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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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die Amish Menschen meinten, die nicht ihren Glauben teilten. Es gefiel Levi keineswegs, so zu leben. Es gefiel ihm nicht, immer allein zu sein. Aber so wie alles andere war es Gottes Wille und zugleich das Kreuz, das Levi zu tragen hatte. Nur manchmal wurde das Gewicht zu schwer …
    Er war also kein Amish mehr. Levi verkörperte etwas anderes – etwas, worüber Myrtle Danbury nichts erfahren musste. Sie hatte sich als Schriftstellerin vorgestellt, und in der Diele von Mrs. Laundrys Frühstückspension standen mehrere Bücher der Frau in einem Regal – schmale, billig produzierte, großformatige Paperbacks mit knalliger Schrift. Ein rascher Blick hatte Levi verraten, was er wissen musste. Die Themen reichten von Heilkristallen bis hin zum Channeling uralter lemurischer Gottheiten. Mrs. Danbury war eine Vertreterin der New-Age-Bewegung, des Fluchs von Levis Dasein. Nichts irritierte Levi mehr als New-Age-Amateurmystiker, abgesehen vielleicht von evangelischen Christen.
    Seiner Erfahrung nach handelte es sich bei der Mehrheit beider Gruppen um Heuchler und Schwindler, um Wölfe in Schafspelzen, die jenen auflauerten, die sich weigerten, selbst nachzudenken, um Gottes Wahrheiten von den Lügen der Menschheit zu unterscheiden. In Levis Augen stellte das allgemein das Problem mit Religion dar. Christen, Moslems, Juden, Buddhisten, Sikhs, Satanisten, Heiden, Hindus, Anhänger des Cthulhu-Kults, Scientologen und jede andere religiöse Vereinigung oder Sekte, ganz gleich, wie groß oder klein – alle hielten ihren Weg für den einzig richtigen. In Wirklichkeit irrten sie alle mehr oder weniger, denn es war ihnen nicht bestimmt, alle Geheimnisse des Universums zu kennen. Sie kämpften gegeneinander, töteten einander, verletzten sich gegenseitig, alles im Namen ihres jeweiligen Gottes oder ihrer jeweiligen Gottheiten. Wenn sie wüssten, wie weit sie damit von der Wahrheit entfernt waren!
    Mit Abstand am schlimmsten war die New-Age-Bewegung. Im Verlauf der Reise seines Lebens, wenn der Herr ihm Aufgaben anvertraute, hatte Levi die Unterstützung anderer Okkultisten und Magier benötigt, die nicht dieselben Disziplinen wie er praktizierten. Levi hatte das immer als notwendiges Übel betrachtet. Recht häufig traf das alte Sprichwort zu: »Der Feind meines Feindes ist mein bester Freund.« Doch ganz gleich, wie aussichtslos die Lage oder wie potenziell verheerend die Konsequenzen gewesen waren, er hatte sich noch nie Hilfe suchend an jenen Menschenschlag gewandt, der Kristallen huldigte, Kräuter verherrlichte und sich mit dem Channeling von vermeintlichen atlantischen Seelenbrüdern beschäftigte. Und tief in seinem Innersten wusste Levi, selbst wenn er es getan hätte, er wäre ihnen nicht willkommen gewesen. Sogar die New Ager hätten ihm den Rücken gekehrt.
    Letzten Endes ging Levi seinen Weg immer allein, selbst unter den versprengten Rängen jener im verrückten Randbereich des Okkultismus. Er verkörperte für jeden einen Fremden, außer für sich selbst … und für Gott.
    Draußen wurde das Geheul lauter und riss ihn aus seinen gefühlsduseligen Grübeleien. Die Laute hörten sich deutlich wilder und ungezügelter an als noch vor wenigen Minuten. Levi fragte sich, was da vor sich ging. Er streckte die Hand zum Nachttisch aus und tastete nach seinem Mobiltelefon, das er zum Aufladen angeschlossen hatte, bevor er eingeschlafen war. Wie alles andere in seinem Leben trug das Handy häufig zur Verwirrung jener Menschen bei, die ihn für einen Amish hielten. Er fragte sich, was er ihrer Meinung nach sonst zur Kommunikation benutzen sollte. Eine Brieftaube? Zwei mit einer Schnur verbundene Pappbecher? Telepathie? Tatsächlich hatte er einige Male in seinem Leben telepathische Kräfte eingesetzt. Allerdings versuchte er, es nach Möglichkeit zu vermeiden, weil ihm das Nasenbluten nicht gefiel, das die Anstrengung zwangsläufig nach sich zog.
    Schlagartig verstummte das Geheul der Hunde. Die Stille kam ihm fast schlimmer vor als der Lärm.
    Levi klappte das Mobiltelefon auf und stellte überrascht fest, dass es keinen Mucks von sich gab. Hätte er nur keinen Empfang gehabt, wäre das nachvollziehbar gewesen. Dieser war bereits in den vergangenen drei Tagen, seit er das Bergland erreicht hatte, lückenhaft. Aber das Gerät hatte überhaupt keinen Saft – weder Hintergrundbeleuchtung noch Zeitanzeige funktionierten. Die Tastentöne verweigerten ebenfalls den Dienst, als er versuchsweise auf dem Ziffernblock herumdrückte. Er

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