Eine Versammlung von Krähen (German Edition)
gepfählt worden, der den Kirchhof umgab. Ein Ende der Eisenstange ragte aus dem Anus des Hundes, das andere aus dem Maul. Dem Gesichtsausdruck des Tieres nach zu urteilen, hatte es noch gelebt, als die Tat verübt wurde. Ohne darüber nachzudenken, streckte Levi die Hand aus und schloss die Augen des armen Hundes.
Dann kam ihm ein Gedanke. Wenn er einen toten Menschen fand – einen, dessen Tod mit diesen mysteriösen Krähengestalten oder den Männern in Schwarz zu tun hatte –, konnte er seinen Geist beschwören und auf diese Weise Antworten aus dem Mund des Verstorbenen erlangen. Man konnte davon ausgehen, dass ein Mordopfer, vor allem eines, das auf so grausame Weise getötet worden war, Fragen über seinen oder seine Mörder beantworten würde.
Er musste lediglich eine Leiche finden, was ihm in Anbetracht der aktuellen Situation keine besondere Herausforderung zu sein schien.
Levi hielt sich an den Eisenstäben fest und schwang sich über den Zaun. Als er die Hände löste, waren sie voll von Blut und Fellrückständen. Stirnrunzelnd kniete er sich hin und wischte sie im Gras ab. Anschließend stand er auf und schlich sich an der Längsseite der Kirche entlang, wobei er abermals in den Schatten blieb, um nicht gesehen zu werden. Ein schwarzes Auto mit seitlich aufgemalten Flammen raste vorbei, dicht gefolgt von einem hochtourig gefahrenen Geländefahrzeug. Das empfand Levi als merkwürdig. Er hatte in dieser Nacht noch keine Fahrzeuge gehört oder gesehen, deren Antrieb funktionierte.
Flammen loderten in der Dunkelheit und warfen einen orangefarbenen Schein in die Nebenstraßen und Gassen. Obwohl keines der Gebäude in unmittelbarer Umgebung brannte, waren die Feuer so nah, dass Levi den Qualm riechen konnte.
Seine Augen tränten. Hinter den Vorhängen einiger Häuser nahm er Bewegung wahr, als er daran vorbeischlich. Als er eine freie Fläche erreichte und den Schutz der Dunkelheit verlassen musste, hastete er den Bürgersteig entlang. Zerbrochenes Glas knirschte unter seinen Füßen. Eine fettleibige Frau, die unkontrolliert schluchzte, lehnte sich an der Straßenecke gegen einen Briefkasten.
»Entschuldigen Sie«, rief Levi ihr zu. »Geht es Ihnen gut? Sind Sie verletzt?«
Sie schaute in seine Richtung, und ihr Schluchzen schlug in ein unkontrolliertes Gebrüll um. Dann rannte sie mit einer Geschwindigkeit davon, die ihre üppige Masse Lügen strafte. Kopfschüttelnd lief Levi weiter.
An der nächsten Kreuzung stieß er auf einen Leichnam. Das Opfer war ein Weißer mittleren Alters. Sein Kopf und seine Gliedmaßen waren unversehrt, dafür hatte man ihm die Genitalien herausgerissen. In seinem Schritt klaffte ein zerklüftetes Loch. Auf dem Asphalt unter ihm glänzte schwarzes Blut. Hemd und die zerfetzten Überreste seiner Hose hatten sich rot verfärbt. Levi kniete sich neben den Toten und steckte die Spitze des rechten Zeigefingers in das Blut. Es erwies sich als klebrig, war aber noch nicht geronnen.
Er legte eine Handfläche auf die Leiche und stellte fest, dass sich das Fleisch zwar kühl anfühlte, aber noch geschmeidig war. Wer immer der Mann sein mochte, er schien noch nicht lange tot zu sein. Levi sah sich nach dem fehlenden Penis und den Hoden um und fand sie am Randstein. Was immer diesen Mann ermordet hatte, es verspürte nicht den Drang, seine grausige Trophäe zu verschlingen. Ebenso wenig hatte es den Rest von ihm gefressen oder zerfleischt. Es war ein schneller Tod gewesen, fast beiläufig, wenn auch brutal. Jedenfalls stand weder Folter noch Rache im Mittelpunkt. Das Töten hatte einem Zweck gedient – aber welchem? Das Opfer war nicht ausgeblutet, sein Fleisch nicht verzehrt worden. Warum also musste der Mann auf diese Weise sterben?
Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Nur eine Person konnte die fehlenden Antworten liefern – der Tote selbst.
Gott, betete er stumm, wie immer bin ich dein ergebener Diener und dein mächtiges Schwert. Führe meine Hand heute Nacht so, als wäre es deine eigene. Lass unseren Sieg schnell und gerecht sein, und wenngleich meine Methoden nicht allesamt die deinen sein mögen, lass ihren Zweck deine ewige Herrlichkeit sein. Amen.
Levi brachte den Leichnam in Position. Er achtete darauf, dass der Kopf nach Norden wies, und streckte die Arme und Beine vom Rumpf aus. An der Unterseite der Gliedmaßen fielen ihm blaue Flecken auf. Im Körper des Mannes verbliebenes Blut sickerte heraus. Levi stand auf und wischte sich die Hände an der
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