Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
es passieren können, dass sie mit ihrem Vermieter im Bett gelandet war?
Kapitel 18
E s war zum Aus-der-Haut-Fahren! Seit Stunden recherchierte Leonie nach Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Reisen. Dass sie aber auch nie ihre Ruhe haben konnte! Die Suche war mehr als frustrierend. Für die meisten Lehrgänge benötigte man Abitur, und das konnte sie nicht vorweisen. Missmutig notierte sie sich die Adressen einiger Seiten, die eventuell in Frage kommen könnten, und legte erschöpft den Kopf auf die Tischplatte.
»Leonie, Besuch für dich«, ertönte die Stimme ihrer Mutter, und mit einem Mal stand Henning vor ihr – der Mann, den sie beinahe geheiratet hätte. Überrascht sprang sie auf.
»Hallo«, grüßte Henning zaghaft und sah sie schüchtern an. Leonie straffte die Schultern. Ihr Ex-Freund sollte auf keinen Fall sehen, dass es ihr nicht gutging. Schließlich hatte er ihr prophezeit, dass sie es bereuen würde, in die »Großstadt« zu gehen, wie er Hamburg stets argwöhnisch nannte.
»Hallo, Henning«, antwortete sie, reckte ihr Kinn und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Knapp zwei Jahre waren vergangen, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten, und die Zeit war mit Henning nicht gut umgegangen. Oder er nicht mit ihr. Er hat zugenommen, dachte Leonie bedauernd. Das einst so volle, dunkelblonde Haar war von silbrig grauen Fäden durchzogen und auffällig schütter. Dem Älterwerden konnte man eben nicht entgehen. Was sie jedoch wirklich traurig machte, war die vollkommene Leere in seinem Gesicht. Es schien, als wären die Jahre ereignislos an ihm vorübergezogen.
»Hast du Lust auf einen Spaziergang?«, fragte Henning und wirkte seltsam verlegen. Eigentlich hatte Leonie nicht das geringste Bedürfnis, auf den ausgetretenen Pfaden ihrer Vergangenheit zu wandeln, doch sie wollte nicht unhöflich sein. Schließlich war er extra hergekommen, um sie zu besuchen.
»Ich zieh mir nur rasch was an, wir treffen uns dann draußen«, entgegnete sie, während sie sich einen Mantel überwarf und in ihrem Schrank nach einem Schal kramte.
Eine halbe Stunde später standen sie auf dem Deich und trotzten dem eisigen Wind, der finstere Regenwolken über den Himmel peitschte. Seufzend betrachtete Leonie ein leeres Storchennest auf dem Dachfirst einer Kate, die sich im Schutz des Walls vor Sturm und Kälte duckte.
Auch sie sind von hier fortgezogen, dachte sie, als ihr Blick über die grauen Äcker und kahlen Bäume schweifte und schließlich auf Henning fiel, der mit hochgezogenen Schultern neben ihr stand und mit dem Reißverschluss seiner Daunenjacke spielte. Einen Moment lang hatte sie ein Déjà-vu und sah sich mit ihm Hand in Hand an derselben Stelle stehen, glücklich und voller Träume für die Zukunft. Was war nur aus diesen Träumen geworden?
»Nun sag schon, wie geht es dir?«, sagte sie, da es Henning offensichtlich die Sprache verschlagen hatte. »Mama hat erzählt, dass du Sabine geheiratet hast und jetzt stolzer Vater von Zwillingen bist?«
Sabine war eine ehemalige Klassenkameradin, die schon immer in Henning verliebt gewesen war und die Gunst der Stunde genutzt hatte, als Leonie nach Hamburg gegangen war.
»Ja, ich bin jetzt verheiratet und Vater«, antwortete Henning tonlos und sah alles andere als glücklich aus.
»Aber das ist doch toll«, rief Leonie, »das ist genau das, was du dir immer gewünscht hast. Ich freue mich für dich!«
»Ich wollte das aber mit dir erleben und nicht mit Sabine«, erwiderte Henning mit rauher Stimme und sah Leonie traurig an.
»Ich hatte allerdings etwas andere Vorstellungen, so leid es mir tut«, antwortete sie.
»Und du? Hast du dein Glück in Hamburg gefunden?«
Leonie überlegte einen Augenblick, was sie antworten sollte.
»Ich habe mich ganz gut eingelebt, doch es ist noch längst nicht das, was ich mir so vorstelle.«
Dann erzählte sie ihm alles über ihre berufliche Krise, den Ärger mit Doris Möller und schließlich ihren Anruf bei Thomas Regner. Darüber hinaus schwärmte sie in den höchsten Tönen von der Villa und von den lieben Freundinnen, die sie im letzten Jahr gefunden hatte.
Da es offensichtlich keinen neuen Mann in ihrem Leben gab, entspannte sich Henning zusehends und wurde zu dem verständnisvollen Gesprächspartner, den Leonie immer so sehr geschätzt hatte. Er kannte sie so gut wie sonst kaum jemand, abgesehen vielleicht von ihren Eltern.
»Ich finde, du solltest ein bisschen mutiger werden«, redete er ihr gut zu.
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