Eine von Zweien (German Edition)
dich um etwas zu
kümmern.“, sagte ich kleinlaut.
„Ich komme natürlich mit zu dir. Das wird auch kein Problem
sein, vertrau mir. Es ist quasi schon alles geklärt.“ Sie drehte sich zu
unseren Koffern um und half dem Fahrer, die Koffer und Taschen einzuladen.
„Was bedeutet „quasi schon geklärt“? Hast du schon
nachgefragt?“ Ich hätte es ja wissen sollen, bei Beth musste ich mich immer auf
Überraschungen gefasst machen.
„Nein, das nicht, aber du wirst schon sehen, wenn du mich
vorstellst, bin ich schon so gut wie willkommen. Also, lass uns fahren. Ich
kann es kaum erwarten, endlich anzukommen.“
Sie war immer so entspannt. Wie konnte man mit der
Einstellung „auf gut Glück“ so entspannt sein? Ich würde ein Nervenbündel sein,
wenn ich nicht wüsste, wo ich schlafe und ob das alles so klappt wie ich es mir
vorgestellt hatte. Beth war also entspannt. Ich war zwar noch nicht komplett
überzeugt, aber mit Beth war einfach alles möglich, bei ihr konnte ich darauf
vertrauen, dass alles schon passen würde. Wenn ich etwas in der letzten Woche
gelernt hatte, dann das!
Wir nahmen also ein Taxi, das uns zum Haus unserer Kindheit
fuhr. Es schien sich überhaupt nichts verändert zu haben. Der Vorgarten war
grün und mit Blumen bepflanzt, die sich mit ihrer Farbenpracht frech in den
Vordergrund spielten. Eigentlich würde man bei meinen Eltern erwarten, dass
alle Blumen in Reih und Glied standen, so Ordnungslieben wie mein Dad war. Aber
so war es nicht. Mum, die das Sagen über die Gärten hatte, organisierte das
natürliche Chaos. Große bunte Büsche wuchsen in den Himmel. Die Wege klar
abgetrennt - man musste nur dem Kies folgen, um nicht verloren zu gehen. Was
auch auschlaggebend war, war die Masse. Mum liebte es, viel von den jeweiligen
Blumen und Sträuchern an einer Stelle zu haben. Es war jetzt schon ein
beeindruckendes Bild, das sich vor der Haustür bot. Es sah auf jeden Fall
anders aus, als bei den restlichen Häusern in unserer Straße. Hier wurde die
zurückhaltende, geordnete Gärtnerei bevorzugt. Als wir unsere Koffer aus dem
Taxi schafften, kam uns Mum schon aus dem Haus entgegengelaufen. Sie winkte uns
freudig zu und wollte uns beim Tragen der Koffer helfen. Sie gab sich erst zufrieden, als
ich ihr meine Handtasche zum Tragen gab. Erst wenn sie helfen kann, ist sie
zufrieden. Sie muss extra für meinen Besuch beim Frisör gewesen sein. Ihre
Haare waren frisch gefärbt und geschnitten. Und sie roch wie immer. Ja, ich war
zuhause.
„Ach, ist das schön! Du bist ja schon so früh da und hast
Besuch mitgebracht“, rief Mum ganz entzückt, als sie Beth sah.
Ich wurde rot. „Ähh, ja, Mum, das ist Beth und sie ist eine
Kollegin von mir. Sie kennt nur München, und da hab ich ihr gesagt, wenn sie
Nürnberg nicht kennt, kennt sie nichts, also konnte ich sie überreden, mit mir
vorzufahren.“
„Ja, das ist ja herrlich! Beth, Sie gehen natürlich nicht ins
Hotel, wir haben doch noch Alices Zimmer, das ist das Zimmer meiner ältesten
Tochter, das können sie gerne für solange bewohnen. Lissi hat noch nie jemanden
von der Arbeit oder Freunde aus Berlin mitgebracht. Es ist uns eine Ehre! Ich
hoffe, sie essen Nudelauflauf. Das ist nicht wirklich typisch für unsere
Gegend, aber das ist das absolute Lieblingsgericht meiner Tochter und das muss
einfach auf dem Tisch stehen, wenn sie schon mal den Weg zu uns nach Hause
findet.“
Beth und ich schauten uns verschwörerisch an. Ja, genau
dieser Nudelauflauf hatte zwischen uns alles ins Rollen gebracht. Das war vor
genau einer Woche. Ich hatte zwar das Gefühl, alles, was passiert war, bräuchte
einen Zeitraum von Monaten wenn nicht Jahren, aber es war nur eine Woche. Vor
nur einer Woche hatte ich Beth kennengelernt. Verrückt, sie hat aus mir, einer
Blinden, eine gemacht, die immerhin Umrisse erkennen konnte. Ich merkte schon,
wo es für mich Möglichkeit Veränderung geben konnte und warum ich diese
Veränderungen überhaupt machen sollte. Das ist wohl auch der Grund, warum es so
aussah, als hatte sie noch nicht die geringste Intention, hier aufzuhören. Sie
hatte noch Einiges vor. Ich glaube sogar, dass ich freudig gespannt auf das
war, was noch auf uns zukommen würde. Es erstaunte mich, wie einfach es für
mich war, mich in Beths Arme, zu begeben. Der Widerstand gegen sie schrumpfte
von Tag zu Tag. Lange Rede, kurzer Sinn, zuerst gingen wir mal ins Haus. Mum
zeigte Beth ihr Zimmer und ich machte mich auf zu meinem. Nur schnell
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