Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Zimmerdecke. Was sich alles aus dieser alten Villa machen ließe, dachte sie und riss im Geist schon die Tapeten von den Wänden, ließ Kacheln erneuern und eine große, kupferfarbene Dunstabzugshaube über dem Herd anbringen. Das Angebot des Vermieters hatte fair geklungen, und Stella war absolut bereit, einen Zuschlag zu zahlen, wenn es erforderlich war. Was für eine wunderbare Gelegenheit, alles komplett nach ihren Vorstellungen zu gestalten. Auch der verwilderte Garten würde sicher wunderschön werden, wenn sich jemand seiner annahm. Ob die zierliche Dunkelhaarige die Wohnung bekommen würde? Als Floristin und Gärtnerin hatte sie natürlich gute Chancen.
Eine Hausgemeinschaft mit netten, gleichaltrigen Frauen, das wäre schön, überlegte Stella, während sie nach ihrem Handy griff. Sie hatte es gar nicht eingeschaltet, seit sie zu Hause war. Beinahe ängstlich gab sie den PIN-Code ein und wartete auf das erlösende Geräusch, das den Eingang einer Kurzmitteilung anzeigte. Doch Julian hatte sich nicht gemeldet. Nicht mal heute früh, um ihr einen Guten-Morgen-Gruß zu schicken, wie er es sonst immer tat. Stellas Paris-Pläne hatten ihn wohl ziemlich erschreckt.
Obwohl es noch früh am Abend war, schenkte sie sich zum Trost ein Glas Champagner ein und trat auf den Balkon. Die Abendluft war angenehm mild, und Stella setzte sich auf einen ihrer teuren Teakstühle. Aber im Gegensatz zu sonst konnte sie sich heute nicht so recht an ihrem Luxus erfreuen. Sie fühlte sich einsam – das war auch der Grund, warum sie zu der Besichtigung gegangen war.
Am frühen Morgen war sie, wie jetzt häufiger in den letzten Wochen, mit Herzrasen erwacht. Um sich abzulenken, hatte sie im Abendblatt geblättert und war auf Robert Behrendsens Anzeige gestoßen.
Beim Anblick der schönen Villa hatte sie endgültig beschlossen, ein neues Leben zu beginnen, abseits ihrer luxuriösen und stressigen Existenz, zusammen mit anderen netten Menschen. Stella stellte es sich himmlisch vor, abends bei einem Glas Wein im Wintergarten zu sitzen. Das Gefühl zu haben, nicht allein zu sein und sich zurückziehen zu können, wenn man es wollte. Vielleicht könnten sie auch zusammen kochen? Dafür würde sie sogar den Besuch eines Kochkurses in Erwägung ziehen.
Leonie rief an diesem Abend sofort bei ihren Eltern an. Sie konnte es kaum erwarten, von der charmanten Stadtvilla und dem Katzenpaar zu berichten.
»Aber das klingt ja himmlisch, Liebes. Ich drücke dir die Daumen, dass es klappt!«
Nach dem Telefonat machte sich Leonie an die Zubereitung des Abendessens. Summend schnitt sie eine Zwiebel in kleine Würfel und malte sich aus, wie gut ihr Kräutergarten in die schnuckelige Wohnung der Villa passen würde. Diese Floristin hatte sehr sympathisch ausgesehen, die würde ihr bestimmt ein paar Tipps geben. Außerdem würde es sicher Spaß machen, gemeinsam zu tapezieren, zu streichen, sich einen schönen Bodenbelag auszusuchen und sich alles in allem mal so richtig auszutoben. Leonie saß sowieso viel zu viel am Schreibtisch und konnte sich abends nicht mehr dazu aufraffen, Sport zu treiben.
Hoffentlich zieht diese arrogante Innenarchitektin nicht ein, dachte sie, während sie den Koriander für ihr indisches Putencurry klein hackte. Genau solche Frauen kamen tagtäglich in ihr Büro, um sich über teure Reisen zu informieren oder zu reklamieren, wenn nicht alles genau so gewesen war, wie sie es sich vorgestellt hatten.
Mit Schaudern dachte Leonie an den kommenden Dienstag. Zum Glück hatte sie Montag frei, doch der Beginn der neuen Arbeitswoche rückte bedrohlich näher. Doris Möller war Samstagvormittag zwar nur kurz im Reisebüro gewesen, aber selbst die eine Stunde hatte ausgereicht, um Leonie komplett die Laune zu verderben. Wenn schon ihr Berufs- und Liebesleben so eine Pleite waren, könnte das Schicksal wenigstens jetzt ein Einsehen mit ihr haben und ihr den Mietvertrag für die Villa in die Hände spielen.
Mit dem Gedanken an Paul, Paula und Robert Behrendsen schlief Leonie schließlich auf dem Sofa ein. Vor lauter Müdigkeit hatte sie es nicht einmal mehr ins Schlafzimmer geschafft. Sie träumte von einer Party im Wintergarten. Von lachenden Gesichtern und fröhlichen Menschen. Von Kindern und Katzen. Und sich selbst inmitten des lebendigen Trubels.
Ein paar Straßen vom Pappelstieg entfernt saß Nina an ihrem Küchentisch und kaute lustlos an einer Frühlingsrolle, die sie kurz zuvor in der Mikrowelle aufgetaut hatte.
Weitere Kostenlose Bücher