Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
etwas dazwischenkommen, springe ich in ein Taxi oder ich bin in Gottes Namen etwas später dran. Das müssen die Leute aushalten können. Früher ging es doch auch. Und wenn ich den Weg nicht weiß, nützt mir ein Handy herzlich wenig. Dann muss man halt nachfragen.«
»Aber verschickst du denn gar keine SMS? Lässt du dich nicht von deinem Handy wecken? Oder dich an Termine erinnern?« Stella war immer noch maßlos irritiert.
»Wecken lasse ich mich von meinem Wecker, das hat bislang bestens funktioniert. Meine Termine stehen im Kalender und sind außerdem in meinem Kopf gespeichert. Mit beidem hatte ich bislang noch keine Probleme. Und was diese Unsitte mit den SMS betrifft, so kann ich nur sagen, dass ich das alles ziemlich nervig finde. Dauernd piepst, klingelt oder vibriert es irgendwo, und du kannst mit niemandem mehr ein normales Gespräch führen. Ständig tippen die auf diesen Dingern herum. Und außerdem: Wann hat es das jemals gegeben, dass man mit Freunden, oder noch schlimmer, mit dem eigenen Mann nur noch per Kurzmitteilung kommuniziert? Mittlerweile werden ganze Beziehungen auf diese Art beendet! Man macht sich nicht mal mehr die Mühe, mit dem Partner persönlich zu sprechen.«
Stella wurde rot. Konnte Leonie Gedanken lesen? Wusste sie, wie sehr sie unter Julians Unerreichbarkeit litt?
»Ich habe übrigens auch kein Handy«, setzte Nina noch eins drauf und sah Stella triumphierend an. »Wenn du also telefonieren willst, musst du dir wohl oder übel eine Telefonzelle suchen.«
»Du kannst dir meins leihen«, kam Chris der Bedrängten zu Hilfe. Dankbar lächelte Stella den gutaussehenden Mittzwanziger an. Er war ihr auf Anhieb sympathisch gewesen, und für einen Moment bedauerte sie es, um so vieles älter zu sein als er. Es war ganz offensichtlich, dass er seinerseits ebenfalls Gefallen an Stella gefunden hatte. Eigentlich hatte sie angenommen, dass er, genau wie sein Freund Olli, homosexuell war. Mit welchem Mann ihrer Generation hätte sie sich über Stoffe und Tapetenmuster unterhalten können? Aber die Männer zwischen zwanzig und dreißig waren irgendwie anders als noch vor fünfzehn Jahren. Ob der metrosexuelle Mann als neues Leitsymbol dazu beigetragen hatte oder eine Generation von Müttern, die mühevoll versuchte, die sensiblen und emotionalen Seiten ihrer männlichen Sprösslinge zu fördern, sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sich irgendwo zwischen Yin und Yang, zwischen »Biotherm Homme« und Brustrasur etwas ganz gewaltig geändert hatte. Seufzend dachte sie an Julians breite, behaarte Brust, sein markantes Kinn und die Knitterfältchen um seine Augen.
»Das ist lieb von dir, ich bezahl dir das Gespräch auch«, antwortete sie und kramte in ihrem Portemonnaie nach einem Zwanzigeuroschein. Sie wusste zwar nicht, ob sie Julian wirklich erreichen würde, doch falls es ihr gelang, wollte sie ungehindert mit ihm sprechen können, und zwar so lange, wie ihr danach war.
Nina sah Stella, die sich mit dem geliehenen Mobiltelefon eilig in ihre Wohnung zurückzog, spöttisch hinterher.
»Blöd, wenn man ohne das Ding nicht leben kann«, stichelte sie.
»Nun sei doch nicht so«, entgegnete Leonie. »Als ich vorhin bei ihr war, hatte sie geweint. Wer weiß, was da passiert ist. Also urteil nicht so hart!« Und vor allem nicht so vorschnell, fügte Leonie insgeheim hinzu. So nett sie Nina auch fand, so sehr störte sie deren Verhalten in Bezug auf Stella.
»Ich geh dann mal wieder, ich habe noch einiges zu erledigen«, sagte Nina. »Und danke für die nette Einladung, ich werde mich beizeiten revanchieren. Ich kann zwar nicht kochen, aber ich bin eine Weltmeisterin im Auftauen von Fertiggerichten. Oder ich hole uns was vom Asia-Mann um die Ecke.«
»Schon gut«, wiegelte Leonie ab. »Ich bin mir sicher, dass dir etwas Passendes einfällt!« Mit diesen Worten wandte sie sich Olli und Chris zu, die gerade dabei waren, das letzte Bücherregal zusammenzubauen. Bald hatte sie es geschafft und konnte sich ausruhen.
Kapitel 6
D ann soll sie doch gleich etwas aus Plastik kaufen, wenn sie sowieso davon ausgeht, dass unsere Blumen nicht lange halten«, giftete Nina, als sich die Tür hinter einer besonders stressigen Kundin schloss.
»Gut, dass sie das nicht mehr gehört hat«, entgegnete Annette und sah ihre Freundin besorgt an. Nina wirkte in den vergangenen Tagen ausgesprochen gereizt und unausgeglichen. Und es war nicht das erste Mal, dass sie so schnell die Geduld verlor.
»Hast du
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