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Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
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Ich schaute in seine Augen und sah, daß er schon angetrunken war. Kein Wunder, zu dieser Stunde, der Sekt war auch mir bereits zu Kopf gestiegen.
    „Es hat sich so viel getan in unserem Leben“, sagte er. „Wir hatten sogar einen flotten Dreier. Hätt ja sein können, daß du inzwischen auch Spaß am Tanzen gefunden hast.“ Er drehte sich auf der Hacke ein Mal um die eigene Achse.
    Ich fing ihn ein, hielt ihn fest und gab ihm einen Kuß. „Ja, ja. Paß du mal lieber auf, daß du nicht umfällst.“
    Er nahm einen Schluck aus seinem Glas und schwänzelte dann im Rhythmus der Musik davon. Ich wanderte zwischen den Grüppchen umher, hörte ihnen zu, um mich zu entscheiden, welchem ich mich hinzugesellen wollte.
    Lipstick blitzte mir direkt in die Augen; er lief schon den ganzen Abend herum und fotografierte. Den Job hatte er freiwillig angenommen, um all die schönen Jungs ablichten zu können. „Darling, diese Party, sie ist der Hit. So viele süße Kerle. Wie du da widerstehen kannst?“ Er zupfte an meinem Hemdkragen, kam dann nah an mein Ohr heran. „Oder kannst du etwa nicht?“ Er funkelte mich kurz an, dann machte er auf dem Absatz kehrt und verschwand.
    „Wenn ihr wieder so ’ne Party macht, will ich eingeladen werden“, rief mir ein junges Blondchen zu; er lallte schon ein wenig. Bevor ich etwas erwidern konnte, machte ihn sein Begleiter mit einem Zungenkuß mundtot.
    Max trat von der Seite an den tanzenden und völlig in sich versunkenen Malvyn heran, legte ihm die Hände auf Brust und Rücken. Sie glaubten, ich wüßte nicht, was zwischen den beiden abging, dabei hatte ich das sehr wohl mitbekommen. Natürlich hätte ich versucht, es zu verhindern, aber nachdem der Funke bereits übergesprungen war, hielt ich mich raus. Als Lehrer hatte ich gelernt, daß immer die Ausreißer die hübschesten Mädchen abkriegten. Die Chancen standen zehn zu eins gegen die intelligenten Jungs. Es war ein Gesetz, sozusagen ein „Untergesetz“ der Anziehungskraft, das längst in den Lehrplan hätte aufgenommen werden sollen: Dadurch würde man die Scheidungsrate bedeutend senken können.
    „Super Party“, sagte Ruth und fiel mir um den Hals. Sie stand mit meiner Schwester Gudrun zusammen. „Weißt du, daß wir uns schon fünfzehn Jahre nicht mehr gesehen haben, Gudrun und ich?“
    „Ich wußte gar nicht, daß ihr euch kennt“, antwortete ich und legte Ruth meinen Arm um die Hüften.
    „Ach, Brüderchen“, sagte meine Schwester und strich mir durchs Haar. „An dir geht so viel vorbei.“
    „Das stimmt“, bestätigte Ruth. „Das sagen unsere Kollegen auch immer.“
    „Wer?“ fragte ich und bekam nur ein Kichern zur Antwort. Auch sie hatte schon einiges intus.
    „Übrigens, wir werden bald gehen. Sieglinde fallen schon die Augen zu, und zum Hotel ist es noch ziemlich weit.“
    Ich suchte in der Menge nach meiner anderen Schwester. Sie hatte sich zu meiner Mutter gesetzt. Was für ein Unterschied. Während die anderen Frauen in meiner Familie so zierlich daherkamen, hatte sich Sieglinde in den letzten Jahren zu einer regelrechten Tonne entwickelt. Die Scheidung von Eberhard mußte sie sehr belastet haben. Sie konnte einem leid tun.
    „Kommt ihr denn morgen zum Frühstück?“ fragte ich, weil so eine Party nie der richtige Ort für ernsthafte Gespräche ist. Dann fiel mir ein: „Aber ich warne euch gleich; Edvard wird bestimmt ein paar Freunde einladen.“
    „Macht nichts, wir kommen trotzdem. Ist doch klar. Wenn wir schon mal die Gelegenheit haben, dich zu sehen.“
    „Also ich komme nicht“, sagte Ruth. „Den Sonntag brauch ich, um mich auf den Horror vorzubereiten.“
    „Welchen Horror?“
    „Berni!“ Sie klopfte mir an die Stirn. „Hast du vergessen, daß am Dienstag die Schule wieder anfängt?“ Natürlich hatte ich das nicht.
    „Sag mal, was ich noch fragen wollte“, sagte Gudrun. „Waren denn homosexuelle Partnerschaften im letzten Jahr schon legal?“
    „Legal?“ Als ob es illegale Partnerschaften gäbe? „Du meinst, ob sie eine rechtlichen Grundlage hatten. Nein, das haben sie auch jetzt nicht, und vermutlich werden wir das auch so schnell nicht bekommen.“
    „Aha.“ Gudrun schaute mich fragend an.
    „Und sprich bitte nicht von homosexuellen Partnerschaften. Ich finde, das hört sich an, als ob es dabei nur um Sex ginge.“
    „Aber …“ Sie hob ihren Sektkelch und trank einen Schluck. „Ihr seid doch homosexuell.“
    „Natürlich. Aber ich sage doch auch nicht, daß meine

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