Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
verschluckt.
Bis bald,
Ihr Waldemar Achternbeck
Nina ging es schon ein kleines bisschen besser, und sie wusste selbst nicht, weshalb. Eigentlich war es nichts Besonderes, was Asterdivaricatus ihr schrieb, und doch lag etwas Tröstendes in seinen wenigen Zeilen und sie fühlte sich weniger allein. Die Korrespondenz mit ihm war zu einer Konstanten in ihrem Leben geworden – wenn auch nur zu einer virtuellen. Die Angst, einem Betrüger aufzusitzen, hatte sie nach wie vor nicht ablegen können, ihre Bedenken wurden allerdings immer leiser und würden eines Tages vielleicht sogar ganz verschwinden.
Erfreut sah Nina, dass sich auch eine E-Mail von Willem in ihrem Postfach befand: Er schrieb, dass er sich kurz vor Weihnachten mit Schillerlocke getroffen und es zwischen den beiden auch im realen Leben gefunkt hatte. Und zwar so sehr, dass sie zu einem Spontan-Urlaub auf die Kanaren aufgebrochen waren, um der heimischen Kälte zu entfliehen und sich besser kennenzulernen.
Unter Umständen war es doch nicht so verrückt, sich in eine Internetromanze zu stürzen, obgleich natürlich die Gefahr bestand, dass man dabei gewaltig auf die Nase fiel. Aber war das nicht immer so? Für welche Liebe gab es schon eine Garantie? Nina ging ins Badezimmer und betrachtete eingehend ihr Spiegelbild.
»Bin ich wirklich so engherzig?«, fragte sie sich nachdenklich. Allmählich zeigte sich ein strenger Zug um ihren Mund, der sich vermutlich tiefer eingraben würde, wenn sie nicht aufpasste. Nina schnitt eine Grimasse. Dann probierte sie ein paar Frisuren aus und überlegte, ob sie sich vielleicht die Haare schneiden lassen sollte. War sie überhaupt attraktiv? Was die Leute wohl dachten, wenn sie sie zum ersten Mal sahen? Asterdivaricatus hatte ihr Foto immerhin als hübsch bezeichnet.
In den vergangenen Jahren hatte sich Nina kaum Gedanken über ihr Erscheinungsbild gemacht. Schließlich gab es wichtigere Dinge im Leben. Ich glaube, es kann nicht schaden, wenn ich endlich mal wieder zum Friseur gehe, dachte sie, bevor sie das Licht im Badezimmer löschte. Bei ihrem Termin mit Ruth Gellersen wollte sie einen guten Eindruck machen! Gleich morgen früh würde sie bei Querschnitt anrufen.
»Das wird schon wieder, Kind«, sprach Jürgen Rohlfs seiner Tochter Mut zu und goss ihnen noch ein Gläschen selbstgebrannten Apfelschnaps ein. Leonies Mutter war bereits ins Bett gegangen. Weihnachten und die vielen Gäste hatten sie angestrengt.
»Aber was mache ich, wenn Doris Möller mir wirklich kündigt?«, schniefte Leonie.
»Dann findet sich eben etwas anderes!«, entgegnete ihr Vater pragmatisch und strich ihr über den Kopf. »Ein so kluges Mädchen wie du kriegt bestimmt mit links einen neuen Job. Und wenn alle Stricke reißen, kommst du halt wieder nach Hause. Du weißt, dass wir dich hier gut gebrauchen könnten. Deine Mutter und ich sind nicht mehr so fit wie früher, und der Hof und das Geschäft machen viel Arbeit. Und irgendwie haben wir immer Pech mit unseren Mitarbeitern. Keiner bleibt länger als ein paar Wochen!«
Weil das eben eine echt langweilige Angelegenheit ist. Leonie erinnerte sich, wie sie in ihren Schulferien in der kleinen Bretterbude, dem sogenannten »Hofladen«, Aushilfe gespielt hatte. Während der Saison kamen viele Touristen vorbei, um Obst, Gemüse, Schafskäse und Honig zu kaufen. Das waren jedoch nur wenige Monate im Jahr. Den Rest der Zeit stand man sich die Beine in den Bauch. Sie hatte jedenfalls nicht vor, ihr junges Leben mit einem faulen Kompromiss zu verplempern.
In den vergangenen Tagen waren ihr immer wieder Ninas Worte durch den Kopf gegangen. Vielleicht sollte sie wirklich mit Thomas Regner über andere Möglichkeiten innerhalb des Unternehmens sprechen? Wenn sie nur nicht immer so unsicher wäre! Manchmal wunderte sie sich, wie sie es überhaupt geschafft hatte, vom elterlichen Hof nach Hamburg zu ziehen. Vermutlich war es die drohende Ehe mit Henning gewesen, die ihr Beine gemacht hatte – anders konnte sie sich diesen mutigen Schritt nicht mehr erklären. Womöglich würde ihre Angst vor Kündigung auch diesmal wieder ungeahnte Energien mobilisieren? Genau wie damals? Schlimmer als jetzt konnte es eigentlich kaum werden!
Stella wälzte sich unruhig in dem fremden Bett hin und her und fragte sich zum hundertsten Mal, weshalb sie eigentlich hergekommen war. Aus einer harmlosen Einladung war eine recht verfängliche Angelegenheit geworden. Wieso hatte sie es so weit kommen lassen? Wie hatte
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