Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition)

Titel: Eine Wohnung mitten in der Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Niederwieser
Vom Netzwerk:
der Bedrücktheit. Er kam mir damals fast ein wenig verwahrlost vor. Mein erster Gedanke war: So einer unterrichtete unsere Kinder? Mein zweiter: Was war das für eine Stille, die ihn umgab? Dieses Undurchdringliche nahm ich sofort wahr. Wir hatten gerade mal ein paar Sätze gewechselt, da rutschte mir eine versteckte Liebeserklärung heraus, und um Mitternacht küßte ich ihn dann zum ersten Mal. Ich, alter Trottel: Was hatte ich mir nur für Hoffnungen gemacht?
    „Entschuldige, ich wurde gerade abgelenkt. Was hast du gesagt?“ fragte ich.
    „Gestern hat Bernhard gesagt, daß er sich von Ed trennen will“, wiederholte Malvyn.
    „Wirklich?“ Mein Herz machte einen Sprung; ich war immer noch der alte Trottel. Immer noch und immer wieder. Mit jeder Krise zwischen den beiden flammte meine Hoffnung auf, Bernhard doch noch zu bekommen. Aber Bernhard wollte nicht mich. Er wollte diesen albernen Tropf Eduardo, den ich in diesem Moment am liebsten geohrfeigt hätte, ganz gleich, was geschehen war – vorsichtshalber, denn er hatte meinem Prinzen weh getan.
    „Es ist die Mauer, Malvino. Die Mauer.“
    „Kommt mir eher vor wie ein Bunker, Raimondo, oder wie die Kommandozentrale des amerikanischen Verteidigungsministeriums.“
    „Was ist denn überhaupt passiert?“
    Malvyn erzählte mir alles, was er wußte. Es war nicht viel, denn weder Edvard noch Bernhard hatten mit ihm darüber gesprochen; dieser eigenartige Max hatte es ihm erzählt. „Ich versteh echt nicht, warum die da so einen Wirbel drum veranstalten?“ schloß er.
    „Weil du noch grün hinter den Ohren bist“, antwortete ich; es war mit mir durchgegangen. Wenn es um Bernhard ging, wurde ich zur Glucke. „Entschuldige, Malvyn. Ich wollte sagen, daß man das als Außenstehender nie wirklich beurteilen kann. Für Bernardo bedeutet diese Beziehung alles. Und Edvard war immer schon ein Windhund. Es war abzusehen, daß es einmal so kommen würde.“
    Aus Malvyns Reaktion hörte ich, daß ihn meine Worte nicht überzeugten. Aber das machte nichts; eines Tages würde er verstehen. Bis dahin würde er noch viel erleben müssen.
    „Was soll ich denn tun?“ fragte er.
    Ich überlegte lange. Sicher hätte es Möglichkeiten gegeben, aber wollte ich die beiden überhaupt wieder zusammenbringen? Hätte mein Bernardino nicht ohne Edvard ein besseres Leben?
    Ich erinnerte mich an die furchtbare Behausung, in der Bernhard gewohnt hatte, bevor er zu Edvard zog. Ich dachte daran, wie schlampig er war, als ich ihn kennenlernte, ich erinnerte mich an sein finsteres Gemüt, als er alleine lebte. Nein, Edvard hatte ihn zum Leben erweckt. Edvard hatte aus meinem geliebten Bernhard einen Menschen gemacht. Ohne ihn wäre Bernhard verloren.
    „Nani ist völlig außer sich.“
    „Signora Lydia?“ Mir fuhr ein Schrecken in die Glieder. An sie hatte ich überhaupt nicht gedacht. „Ist sie noch bei euch?“
    „Ja. Divja ist zwar wieder zurück, aber sie hat gesagt, daß sie erst nach Hause geht, wenn die beiden sich wieder vertragen.“
    „Kann ich sie sprechen?“ fragte ich.
    „Sie hat sich gerade hingelegt. Ich bin froh, daß sie mal schläft. Die halbe Nacht höre ich sie in ihrem Zimmer beten, und jedesmal wenn sie Bernhard sieht, laufen ihr die Tränen runter. Sie erzählt mir in einer Tour von Edvard. Es ist wirklich kaum auszuhalten.“
    „Ich werde Bernhard anrufen. Ich werde mit ihm reden. Mach dir keine Sorgen.“
    „Danke, Mondo, das wollte ich hören. Geht es dir gut?“
    „Ja, danke. Es geht, Malvyn. Bis bald“, sagte ich und legte auf.
    Die warme Brise vom Meer strömte herein und trocknete die Schweißperlen auf meiner Stirn. Ich atmete ein, meine Lungen füllte sich, und ich schmeckte Feuchtigkeit, das Salz, den feinen Dunst aus Heimat, Oliven, Tomaten und Wein.
    „Etwas Schlimmes?“ fragte Maria, als sie aus der Küche trat. Sie hatte wohl die ganze Zeit hinter der Tür gestanden und gehorcht.
    „Nein, Maria“, sagte ich und streckte meine Hand nach ihr aus. Sie reichte mir ihre, und ich zog sie nah an mich heran, so nah, daß ich meinen Kopf an ihren Bauch lehnen konnte. Zaghaft legte sie mir ihre Hände auf die Schultern. „Sondern das Schönste, was es im Leben gibt.“
    Was war ich nur für ein alter, hoffnungsloser Trottel!

Malvyn *
     
    „Ich soll dich von Mondo grüßen“, sagte ich, als Nani am Nachmittag aus ihrem Zimmer kam. Freude huschte über ihr von Schlaf und Sorge verknittertes Gesicht.
    „Du hast mit ihm gesprochen?“ fragte

Weitere Kostenlose Bücher