Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)
stellte ich sie auf den Rand der Wanne und zog sie aus, während ich das Wasser einlaufen ließ. „Na, worauf hast du heute Lust? Orange? Erdbeere?“ Ich deutete auf die Badesalze, deren bunte Farben und süße Düfte Kinder locken sollten. Bei Hannah wirkte das nur bedingt.
„Ich will aber nicht.“ Sie rieb sich wieder die Augen – ein deutliches Zeichen, daß sie bettreif war.
„Komm her, mein Schatz!“ sagte ich und nahm sie auf den Schoß. „Du siehst, daß es Edat überhaupt nicht gutgeht. Und wenn es ihm nicht gutgeht, dann geht er mit dir nicht auf den Spielplatz. Und wenn er nichts mit dir unternimmt, dann ist dir langweilig. Und wenn dir langweilig ist, bist du nicht gut drauf. Also, was muß passieren?“ fragte ich sie und schaute ihr tief in die Kulleraugen. „Wir müssen dafür sorgen, daß es Edat wieder besser geht. Verstanden?“
Sie erwiderte meinen Blick ungerührt.
„Sei ein Engelchen und bade jetzt ein bißchen, nur ein bißchen. Ich laß die Tür offen, damit ich dich höre, wenn du mich rufst. Ich brauch nicht lange. Bitte?“
Sie schaute mich mit diesem Blick an, der soviel bedeutete wie: „Na gut, dieses eine Mal lasse ich dir das noch durchgehen“, dann kletterte sie von meinem Schoß herunter und reckte sich nach dem Glas mit dem roten Salz.
„Also, Erdbeere. Na gut. Du bist ein Goldschatz“, sagte ich, half ihr, das Glas aufzuschrauben und etwas davon ins Wasser zu streuen. Kleine rote Kügelchen quollen zu erdbeerförmigen Gebilden auf. Dann setzte ich sie hinein, gab ihr Duffy, die gelbe Quietschente, den Roadrunner Edat und Berni, den Frosch – ich schwöre, diese Namen hatte sie den Tieren selbst gegeben.
Sobald Hannah verstaut war, ging ich ins Wohnzimmer hinüber, schaltete Radio und Fernseher ab und setzte mich zu Eddi auf die Couch. Er drückte noch ein-, zweimal auf die Fernbedienung, bevor er registrierte, daß sich nichts mehr tun würde, und schrie auf.
Ich ging überhaupt nicht darauf ein, sondern sagte nur: „Wie soll das weitergehen, Eddi?“
„Was?“
Er setzte sich auf und griff nach einer Tüte Chips, um sie aufzureißen. Ich nahm sie ihm aus der Hand. „He, ich hab dir eine Frage gestellt.“
„Mann, laß mich in Ruhe!“
„Eddi. So geht das nicht weiter. Du mußt doch wenigstens mal mit Berni reden.“
„Er kann ja anrufen.“
„Toll. Du weißt, daß er das nicht kann.“
„Ach, und jetzt soll ich wieder den ersten Schritt machen, ja?“
„Sag mal, Edvard. Ich weiß, daß Berni wegen so was einen riesen Wirbel veranstalten kann, aber du? Was ist denn plötzlich aus all dem Karma, aus Tarot und Knoblauch geworden?“
Edvard lachte. Na, bitte.
„Blöde Kuh. Von euch nimmt mich keiner ernst.“ Er ließ sich zurückfallen und legte einen Arm auf die Rückenlehne. „Es geht doch offensichtlich nicht um diesen Quickie. Wenn er so heftig reagiert, dann muß da doch mehr im Busch sein. Oder spinn ich?“
„Ed. Du gehst von normal funktionierenden Menschen aus. Wir reden hier von Bernhard. Vergessen? Du weißt, wenn dem ein Pups quersteckt, dann tickt der nicht mehr richtig. Und ich erinnere dich in diesem Zusammenhang daran, daß du das mal ganz charmant fandest.“
Er schaute mir in die Augen, und ich sah, daß sie feucht geworden waren. „Mach ihn doch nicht so schlecht.“
„Ich mache Berni nicht schlecht, Ed. Ich glaube nur, daß du seinem Verhalten zuviel Bedeutung beimißt. Er hat sich deinen Kuß abgewischt, ja. Das ist ganz schön mies. Aber es war Bernhard, da mußt du einen anderen Maßstab anlegen, capisci? Deswegen darfst du doch nicht die ganze Beziehung hinschmeißen.“
Er legte seine Stirn in Falten und warf mir einen zweifelnden Blick zu.
„Ja, ich weiß. Das klingt sehr unglaubwürdig aus dem Mund einer Frau, die mit Ingo gerade eben die …“, ich mußte nachzählen, „zweiunddreißigste Beziehung in den Arsch getreten hat.“
„Welcher Ingo?“ fragte er.
„Ach, vergiß ihn.“ Ich wollte seinen Namen nicht mehr hören. Wenn ich nur einmal einen Kerl fände, auf den ich mich verlassen könnte. Aber ich hatte ein Händchen für Taugenichtse und Tunichtgute. Edvard konnte sich mit seinem Berni glücklich schätzen und umgekehrt. „Was ich sagen will, Ed: Bernhard braucht dich. Der kann sich doch nicht mal einen Tee kochen ohne dich.“
„Klasse Argument. Das ist eigentlich genau der Grund, warum ich es gar nicht so schlecht finde, daß wir uns trennen. Oder sagen wir mal besser, einer der vielen
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