Eine von Zweien (German Edition)
drastischer Schritt gewesen. Warum war mir das nie selber vorher
aufgefallen? Gut, ich wollte nicht, dass es mir auffällt und ich habe meine
Entscheidung nie hinterfragt, aber hätte es mich nicht trotzdem von Zeit zu
Zeit aufrütteln müssen? Kathrin kam wieder, setzte sich mit zwei neuen
Cocktails auf ihren Platz und schob mir meinen Drink herüber.
„Lissi, du überrascht mich! Und das meine ich als ein
Kompliment. Nicht viele Menschen schaffen es, mich so zu überraschen.“
„Hättest du mir denn jemals vorher zugetraut, also ehmm, künstlerisch
fähig zu sein, drücken wir es mal so aus?“ fragte ich schüchtern.
Jetzt würde ich erfahren, wie gut ich mich verstellen konnte.
Wie gut ich mich von der Vergangenheit wirklich abgeschottet hatte. Ob ich es
geschafft hatte, dass ich von außen so gesehen wurde wie ich das wollte, oder
ob noch andere Dinge durchblitzten, wie beispielsweise meine künstlerische
Seite.
„Ich wusste nie, was hinter deiner strengen Fassade steckt.
Ich kann nur von mir reden, ich habe Spaß an den Zahlen und an meinem Job. Bei
dir kann ich es nicht sagen. Du bist immer eine der Ersten, die kommt und
bleibst auch immer lang. Deine Ideen und Präsentationen sind einwandfrei, aber
mmh, wie soll ich das sagen, herzlos, es fehlt die Euphorie dahinter. Was ja
bei uns in der Branche nicht weiter als ein Manko angesehen wird. Du warst
immer eine der Spitzenkräfte aber eine, der die Leidenschaft fehlte. Aber ich
dachte einfach, du wärst eben eher der kalte Typ. Nein, ich hätte mir nicht
erträumen lassen, was ich jetzt erfahre. Aber du hast es auch nicht leicht
gemacht, dich zu lesen. Was ich jetzt sagen kann, du bist verrückt. Als Beth
Anfang der Woche auftauchte, fingst du an, ein wenig aufzutauen. Es schimmerte
ein bisschen eine andere Lissi durch, eine, die wir alle noch nie gesehen hatten.
Du bist gar nicht das berechnende Biest, von dem wir dachten, dass du es seist.“
Ich schaute sie mit aufgerissenen Augen an.
„Ihr dachtet, ich sei ein berechnendes Biest? Ich habe doch
einfach nur mein Ding durchgezogen und wollte einfach meine Ruhe haben. Ich
habe doch niemanden je etwas getan! War nie hinterhältig! Ich wollte einfach
nur meine Ruhe“
„Ja genau, und jeder dachte du heckst gegen jeden einen Plan
aus, um uns einen nach dem anderen zu untergraben. Es schien halt immer so, als
würdest du noch an deinem Plan bauen. Du warst nie hinterhältig, aber keiner
war sich sicher, ob wir es nur einfach nicht mitbekommen haben.“
„Das ist doch verrückt, ich habe doch auch mit euch Tennis
gespielt! Da war ich doch auch immer gerade heraus. Bin gekommen, habe
gespielt, bin gegangen.“
„Ja genau, wo du hingekommen bist, ehrgeizig bis zum letzten
Schlag warst und dann ohne viele Worte zu verlieren, sofort nach Hause gedüst
bist. Genau so!“
Kathrin zog entschuldigend ihre Schultern nach oben und hob
ihre Hände.
„Wieso seid ihr dann nicht auch alle gleich nach Hause
gegangen?“
Ich war ein wenig verwundet. Ich dachte, alle haben es so
gehandhabt wie ich. Gut, vielleicht war ich immer die Erste die ging, aber ich
hatte gedacht, dass sich die Runde kurz danach immer aufgelöst hatte.
Kathrin lachte laut auf: „Nein, wir sind dann oft noch ins
Clubhaus gegangen und haben über andere Kollegen gelästert oder uns über
Probleme ausgeweint. Nicht immer, nicht alle, aber immer mal wieder ein paar
von uns. Du, warst nie dabei.“
„Davon wusste ich nichts, aber selbst wenn, es hätte wohl
auch nichts verändert, sind wir mal ehrlich. Ich wollte Arbeit, Freizeit und
Freundschaft immer gern getrennt wissen. Aber Tennis hatte ich immer gerne
gespielt und hatte deshalb mitgemacht.“
„Was ist jetzt anders?“, wollte sie wissen.
„Kathrin, um ehrlich zu sein, kann ich es dir überhaupt nicht
sagen. Beth ist in mein Berliner Leben getreten und jetzt, seit den letzten
Tagen, verschiebt sich alles und ich habe wieder Lust, mich mit anderen Menschen
auszutauschen. Der Wunsch war mir jetzt sehr lange fremd. Das hört sich sicher
sehr merkwürdig an, aber so ist es eben.“
Hoffentlich fragte sie nicht nach, was ich damit meinte „Beth
ist in mein Berliner Leben
getreten“. Ich hoffte, damit die Fährte verwischt zu haben. Es deutete ja an,
dass wir uns vorher nur in Nürnberg gesehen hatten. Ich hoffte, Kathrin würde
das einfach so hinnehmen.
„Lissi, darauf trinke ich mit dir. Darauf einen Toast. Auf
Lissi und den Austausch. Prost!“
„Prost!“
Wir klirrten
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