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Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Eine Versammlung von Krähen (German Edition)

Titel: Eine Versammlung von Krähen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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Handy donnerte er achtlos in die Reisetasche.
    Plötzlich überkam Stephen ein überwältigendes Gefühl von Heimweh. Er vermisste Noralyn und die Katzen. Er wünschte, er könnte bei ihnen sein, statt sich gestrandet am Straßenrand in der tiefsten Provinz von West Virginia durchzuschlagen. Stephen besaß eine ziemlich große Buchsammlung, weit über 2000 Romane, überwiegend Horror, Thriller und Krimis. Was er dafür geben würde, jetzt gemütlich zu Hause eines davon zu lesen, statt hier in der Einöde herumzuirren.
    Bevor er den Reißverschluss der Reisetasche zuzog, holte er seinen iPod heraus und steckte sich die Stöpsel in die Ohren. Zu Hause benutzte er das Gerät regelmäßig, wenn er den Rasen sprengte oder mähte. Der einzige Grund, warum er es an diesem Abend in der Tasche gelassen hatte, bestand darin, dass er den Adapter für den Zigarettenanzünder verloren hatte und die Akkus nicht leeren wollte, bevor er eine Möglichkeit zum Aufladen fand.
    In diesem Moment war ihm das egal. Er fühlte sich traurig, entmutigt und mehr als ein wenig wütend wegen seiner aktuellen Zwangslage, und er brauchte Musik, die ihn etwas aufmunterte. Egal welche Art von Musik. Sein Geschmack war schon immer enorm breit gefächert gewesen. Er würde losmarschieren, um sich Hilfe zu suchen, den iPod auf Zufallswiedergabe schalten und sich von der Musik ablenken lassen – er würde Fred Astaire, White Zombie, Steve Howe, Black Sabbath, Yes, King Crimson, Judas Priest, Blue Öyster Cult, Robert Fripp, AC/DC, Guns N’ Roses, Robin Trower und Jimi Hendrix lauschen, ganz egal. Womit auch immer ihn der Player überraschte. Manchmal vergaß Stephen, dass er bestimmte Songs oder Alben besaß, bis er sie durch den Shuffle-Modus wiederentdeckte.
    Stephen lächelte. Er fühlte sich bereits besser. Nachdem er sich die winzigen Silikonstöpsel in die Ohren gestopft hatte, drückte er die Wiedergabetaste – und nichts geschah.
    »Verdammte Scheiße! Nicht auch noch der iPod.«
    Das Display war tot. Genau wie beim Auto, den Lichtern der Stadt und seinem Mobiltelefon war die Energieversorgung ausgefallen.
    »Was ist an diesem Ort nur passiert? Hat jemand einen elektromagnetischen Impuls abgefeuert oder so?«
    Er stopfte den nutzlosen iPod zusammen mit den In-Ear-Kopfhörern zurück in die Reisetasche, stieg aus, zog die Tür hinter sich zu und verriegelte den Wagen. Dann wandte er sich in Richtung der Stadt und zuckte erschrocken zusammen. Die Krähe war verschwunden. An der Stelle, wo sie gehockt hatte, stand ein großer, dünner, vollkommen in Schwarz gekleideter Mann.
    Stimmt das überhaupt?, überlegte Stephen. Aus was für einem Material besteht seine Kleidung? Sieht fast so aus, als trüge er die Nacht selbst – als würde er die Dunkelheit reflektieren. Das kann nicht stimmen. Ich bin wohl doch müder, als ich dachte .
    Der Mann in Schwarz kam langsam auf ihn zu. Die Gestalt hielt den Kopf gesenkt, und Stephen hatte Mühe, eindeutige Merkmale an ihm wahrzunehmen. Er trug einen großen schwarzen Hut mit schlapper Krempe, der seine Gesichtszüge verbarg. Stephen konnte nur einen Schopf pechschwarzer Haare erkennen, die unter dem Rand des Huts hervorlugten, ein langes, spitzes Kinn mit einer Spalte in der Mitte sowie einen grausam anmutenden Mund mit schmalen Lippen.
    »Entschuldigen Sie«, rief Stephen. »Haben Sie zufällig ein Handy dabei? Ich hab ’ne Autopanne, und mein Telefon funktioniert nicht. Verdammt, rein gar nichts funktioniert.«
    Der Mann antwortete nicht.
    Stephen versuchte, dem Blick des Fremden zu begegnen, als dieser sich näherte, aber das Gesicht blieb in den Schatten verborgen.
    »Oder können Sie mir vielleicht verraten, wo die nächste Tankstelle ist?«
    Immer noch erwiderte der Mann nichts. Er bewegte sich schweigend und verringerte zügig den Abstand zwischen ihnen. Stephens Herzschlag beschleunigte sich. Etwas an diesem Kerl stimmte nicht. Stephen hatte in seinem Leben schon einige merkwürdige Dinge erlebt. Er war zwar nicht felsenfest von der Existenz übernatürlicher Phänomene überzeugt, allerdings hatte er genug gesehen, um sie nicht grundsätzlich auszuschließen. Er schloss rein gar nichts aus – diesen dunklen Mann inbegriffen. Vielleicht handelte es sich bei dem Kerl um einen gefährlichen Serienmörder. Oder er war besessen.
    Jetzt sei nicht albern , dachte er. Du bist mit den Nerven runter, und jetzt schiebst du es auf diesen Typen. Wahrscheinlich ist er bloß taub. Oder er ist behindert. Oder

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