Eine Villa zum Verlieben: Roman (German Edition)
Milch für die Latte macchiato aufschäumen. Das, was Sie von dem Klinikkaffee erzählt haben, hat meine Gastgeberehre gekitzelt. Ich bin gleich wieder da!«
Stella blickte auf, als Moritz und seine Großmutter den Raum betraten. Rose Behrendsen war eine imposante Erscheinung: groß, hager, das silbergraue Haar kurz geschnitten. Die Lippen wirkten voll – ungewöhnlich für eine Frau ihres Alters. Kleine Grübchen ließen eine entfernte Ähnlichkeit mit Robert Behrendsen erkennen, ebenso wie ihre Augen, die sehr wach und neugierig wirkten. Viel zu jung für jemanden, der in einem Seniorenstift wohnen musste.
»Sie sind also eine unserer Mieterinnen«, sagte die alte Dame und musterte ihren Gast unverhohlen von oben bis unten. Moritz gab Stella artig die Hand, drehte sich auf dem Absatz um und stürmte zu seinem Vater in die Küche.
»Schön, Sie kennenzulernen! Wie geht es meinen Katzen?«
»Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, ging es ihnen gut«, antwortete Stella. »Sie haben ein wenig abgenommen, was ihnen sicher gutgetan hat, und Frau Rohlfs ist eine hingebungsvolle Katzenmutter. Ich denke, die beiden sind bei ihr in den besten Händen.«
»Freut mich zu hören. Aber was ist mit Ihnen? Mein Sohn erzählte, dass Sie derzeit in einer Klinik sind? Eine junge Frau wie Sie und schon im Sanatorium. Eine Schande! Was ist das nur für eine merkwürdige Welt, in der wir leben?«
Stella stutzte. Mit so einer Frage hatte sie nicht gerechnet. Und schon gar nicht von jemandem, dem sie gerade zum ersten Mal begegnet war. Allmählich dämmerte ihr, wo Robert Behrendsen seine provokante Art herhatte. Soeben betrat dieser das Zimmer, gefolgt von seinem Sohn, der eine Torte balancierte.
»Sieht kalorienreicher aus, als es ist«, sagte er augenzwinkernd, als er merkte, wie Stella den Kuchen misstrauisch beäugte. »Das, was Sie für Sahne halten, ist eine leichte Quark-Joghurt-Creme. Also nur keine Scheu! Probieren Sie ein Stück.«
Seufzend ergab sich Stella in ihr Schicksal. Und ihr Gastgeber hatte nicht übertrieben. Die Torte war wirklich hervorragend und sehr bekömmlich. Dieser Mann schien sich in Haushaltsdingen bestens auszukennen, ganz im Gegensatz zu ihr.
»Können Sie backen?«, erkundigte sich Rose Behrendsen und sah Stella herausfordernd an.
»Nein. Ich kann weder backen noch kochen, und das finde ich auch überhaupt nicht schlimm«, erwiderte Stella und reckte ihr Kinn trotzig in die Luft. Frau Behrendsen stutzte einen Moment, und Stella befürchtete, nun endgültig durch das »Schwiegertochterraster« gefallen zu sein. Aber halt, sie war ja gar keine Anwärterin auf diesen Posten. Das hätte eher Leonies Part entsprochen.
»Warum nicht?«, fragte Rose Behrendsen.
»Weil ich anderen Dingen in meinem Leben Priorität einräume. Meiner Arbeit zum Beispiel. Oder meinen Hobbys, wie Lesen, Musikhören, Reisen.«
Alles Dinge, die in den vergangenen Jahren viel zu sehr ins Hintertreffen geraten sind, dachte Stella reumütig. Doch das musste die alte Dame ja nicht wissen. Robert Behrendsen sah sie grinsend an.
»Interessant, was Sie so alles machen. Wer hätte das gedacht?«
»Ich kann Sie gut verstehen, meine Liebe«, pflichtete Frau Behrendsen Stella bei. »Ich habe auch nichts davon gehalten, mich mit diesem Unsinn zu beschäftigen. Statt meinen Kopf mit Kochrezepten oder Haushaltstipps vollzustopfen, habe ich lieber Medizin studiert. Und diese Entscheidung nie bereut, auch wenn sich mein Mann manchmal eine fürsorglichere Ehefrau gewünscht hätte. Als Ärztin hatte ich nicht immer Zeit für ihn, aber unserer Ehe hat das ganz gutgetan.«
Stella lächelte überrascht. Diese resolute Frau war ganz nach ihrem Geschmack!
»Dann sind wir uns ja einig«, sagte sie und nahm entgegen ihrer sonstigen Gewohnheiten ein zweites Stück Kuchen.
Neugierig stand Nina vor dem Schaufenster von Koloniale Möbel & Co. Es war der Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages, und sie war früh bei ihrer Mutter aufgebrochen, um rechtzeitig wieder in Hamburg zu sein. Morgen würde sie ein letztes Mal auf den Großmarkt fahren. Das zeitige Aufstehen werde ich nicht vermissen, dachte sie, während sie frierend von einem Fuß auf den anderen trat und die Auslage betrachtete. Sollte sie oder sollte sie nicht?
Ruth Gellersen war die Besitzerin der Möbelkette und eine langjährige Kundin von Stella. Ab Januar suchte sie hier in Hamburg eine Teilzeitkraft. Das Gehalt wäre höher als im Blumenmeer, Nina würde vier Tage die Woche
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