oft einen Spaziergang durch die Gärten, wenn der Tag allmählich zu Ende geht. Ich genieße die Einsamkeit – sie wirkt wie ein Balsam auf mein schmerzendes Herz.«
Sie alle blinzelten ihn verständnislos an, verrieten durch nichts, dass sie den Wink wahrgenommen oder gar verstanden hatten.
Mr Marlowe räusperte sich umständlich. Der Earl starrte ihn an und fragte sich, ob die Verschwommenheit, die seine Sicht in den letzten Monaten zu behindern begonnen hatte, am Ende schlimmer geworden war. So undenkbar es auch, er würde fast beschwören, dass der Mann … nüchtern war.
»Meine Gattin und ich haben die gegenwärtige Lage diskutiert. Wir würden niemals so weit gehen, Ihre Erfahrung infrage zu stellen oder an Ihrer Beurteilung
Weitere Kostenlose Bücher