Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
Mit hochrotem Kopf verneigte sie sich und setzte sich dann schnell wieder.
„Das Menü haben wir … Raimondo zu verdanken, der leider nicht bei uns sein kann. Er hat übrigens auch die gesamten Kosten übernommen.“ Ich hätte nicht gedacht, daß es mir schwerfallen würde, seinen Namen auszusprechen. Und obwohl ihn nur wenige Gäste kannten, legte sich eine betretene Stille über den Saal. Der Name war unweigerlich mit seinem Schicksal verknüpft: mit dem Tod seines Geliebten, seinem Zusammenbruch und Verfall, seiner Einsamkeit im fernen Italien.
Bernhard klatschte zögerlich, der Versuch, die Schwere zu vertreiben, andere fielen ein, bald applaudierte der ganze Saal.
„Nun zum eigentlichen Grund dieser Party“, fuhr ich fort, um es hinter mich zu bringen. „Vor genau einem Jahr habt ihr geheiratet. Ein Außenstehender könnte sich jetzt fragen, warum ihr nach so kurzer Zeit bereits ein großes Fest geplant hattet.“
Ich sah, wie sich Bernhard erschrocken zur Tür wendete. Seine Mutter stand dort mit zwei jüngeren Frauen; es mußten seine Schwestern sein.
„Ich sehe, da kommt verspäteter Besuch. Hallo Oma, hallo Schwestern! Wir haben schon auf euch gewartet.“
Nun reckten alle die Köpfe, um die Neuankömmlinge zu sehen. Edvard sprang auf und ging zu ihnen hinüber, Bernhard folgte zögerlich. Oma nahm die beiden nacheinander in den Arm, drückte sie und küßte sie auf die Stirn, dann begrüßten Edvard und Bernhard auch die anderen beiden.
„Sind wir zu spät?“ fragte Bernhards Mutter in den Saal. „Es tut uns leid, der Zug meiner Tochter hatte Verspätung, und dann haben wir das Restaurant nicht gleich gefunden. Aber bitte, lassen Sie sich nicht stören.“
Edvard wendete sich an die Gäste: „Leute, das sind Bernhards Mutter und seine beiden Schwestern Sieglinde und Gudrun.“ Er strahlte, Bernhard stand steif daneben.
„Guten Abend“, sagten die Schwestern unisono.
„Wo waren wir stehengeblieben?“ fragte ich, während Edvard den Schwestern Plätze zuwies und die Mutter zu sich an den Tisch mitnahm. „Ach ja, bei eurer Trauung, die ihr vor einem Jahr vollzogen habt.“
Bernhard wurde blaß.
„Was ist, Bernhard? Geht es dir nicht gut?“ fragte ich.
„Nein, nein. Mach einfach weiter.“
„Dem Außenstehenden mag es also übertrieben erscheinen, ein Jahr später bereits ein Fest dieser Größenordnung zu inszenieren. Aber wir sprechen hier von zwei Menschen, die sehr verschieden sind, und wenn man sich so unterscheidet wie sie, muß man, wie bei Katzen, in einer anderen Zeitrechnung denken. Was für andere ein Jahr ist, zählt bei euch für zehn.“
Ein Lacher ging durch die Reihen, und Edvard griente; Bernhard erholte sich langsam.
„Die Unterschiede eurer Persönlichkeiten werden in der Aussage deutlich, warum ihr zusammen seid. Auf die Frage, warum er Bernhard heiraten wollte, antwortete Edvard …“
„Na wegen dem Drama!“ rief einer aus dem Saal, und alle lachten, selbst Edvard.
„Ja, das wäre sicher die Antwort von einigen gewesen, aber Edvard sagte natürlich etwas anderes. Er sagte: ‚Die Frage wird immer offen blieben, denn Liebe fängt dort an, wo man keine Erklärung mehr findet.‘ Bernhards Antwort war: ‚Warum nicht Edvard?‘“ Alle lachten. Ja, das war wirklich eine typische Bernhard-Antwort.
„Ich habe mir sagen lassen, daß einige etwas verwundert waren, als Edvard Bernhard in den Freundeskreis brachte. Bernhard ist ja nicht gerade das Ebenbild des typischen Schwulen. Prada und Gucci sind für ihn italienische Rockmusiker, Madonna eine Figur aus der Marienverehrung und SM die Abkürzung für Seine Majestät.“
Wieder ein Lacher.
„Und so hat sich Edvard von seinen Freunden anfänglich einiges anhören müssen. Aber wie man sieht: So falsch war sein Riecher nicht, Bernhard hat einen ganzen Menschen aus ihm gemacht.“
„Bernhard hat sich aber auch verändert“, sagte Edvard, und er klang fast ein wenig beleidigt.
„Wenn du mich ausreden läßt, Edvard. Ich kenne ja Bernhard seit knapp fünf Jahren. Er hat sich in dieser Zeit sehr verändert, und wie ich mir sagen ließ: Inzwischen haben viele auch ihn lieben gelernt.“
Edvard legte seinem Mann den Arm auf die Schulter, zog ihn zu sich heran und küßte ihn.
„Was schenkt man nun einem Paar, das schon alles hat? Wir alle kennen das Problem. Damit es etwas Sinnvolles werden konnte, haben wir zusammengelegt.“
„Jetzt bin ich aber gespannt“, sagte Edvard.
„Einen
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